OVG Niedersachsen

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Zitieren als:
OVG Niedersachsen, Beschluss vom 13.03.2020 - 9 LA 46/20 - asyl.net: M28713
https://www.asyl.net/rsdb/M28713
Leitsatz:

Zu den Anforderungen an Atteste bei der Prüfung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 AufenthG:

"Auch im Rahmen der Prüfung eines Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG ist der Maßstab des § 60a Abs. 2c Satz 2 und 3 AufenthG für qualifizierte ärztliche Bescheinigungen anzuwenden, wenn sich der Ausländer auf eine Erkrankung beruft, aufgrund derer er im Zielstaat seinen existentiellen Lebensunterhalt nicht sichern könne."

(Amtlicher Leitsatz; anschließend an OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 28.09.2017 - 2 L 85/17 (Asylmagazin 1-2/2018, S. 41 f.) - asyl.net: M25653)

Schlagwörter: Attest, Krankheit, psychische Erkrankung, krankheitsbedingtes Abschiebungsverbot, Existenzgrundlage, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung, Abschiebungsverbot, Existenzminimum,
Normen: AufenthG § 60 Abs. 5, AufenthG § 60 Abs. 7, AufenthG § 60a Abs. 2c Satz 2, AufenthG § 60a Abs. 2c Satz 3, EMRK Art. 3, GR-Charta Art. 4,
Auszüge:

[...]

14 Für die Feststellung eines Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG enthält das Gesetz zwar – anders als § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG in der seit dem 21. August 2019 geltenden Fassung – keine Bestimmung über eine entsprechende Anwendung des § 60a Abs. 2c Satz 2 und 3 AufenthG. Gleichwohl ist auch im Rahmen der Prüfung eines Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG der Maßstab des § 60a Abs. 2c Satz 2 und 3 AufenthG für qualifizierte ärztliche Bescheinigungen anzuwenden, wenn sich der Ausländer – wie hier der Kläger – auf eine Erkrankung beruft, aufgrund derer er im Zielstaat seinen existentiellen Lebensunterhalt nicht sichern könne. [...]

23 [...] Aus dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers, die Anforderungen an ärztliche Atteste hinsichtlich inlandsbezogener Abschiebungshindernisse und zielstaatsbezogener Abschiebungsverbote anzugleichen, folgt aber, dass für die Glaubhaftmachung einer Erkrankung, auf die sich ein Ausländer im Rahmen der Feststellung von zielstaatsbezogenen Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG beruft, ebenfalls der Maßstab des § 60a Abs. 2c Satz 2 und 3 anzuwenden ist. Schließlich sind die tatsächlichen Umstände, die in der qualifizierten ärztlichen Bescheinigung gemäß § 60a Abs. 2c Satz 3 AufenthG anzugeben sind – wie etwa der Schweregrad der Erkrankung und die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation ergeben –, auch für die Prüfung im Rahmen des § 60 Abs. 5 AufenthG von Bedeutung, ob eine Erkrankung vorliegt, die es dem Ausländer nicht ermöglicht, sich im Zielstaat noch in einem ausreichenden Maße versorgen zu können. [...]