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VG Braunschweig

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Zitieren als:
VG Braunschweig, Urteil vom 23.01.2003 - 3 A 60/02 - asyl.net: M3212
https://www.asyl.net/rsdb/M3212
Leitsatz:

Zur Berechnung der Wartezeit gem. § 2 Abs. 1 AsylbLG.(Leitsatz der Redaktion)

Schlagwörter: D (A), Asylbewerberleistungsgesetz, Aufenthaltsdauer, 36-Monats-Frist, Unterbrechung, Leistungskürzung
Normen: AsylbLG § 2 Abs. 1; AsylbLG § 1a
Auszüge:

[...]

Die zulässige Klage ist begründet. [...]

Streitig ist zwischen den Parteien allein, wann die Frist von 36 Monaten, nach deren Ablauf den Klägern frühestens uneingeschränkte Leistungen zugesprochen werden können, abgelaufen ist, d.h. ob der Zeitraum von sieben Monaten, währenddessen die Kläger lediglich eingeschränkte Leistungen im Sinne des § 1 a AsylbLG erhalten haben, die Wartezeit unterbricht. Diese Frage ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten. Während nach der Rechtsprechung des VG Hannover bei der Berechnung der 36-Monatsfrist des § 2 Abs. 1 AsylbLG auch die Zeiten, in denen gekürzte Leistungen nach § 1 a AsylbLG gewährt worden sind, einzubeziehen sind (vgl. Urt. v. 13.11.2000 - 7 A 4673/00 -, in GK-AsylbLG, E VII zu § 2 Abs. 1 VG Nr. 16 unter Verweis auf den Beschluss vom 26.07.2000 - 7 B 2795/00 - und Classen, Asylmagazin 7-8/00, S. 31; ebenso GK-AsylbLG, Stand Juni 2002, § 2, Rz. 18), sieht das VG Greifswald im Beschluss vom 17.07.2001 (- 5 B 1192/01 - Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Beschwerde durch OVG M-V, B. v. 21.08.2001 - 1 M 77/01 - in SAR-Aktuell 12, 2001, 8 ff., ebenso Deibel, DVBl. 2001, 866 868, und LPK, 5. Aufl., § 2 AsylbLG, Rz. 2) in dem Bezug von Leistungen nach § 1 a AsylbLG eine Unterbrechung der Wartezeit, da § 1 a AsylbLG einen eigenständigen Anspruch des Hilfeempfängers und nicht einen solchen nach § 3 AsylbLG normiere. Letztere Auffassung des VG Greifswald wird auch im Runderlass des Niedersächsischen Innenministeriums vom 28.04.2000 vertreten.

Für den vorliegenden Fall ist der Auffassung des VG Hannover zu folgen.

In der Regel erhält der Personenkreis, dem eingeschränkte Leistungen gewährt werden, weiterhin die Leistungen nach § 3 Abs. 2 AsyIbLG, nämlich die entsprechenden Sachleistungen oder Wertgutscheine, lediglich das "Taschengeld" wird gekürzt. So ist es auch im vorliegenden Fall geschehen. Auch Sinn und Zweck des § 2 Abs. 1 AsylbLG sprechen für eine Auslegung, wie sie das VG Hannover vorgenommen hat. Die Wartezeit, d.h. die 36-Monatsfrist, ist vom Gesetzgeber deswegen gewählt worden, weil nach Ablauf dieser 36 Monate dem begünstigten Personenkreis ermöglicht werden soll, sich durch öffentliche Mittel in die deutsche Gesellschaft zu integrieren (vgl. OVG Lüneburg, B. v. 27.03.2001 12 MA 1012/01 -, zitiert nach Juris). Der 12. Senat ist deswegen der Auffassung, dass Unterbrechungen des 36-Monatszeitraums nur dann zum erneuten Anlauf der Frist führen, wenn sie mindestens sechs Monate dauern und im Hinblick auf die der Vorschrift auch innewohnende Integrationskomponente beachtlich gewesen sind. Diese Beachtlichkeit wird z.B. angenommen, wenn sich die Ausländer längere Zeit in ihrem Heimatland aufgehalten haben oder längere Zeit untergetaucht sind und deshalb die Vorbereitung der Integration in die deutsche Gesellschaft abgebrochen ist. Anderweitige Leistungsunterbrechungen, etwa wenn Hilfe Dritter oder der Bezug von Einkommen vorliegen, lassen danach die Frist des. § 2 Abs. 1 AsylbLG aber nicht erneut anlaufen. Berücksichtigt man diese Integrationskomponente, so liegt eine relevante Unterbrechung durch den Bezug von eingeschränkten Leistungen nach § 1 a AsylbLG bei den Klägern nicht vor. Zwar ist der Bescheid vom 24.11.1999 über die Leistungskürzung für Januar 2000 bestandskräftig geworden. Danach sind die Leistungen ohne erneute Bescheiderteilung gezahlt worden. Da nicht auf der einen Seite sowohl die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 AsylbLG als auch die Voraussetzungen des § 1 a AsylbLG vorliegen können und im Falle der Kläger durch die Gewährung von Abschiebungsschutz im Nachhinein feststeht, dass in der Sache die Voraussetzungen des § 1 a AsylbLG nicht vorgelegen haben, führt in ihrem Fall die Zeit der Leistungskürzung nicht zu einer Unterbrechung der Wartezeit. [...]