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Zitieren als:
BVerwG, Beschluss vom 11.08.2020 - 1 C 18.19 - asyl.net: M28814
https://www.asyl.net/rsdb/M28814
Leitsatz:

Erteilung einer Ausbildungsduldung auch bei abgeschlossener Ausbildung im Heimatstaat möglich:

"Der Erteilung einer Ausbildungsduldung nach § 60c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a i.V.m. § 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG für eine qualifizierte Berufsausbildung in einem staatlich anerkannten oder vergleichbar geregelten Ausbildungsberuf steht nicht schon der Umstand entgegen, dass der Antragsteller im Herkunftsland bereits eine qualifizierte Berufungsausbildung in einem anderen Ausbildungsberuf absolviert hat."

(Amtlicher Leitsatz)

Schlagwörter: Ausbildungsduldung, Zweitausbildung, qualifizierte Berufsausbildung, Erstausbildung, Ausbildungsberuf, Berufsausbildung,
Normen: AufenthG § 60a Abs. 2 Satz 3, AufenthG § 60c Abs. 1 Nr. 1a), AufenthG § 19d Abs. 1,
Auszüge:

[...]

3 Der Wortlaut des § 60c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a AufenthG enthält keine Andeutung, dass von seinem Anwendungsbereich allein Ausländer begünstigt werden, die eine erste berufsqualifizierende Ausbildung aufnehmen. In binnensystematischer Hinsicht ist § 60c Abs. 1 Satz 2 AufenthG zu entnehmen, dass der Anwendungsbereich des § 60c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a AufenthG grundsätzlich weit und nur engen, durch Missbrauch gekennzeichneten Einschränkungen unterworfen sein soll. Ein Ausschluss von Ausländern, die bereits im Ausland eine qualifizierte Berufsausbildung absolviert haben, von dem Anwendungsbereich des § 60c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a AufenthG folgt in außensystematischer Hinsicht auch nicht aus § 19d Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a oder c oder Abs. 1a AufenthG. Die Gesetzgebungsmaterialien lassen nicht erkennen, dass die Frage der Aufnahme einer zweiten berufsqualifizierenden Ausbildung in einem anderen als dem bereits erlernten Ausbildungsberuf Gegenstand der Beratungen des Gesetzgebers zu § 60c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a AufenthG oder zu § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG a.F. war. Zielt § 60c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a AufenthG darauf, ohnehin bereits in Ausbildung befindliche Ausländer ihre Ausbildung abschließen zu lassen und hierdurch den durch die demographische Entwicklung bedingten Umbruch am Ausbildungsmarkt abzufedern und zur Sicherung des Fachkräftenachwuchses in der Bundesrepublik Deutschland beizutragen, so kann ohne eine ausdrückliche gesetzliche Regelung nicht davon ausgegangen werden, dass bestimmte Ausbildungsverhältnisse von dem sachlichen Anwendungsbereich der Norm ausgeschlossen bleiben sollen. Dies hat er allein in § 60c Abs. 1 Satz 2 AufenthG in Bezug auf Fälle offensichtlichen Missbrauchs getan. Auf einen solchen weist die Aufnahme einer (Zweit-)Ausbildung in einem anderen als dem bereits erlernten Ausbildungsberuf in der Regel, so auch hier, nicht. [...]