VG Trier

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Zitieren als:
VG Trier, Urteil vom 05.11.2018 - 10 K 9081/17.TR - asyl.net: M28746
https://www.asyl.net/rsdb/M28746
Leitsatz:

Flüchtlingsanerkennung für (exil-)politisch aktiven Belutschen aus Pakistan:

1. Personen, die sich aktiv für die Unabhängigkeitsbewegung Belutschistans einsetzen, werden in Pakistan landesweit durch pakistanische Sicherheitskräfte verfolgt (hier: Aktivitäten für das Baloch National Movement). 

2. Die exilpolitische Betätigung für die belutschische Unabhängigkeitsbewegung in Deutschland stellt einen Nachfluchtgrund im Sinne des § 28 AsylG dar.

(Leitsätze der Redaktion; ähnlich auch VG Berlin, Urteil vom 12.03.2019 - 6 K 606.16 A - asyl.net: M28683, VG München, Urteil vom 14.12.2018 - M 23 K 17.31713 - asyl.net: M28707)

Schlagwörter: Pakistan, politische Verfolgung, Belutschen, Baloch National Movement, BNM, Flüchtlingsanerkennung, Exilpolitik, Nachfluchtgründe,
Normen: AsylG § 3, AsylG § 28
Auszüge:

[...]

Entsprechend dieser Maßgaben steht dem Kläger ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft zu. Dabei kann offenbleiben, ob der Kläger vor seiner Ausreise aus Pakistan bereits Verfolgungsmaßnahmen in dem oben umschriebenen Sinne ausgesetzt oder von solcher Verfolgung unmittelbar bedroht war. Auf die Beweiserleichterung gemäß § 60 Abs. 1 S. 5 AufenthG i.V.m. Art. 4 Abs. 4 QRL kommt es vorliegend nicht an, da der Kläger als politisch aktiver Belutsche mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung durch einen der in § 3c AsylG genannten Akteure ausgesetzt ist.

Die beachtliche Wahrscheinlichkeit einer landesweiten Verfolgung für Belutschen, die sich aktiv für die Unabhängigkeitsbewegung einsetzen, ergibt sich aus einer Gesamtschau verschiedener, gegen die Belutschen gerichteter Maßnahmen durch die pakistanischen Sicherheitskräfte. [...]

Dies zugrunde gelegt ist beachtlich wahrscheinlich, dass politisch aktive Belutschen, die für die Unabhängigkeit von Belutschistan kämpfen, eine Verfolgung durch in § 3 AsylG genannte Akteure droht. Insbesondere ist auch davon auszugehen, dass die exilpolitische Betätigung für belutschische Unabhängigkeitsbewegungen in Deutschland einen Nachfluchtgrund i.S.d. § 28 AsylG darstellt, soweit diese Betätigung einer festen, bereits im Herkunftsland erkennbar betätigten Überzeugung entspricht. [...]

Eine Fluchtalternative gem. § 3e AsylG besteht nicht, da dem Kläger aufgrund seiner politischen Aktivitäten in Pakistan und seiner exilpolitischen Aktivitäten in Deutschland eine staatliche Verfolgung droht, vor welcher er in keinem Landesteil Pakistans Schutz finden kann. [...]