VGH Bayern

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Zitieren als:
VGH Bayern, Beschluss vom 30.01.2002 - 21 B 94.35490 - asyl.net: M3065
https://www.asyl.net/rsdb/M3065
Leitsatz:

Keine abschiebungsrelevante Verfolgung von Ashkali/Ägypter oder Roma im Kosovo.

(Leitsatz der Redaktion)

Schlagwörter: Jugoslawien, Kosovo, Albaner, Roma, Ashkali, Volkszugehörigkeit, Glaubwürdigkeit, Übergriffe, Quasi-staatliche Verfolgung, UCK, Gebietsgewalt, KFOR-Truppen, UNMIK, Verfolgung durch Dritte, Mittelbare Verfolgung, Schutzfähigkeit, Schutzbereitschaft, Amtswalterexzesse, Situation bei Rückkehr, Abschiebungshindernis, Abschiebungsstopp, Erlasslage, Extreme Gefahrenlage, Sicherheitslage, Anschläge, Vertreibung
Normen: AuslG § 51 Abs. 1; AuslG § 53 Abs. 4; AuslG § 53 Abs. 6; AsylVfG § 26a; VwGO § 130a
Auszüge:

Soweit die Kläger zu 1 und 2 erstmals während des Berufungsverfahrens vorgetragen haben, dass sie der Volksgruppe der so genannten Balkan-Ägypter (Ashkali) angehörten, diese Volkszugehörigkeit im Rahmen ihrer Erstanhörung und in der Folgezeit aber nicht gesondert angegeben hätten, da seinerzeit von einer allgemeinen Verfolgung albanischer Volkszugehöriger auszugehen gewesen sei, wobei Ashkali/Ägypter von den Serben ohne Unterscheidung dazugerechnet worden seien, und zum Nachweis für die Zugehörigkeit zu dieser

Volksgruppe einen Mitgliedausweis für den Kläger zu 1 des "Ägyptischen Vereins aus Kosovo in Deutschland (...) vorgelegt haben, vermögen sie auch damit nicht die Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 51 Abs. 1 AuslG glaubhaft darzulegen.

Es bestehen schon ernstliche Bedenken dahingehend, ob die Kläger ihre Zugehörigkeit zu dieser Volksgruppe überhaupt glaubhaft gemacht haben. Denn die Kläger haben sich im gesamten vorherigen Verlauf ihres Verfahrens nicht darauf berufen, diese angebliche Volkszugehörigkeit zu der Volksgruppe der Ashkali/Ägypter zu haben. Dazu hätten sie aber Anlass gehabt, da sie bei der Vorprüfung ausdrücklich nach ihrer Volkszugehörigkeit gefragt wurden und sie sich zudem nur auf angebliche individuelle Verfolgungsgründe berufen haben, für deren Glaubwürdigkeit auch dies eine erhebliche Rolle spielt, nicht - wie sie jetzt geltend machen - auf eine allgemeine unterschiedslose Gruppenverfolgung aller Albaner und von den Serben angeblich dazu gerechneter anderer Volkszugehöriger. Anlass zu einer Angabe ihrer angeblichen wahren Volkszugehörigkeit bestand insbesondere auch deshalb, weil schon zum Zeitpunkt ihrer Ausreise Spannungen zwischen aufständischen Albanern und den anderen Minderheiten wie gerade auch den Ashkali/Ägyptern bestanden, die als unzuverlässig galten. Sollten die Kläger daher tatsächlich Ashkali/Ägypter sein, so hätten sie durch bewusstes Lügen versucht, sich ein ihnen als Nicht-Albanern nicht zustehendes Asylrecht zu erschleichen. Spricht schon solches Verhalten gegen ihre Glaubwürdigkeit, so kommt hinzu, dass der Kläger zu 1 durch die Vorlage des Ausweises des "Ägyptischen Vereins aus Kosovo in Deutschland (Saarland)" seine ashkalisch-ägyptische Volkszugehörigkeit nicht belegen kann. Denn dieser Ausweis ist schon nach der ausdrücklichen Formulierung, dass er nur als Nachweis der Mitgliedschaft beim "Ägyptischen Verein aus Kosovo in Deutschland (...) gilt, nicht bestimmt, die Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Ashkali/Ägypter nachzuweisen.

Die Glaubwürdigkeit der Zugehörigkeit der Kläger zu 1 und 2 zur Volksgruppe der Ashkali/Ägypter kann aber entscheidungserheblich letztendlich offen bleiben. Der Anspruch der Kläger auf Feststellung eines Abschiebungshindernisses nach § 51 Abs. 1 AuslG besteht nämlich auch dann nicht, wenn sie ungeachtet der oben dargelegten Zweifel dem Volk der Ashkali/Ägypter angehören sollten.

Nach den eingeführten Erkenntnissen (vgl. insbes. Lageberichte des Auswärtigen Amtes vom 18.5.2000 und 21.11.2000; Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 4.4.2001 an das VG Ansbach; UNHCR/OSZE, Bericht über die Lage der Minderheiten im Kosovo vom März 2001; amnesty international vom 24.9.1999 an das VG Magdeburg <Asyl-Magazin 11/99, 21>; Schweizer Flüchtlingshilfe, Lageübersicht Oktober 1999, Beilage zur Auskunft vom 8.12.1999 an das VG Karlsruhe <Asyl-Magazin 1-2/2000, 33 ff.>; Lageanalyse März 2000; Auskunft vom 22.3.2000 an das VG Karlsruhe; Gesellschaft für bedrohte Völker, Die Lage der Roma und Ashkali, November 1999; Kurzbericht über eine Recherche im Kosovo im Mai 2000: Roma, Ashkali, und Kosovo-Ägypter: Gefahr für Leib und Leben hält an) steht zwar fest, dass Angehörige der Ashkali/Ägypter ebenso wie der Roma undifferenziert nach dem Abzug der serbischen Sicherheitskräfte in einzelnen Teilen des Kosovo von Seiten extremistischer Albanergruppen einer brutalen, teils pogromartigen Verfolgung ausgesetzt waren. Die Übergriffe und Willkürakte hatten ihren Höhepunkt während und unmittelbar nach dem Einmarsch der KFOR-Truppen.

Seit Herbst 1999 sind durch die Einwirkung der KFOR-Truppen die Verfolgungsakte aber zahlenmäßig deutlich abgeflacht, unter Umständen aber auch deshalb, weil ein Großteil dieser Minderheiten - unter dem Einfluss des Geschehens - vielfach andernorts in Serbien Zuflucht gesucht oder gar das Land verlassen hat (so z.B. UNHCR, Auskunft vom 1.3.2000 an das VG Karlsruhe; Schweizer Flüchtlingshilfe vom 22.3.2000).

Dieser Rückgang von Verfolgungshandlungen gegen Ashkali/Ägypter und Roma hält gegenwärtig an, so dass diese in ihren traditionellen Enklaven von Verfolgung und Vertreibung einigermaßen sicher sind. Trotz der intensiven Bemühungen der KFOR-Truppen und der Protektoratsverwaltung UNMIK kann eine vollständige Sicherheit vor Angriffen und Vertreibungsmaßnahmen aber selbst in diesen Enklaven, noch viel weniger außerhalb derselben, nicht immer zuverlässig gewährleistet werden, so dass absolute Verfolgungsfreiheit für diese Minderheiten nicht mit hinreichender Sicherheit wieder hergestellt ist (vgl. insbes. Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 21.11.2000; Auskunft vom 4.4.2001 an das VG Ansbach; UNHCR/OSZE, Bericht über die Lage der Minderheiten im Kosovo vom März 2001).

Ein Anspruch der Kläger auf Abschiebungsschutz nach § 51 Abs. 1 AuslG besteht jedoch auch angesichts dieser Lage nicht, weil die Verfolgungsmaßnahmen weder durch die Staatsgewalt oder einzelne staatliche Organe initiiert oder ausgeführt waren und weiterhin noch diese hierfür eine (abschiebungsrelevante) Verantwortlichkeit trifft.

Angehörige der Ashkali/Ägypter und der Roma sind im Kosovo zu keinem Zeitpunkt, insbesondere auch nicht seit dem Abzug der serbischen Sicherheitskräfte und dem Einmarsch der KFOR-Truppen, wegen ihrer Volkszugehörigkeit von einer staatlichen oder quasi-staatlichen Macht verfolgt worden.

Selbst wenn man unterstellt, dass die ehemalige Befreiungsarmee Kosovos (UCK) dort auch derzeit noch über (partielle) Machtstrukturen verfügt, und weiterhin annimmt, dass sich Mitglieder dieser Organisation für diese und auch auf eigene Initiative aktiv an Willkürhandlungen und gewaltsamen Übergriffen gegen Ashkali/Ägypter und Roma beteiligt haben und dies in vermindertem Maß auch weiterhin tun, kann hieraus ein Anspruch auf Abschiebungsschutz nach

§ 51 AuslG nicht abgeleitet werden. Denn weder die UCK noch die ihr nahe stehenden gesellschaftlichen Gruppierungen üben im Kosovo derzeit im vorgenannten Sinne eine effektive und dauerhafte Herrschaftsmacht neben der Protektoratsverwaltung aus, die eine "politische" Verfolgung der dort lebenden Minderheiten ermöglichen würde. Der Einordnung der UCK als quasi-staatliche Gebietsgewalt steht bereits der Umstand entgegen, dass es sich bei ihr derzeit nicht mehr um ein homogenes Gebilde handelt, das über eine einheitliche Willensbildung und eine hierarchische Befehlsstruktur verfügt. Vielmehr hat sich die ehemalige Befreiungsbewegung Kosovos in mehrere politische Parteien und Bewegungen aufgespalten, die ihrerseits um die Macht konkurrieren und bestrebt waren, sich für die im Herbst 2001 stattgefundenen Wahlen eine

vorteilhafte Ausgangsposition zu verschaffen. Nach den Erkenntnisquellen kann daher nicht (mehr) davon ausgegangen werden, dass auf albanischer Seite nach wie vor eine organisierte politische und militärische Machtstruktur vorhanden ist.

Von einzelnen Gruppierungen der UCK ausgehende Gewalttaten gegen Minderheiten sind deshalb insoweit auch nicht Ausprägung einer staatsähnlich organisierten, effektiven und stabilisierten Herrschaftsordnung, sondern Willkürhandlungen einzelner Machthaber, die nicht durch eine quasi-staatliche Gebietsgewalt autorisiert sind (vgl. ebenso z.B. VGH BW vom 18.5.2000, Az. A 14 S 2594/98; Nds. OVG vom 16.11.2000, Az. 12 L 3935/00; OVG NRW vom 5.5.2000, Az. 14 A 3334/94.A).

An dieser Einschätzung würde sich im Übrigen auch dann nichts ändern, wenn es zuträfe, dass sich an den Übergriffen gegen Minderheiten auch Mitglieder und Sympathisanten der UCK beteiligt haben, die als von der Protektoratsverwaltung eingesetzte Bürgermeister oder sonstige Amtsträger über eine legale Amtsgewalt verfügten. Denn da die KFOR-Truppen und die UNMIK als derzeit alleinige Herrschaftsmacht im Kosovo Übergriffe dieser Art und die dahinter stehende Absicht, ethnische Minderheiten aus dem Kosovo zu vertreiben, keinesfalls billigen, vielmehr bestrebt sind, die Minderheiten - soweit möglich - vor Verfolgungshandlungen zu schützen (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 21.11.2000; UNHCR/OSZE, Bericht über die Lage der Minderheiten im Kosovo vom März 2001), würde es sich insoweit um Exzesstaten einzelner Amtswalter handeln, für die grundsätzlich keine staatliche Verantwortlichkeit besteht (vgl. BVerfG, InfAuslR 1993, 310; 1992, 283). Demnach wäre auch insoweit nicht von einer "staatlichen" Verfolgung auszugehen.

Auch eine mittelbare staatliche Verfolgung durch Duldung oder Schutzverweigerung seitens der Protektoratsverwaltung ist nach den eingeführten Erkenntnisquellen nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit feststellbar. Zwar ist nicht zu übersehen, dass Minderheiten im Kosovo, namentlich die Ashkali/Ägypter und Roma, in vielfältiger Form Bedrohungen und Übergriffen ausgesetzt waren und in nicht unerheblichem Maße weiterhin sind. Für Gewaltanwendungen und Übergriffe durch einzelne Personen oder gesellschaftliche Gruppierungen besteht nämlich, auch soweit bei der Auswahl der Opfer an asylerhebliche Merkmale angeknüpft wird, eine staatliche Verantwortlichkeit mit der Folge, dass deswegen Abschiebungsschutz nach § 51 AuslG zu gewähren ist, nur dann, wenn staatliche Organe die Übergriffe unterstützen, billigen oder tatenlos hinnehmen und es unterlassen, den Betroffenen den erforderlichen Schutz mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln zu gewähren oder sie dazu prinzipiell nicht in der Lage sind; der Umstand allein, dass die staatlichen Organe trotz prinzipieller Schutzbereitschaft nicht in der Lage sind, die betroffene Bevölkerungsgruppe vor derartigen Anschlägen wirkungsvoll vollständig zu schützen, begründet eine staatliche Verantwortlichkeit insoweit nicht; es genügt, wenn sie sich mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln ernsthaft tatsächlich um die erforderliche Schutzgewährung bemühen (vgl. BVerfGE 80, 315/336; BVerwG NVwZ 1995, 391; InfAuslR 1991, 363; Buchholz 402.25, § 1 AsylVfG Nr. 177).

Aus den erwähnten weiterhin zu befürchtenden Übergriffen und Anschlägen gegen Ashkali/Ägypter und Roma im Kosovo lässt sich deshalb der begehrte Abschiebungsschutz nicht herleiten. Denn hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass die im Kosovo zwischenzeitlich stationierten Polizeikräfte der UNMIK und KFOR-Einheiten nicht Willens seien, im Rahmen ihrer Möglichkeiten die Angehörigen von Minderheiten vor extremistischen Anschlägen und Gewalttaten zu schützen, oder dass sie von diesen Möglichkeiten tatsächlich nur unzureichend Gebrauch machen, bestehen nicht (vgl. insbes. Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 21.11.2000; Auskunft vom 4.4.2001 an das VG Ansbach; UNHCR/OSZE, Bericht über die Lage der Minderheiten im Kosovo vom März 2001; UNHCR, Auskunft vom 20.12.2000 an das VG Ansbach mit Beilage "Einschätzung der Situation der ethnischen Minderheiten im Kosovo - Zeitraum Juni bis September 2000"). Soweit in einzelnen vor allem älteren Erkenntnisquellen von einer bewussten Untätigkeit oder gar einer absichtlichen Vereitelung des Schutzes vor möglichen Angriffen durch Einheiten der KFOR-Truppen gesprochen wird (vgl. insbes. die von den Klägern vorgelegten Berichte der Gesellschaft für bedrohte Völker), handelt es sich, sofern die Berichte nicht schon als solche Ausdruck einer grundsätzlichen Fehleinschätzung der Situation sind, jedenfalls um von der KFOR und der Übergangsverwaltung nicht gebilligte (exzessive) Verhaltensweisen einzelner KFOR- Angehöriger, die außerhalb der Verantwortlichkeit der Staatsgewalt stehen.

Die Beklagte ist auch dann nicht zur Feststellung eines Abschiebungshindernisses nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG zu verpflichten, wenn man von der im Berufungsverfahren aufgestellten Behauptung der Kläger ausgeht, sie gehörten der Volksgruppe der Ashkali/Ägypter an und dies zu ihren Gunsten als zutreffend unterstellt.

Zum einen droht den Klägern wegen der zu ihren Gunsten zu unterstellenden Volkszugehörigkeit zu den Ashkali/Ägyptern schon kein Vollzug der Abschiebungsandrohung der Beklagten seitens der dafür zuständigen (vgl. § 40 Abs. 1 AsylVfG) Ausländerbehörde. Gemäß den zum Verfahrensgegenstand gemachten Weisungen des Bayerischen Staatsministeriums des Innern vom 3. Dezember 1999 (Nr. I A 2-2082.10-312) und vom 12. April 2000 (Nr. I A 2-2082.10-312) sowie der Regelung vom 4. Dezember 2000 (Nr. IA 2-2082.10-212/Ri) sind Angehörige von ethnischen Minderheiten derzeit von einer zwangsweisen Rückführung in den Kosovo generell ausgenommen. Auch ein solcher nicht durch förmlichen Erlass gewährleisteter gleichwertiger Schutz schließt bei allgemeinen Gefahren die ergänzende Anwendung des Schutzes nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG aus (vgl. BVerwG NVwZ 01, 1420).

Darüber hinaus lässt sich für die Volksgruppe der Ashkali/Ägypter im Kosovo, der die Kläger angehören wollen, zum gegenwärtigen Zeitpunkt und für die absehbare Zukunft mit hinreichender Wahrscheinlichkeit kein Abschiebungshindernis nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG feststellen, weil die Voraussetzungen einer extremen Gefahrenlage bei einer Rückkehr in den Kosovo nach den eingeführten Auskünften und Stellungnahmen nicht gegeben sind.

Von einer extremen Gefährdungslage für jeden einzelnen Angehörigen der Volksgruppe der Ashkali/Ägypter könnte mit der erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit nur dann gesprochen werden, wenn die aus den Auskünften zu entnehmenden Fakten hinsichtlich der bisher erfolgten Übergriffe protektoratsweit generell einen so hohen Gefährdungsgrad ergäben, dass deshalb jedem einzelnen Angehörigen dieser Gruppe eine Rückkehr wegen der konkret absehbaren Möglichkeit, selbst Opfer eines vergleichbaren Anschlags zu werden, völlig unzumutbar wäre.

Davon kann aber nach den eingeführten Erkenntnissen über die Zahl und die Art der bisher bekannt gewordenen Anschläge aus heutiger Sicht keine Rede sein. Danach ist zum heutigen Zeitpunkt, nachdem eine größere Vertreibungswelle unmittelbar im Anschluss an das Ende des Kosovo-Krieges und den Einmarsch der KFOR-Truppen stattgefunden hat, davon auszugehen, dass seitdem die Anzahl und Heftigkeit der Anschläge und Vertreibungsversuche auf die verbliebene Zahl der Roma und anderer Minderheiten im Kosovo von noch etwa 65.000 Personen deutlich zurückgegangen ist (Auswärtiges Amt, ad-hoc Lagebericht vom 21.11.2000). Auch nach den Stellungnahmen des UNHCR (Auskunft vom 20.12.2000 an das VG Ansbach und Bericht über die Lage der Minderheiten im Kosovo, März 2001) kommt es zwar immer noch zu kleineren, örtlich begrenzten Übergriffen auf Angehörige von Roma und Ashkali/Ägypter.

Auf der anderen Seite ergibt sich aus der in diesen Auskünften genannten Zahl und Art der insgesamt seit Anfang 2000 erfolgten Übergriffe, dass die Gefährdung nicht an jedem Ort gleichermaßen und nicht für jeden einzelnen Angehörigen der genannten Volksgruppen in solcher Intensität droht, dass er jederzeit konkret mit einem vergleichbaren Anschlag rechnen müsste. Die Gefahr von Übergriffen und Anschlägen besteht vielmehr vor allem dort, wo Ashkali/Ägypter bzw. Roma in einer überwiegend von Kosovo-Albanern bewohnten Umgebung leben oder wo sie in leer stehenden, zum Beispiel von früheren serbischen Einwohnern des Kosovo verlassenen Häusern Unterkunft gefunden haben. Auch vertriebene Ashkali/Ägypter bzw. Roma, die an einen mittlerweile von Angehörigen ihrer Minderheitengruppe völlig verlassenen Ort als Erste wieder zurückkehren, unterliegen offenkundig einer hohen Gefährdung durch Anschläge. Demgegenüber lässt sich aus diesen Auskünften nichts dafür erkennen, dass auch in denjenigen Siedlungsbereichen, in denen die Roma und Ashkali/Ägypter (noch immer) einen bedeutsamen Bevölkerungsanteil oder gar die Mehrheit bilden und in denen sie daher auch von den KFOR-Einheiten geschützt werden können und tatsächlich auch systematisch und effektiv geschützt werden (vgl. dazu insbesonders Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 21.11.2000; UNHCR/OSZE, Bericht über die Lage der Minderheiten im Kosovo vom März 2001; Auskunft vom 4.1.2001 an das VG Schleswig mit Beilagen), eine vergleichbar hohe Gefährdung hinsichtlich ethnisch begründeter Übergriffe bestünde.