Anweisung des Amtsgerichts an den Standesbeamten, wegen Zweifeln an der Identität eines Verlobten seine Mitwirkung an der Eheschließung zu verweigern. (amtlicher Leitsatz)
Anweisung des Amtsgerichts an den Standesbeamten, wegen Zweifeln an der Identität eines Verlobten seine Mitwirkung an der Eheschließung zu verweigern. (amtlicher Leitsatz)
Gegenstand der gemäß § 45 Abs. 2 PStG zulässigen Vorlage des Standesbeamten an das Amtsgericht ist die Frage, ob der Standesbeamte seine Mitwirkung an der von den Beteiligten zu 1 und 2 angemeldeten Eheschließung (§§ 4 ff. PStG, §§ 1310 ff. BGB) wegen Zweifeln an der Identität des Beteiligten zu 1 zu verweigern hat. Die Anweisung des Amtsgerichts an den Standesbeamten, die Eheschließung nicht zu vollziehen, stützt sich nur auf solche Zweifel an der Identität.
Zu Recht hat das Landgericht angenommen, daß der Standesbeamte im Anmeldungsverfahren (§§ 4 ff. PStG) die Identität der Verlobten zu prüfen hat.
Die Frage, ob die Identität des Beteiligten zu 1 geklärt ist, liegt im wesentlichen auf tatsächlichem Gebiet. Die weitere Beschwerde ist eine nach revisionsrechtlichen Grundsätzen ausgestaltete Rechtsbeschwerde und nicht zur Nachprüfung von Tatsachenfragen eröffnet. Die Tatsachenwürdigung des Beschwerdegerichts kann im Rechtsbeschwerdeverfahren nur in beschränktem Umfang, nämlich nur auf Rechtsfehler überprüft werden (vgl. BayObLG FamRZ 1997, 1511). Die Nachprüfung kann sich nur darauf erstrecken, ob das Beschwerdegericht den maßgeblichen Sachverhalt ausreichend erforscht hat, ob Vorschriften über die Beweisaufnahme oder sonstige Verfahrensvorschriften verletzt wurden und ob die Würdigung der verfahrensfehlerfrei festgestellten Tatsachen fehlerhaft ist (vgl. BayObLG Report 1999, 36).
Nach diesen Kriterien ist die Würdigung des Landgerichts, daß nach wie vor Zweifel an der Identität des Beteiligten zu 1 bestehen, aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
Der Beteiligte zu 1 hat über einen längeren Zeitraum hinweg falsche Personalien (einer, wie sich später herausgestellt hat, nicht existenten Person) benutzt und auch noch zu einem Zeitpunkt, als er dem Standesbeamten gegenüber seine Personalien mit R. angegeben hatte, von der indischen Auslandsvertretung in Deutschland ein auf diese falschen Personalien S. lautendes Ausweisdokument ausgestellt erhalten. Er hat im November 2000 gegenüber dem Standesbeamten behauptet, nicht im Besitz gültiger Ausweispapiere zu sein, dann aber am 31.7.2001 Kopie eines auf R. lautenden Reisepasses mit Ausstellungsdatum 24.2.2000 vorgelegt. Auf die Ungereimtheit hat der Standesbeamte in seiner Vorlage an das Amtsgericht hingewiesen. Kurz darauf hat der Beteiligte zu 1 Kopie eines Reisepasses vorgelegt, in dem das Ausstellungsdatum durch Änderungsvermerk vom 11.7.2001 auf den 9.7.2001 abgeändert worden war. Dieser Reisepaß ist den deutschen Behörden im Original nie vorgelegt worden; er konnte nicht auf Echtheit überprüft werden. Nach den Angaben der Beteiligten zu 1 und 2 soll er, nachdem Zweifel an seiner Echtheit aufgekommen waren, nach Indien zurückgeschickt worden sein. Statt dessen hat der Beteiligte zu 1 im Verfahren vor dem Landgericht Ende Februar 2002 einen neuen auf R. lautenden Paß vorgelegt, der das Ausstellungsdatum 21.8.2001 trägt. Daß das Landgericht bei dieser Vorgeschichte und Verhaltensweise des Beteiligten zu 1 Anlaß für eine sorgfältige Identitätsprüfung - die Anlegung eines "strengen Maßstabes" - sieht, ist sachgerecht und daher nicht zu beanstanden.
Der Beteiligte zu 1 stützt seine Identität als R. nunmehr auf den Reisepaß vom .... Er räumt ein, daß er diesen Reisepaß nicht auf dem hierfür vorgesehenen Wege, nämlich durch persönliche Vorsprache bei der indischen Paßbehörde, erhalten hat. Damit steht fest, daß der den Paß ausstellende Beamte denjenigen, auf dessen Personalien der Paß lautet, gar nicht persönlich gesehen haben kann; ein solcher Paß ist von vornherein nur bedingt als Identitätsnachweis geeignet. Darüber hinaus hat die Untersuchung durch das Landeskriminalamt die Echtheit des Passes nicht zweifelsfrei bestätigen können.
Der Mitteilung der Deutschen Botschaft, daß im Jahr 2001 ein Paß auf die Personalien R. ausgestellt worden sei, durfte das Landgericht zu Recht keine entscheidende Bedeutung zumessen. Diese Mitteilung räumt weder die Zweifel begründende Tatsache aus, daß der ausstellende Beamte den Paßinhaber gar nicht gesehen haben kann, noch den Hinweis des Landeskriminalamts auf die leichte Austauschbarkeit des Paßbildes.
Auch unter Einbeziehung der sonstigen Mitteilungen der Deutschen Botschaft (Vor-Ort-Ermittlungen, Aussagen des Vaters des R. und anderer Personen etc.) konnte das Landgericht rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis kommen, daß Zweifel an der Identität des Beteiligten zu 1 fortbestehen. Insbesondere steht nicht zweifelsfrei fest, daß den befragten Personen vor
Ort jemals Lichtbilder des Beteiligten zu 1 vorgelegt worden waren.
Zu Unrecht rügt die Rechtsbeschwerde in diesem Zusammenhang eine Verletzung der Aufklärungspflicht durch das Landgericht. Der Amtsermittlungsgrundsatz (§ 12 FGG) enthebt die Beteiligten nicht der Pflicht, an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken (Beibringungsgrundsatz). Das gilt insbesondere für Fälle wie hier, wenn es um etwas so Elementares und Persönliches wie die Identität eines Beteiligten geht. Versäumt ein Beteiligter die ihm obliegende Verfahrensförderung, kann dies grundsätzlich dazu führen, daß eine weitere Ermittlungspflicht des Gerichts entfällt und die Rüge einer Verletzung der Amtsermittlungspflicht nicht durchgreift (BayObLGZ 2001, 347, 351 m.w.N.). Das ist hier der Fall. Das Verhalten des
Beteiligten zu 1 war über Jahre hin eher geeignet, seine wahre Identität im unklaren zu lassen als aufzuklären. Er hat bis heute weder einen Paß in Übereinstimmung mit den einschlägigen indischen Vorschriften beantragt, noch den Paß, auf den er sich als Identitätsnachweis beruft, den indischen Behörden (auch nicht der indischen Auslandsvertretung in Deutschland) zur Überprüfung vorgelegt. Die Schlußfolgerung des Landgerichts, daß an seiner Identität Zweifel verbleiben, die letztlich nur durch die indischen Behörden ausgeräumt werden können und nach derzeitigem Sachstand nicht ausgeräumt sind, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.