Zur Verfolgung von Kurden in der Türkei bei zahlreichen einfachen Exiltätigkeiten.
(Leitsatz der Redaktion)
Der Kläger zu 1) kann nicht als asylberechtigt anerkannt werden. In seinem Fall liegen auch nicht die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vor.
Der Kläger ist nicht wegen seiner kurdischen Volkszugehörigkeit als vorverfolgt anzusehen.
Der Kläger hat die Türkei im (...) auch nicht wegen einer individuellen politischen Verfolgung verlassen.
Soweit er sich darauf beruft, dass er und seine Familie bereits in ihrer Heimatprovinz Anhänger der türkisch-kurdischen Oppositionsbewegung gewesen seien und Aktivisten unterstützt hätten, kommt es auf die von ihm in diesem Zusammenhang angeregte Beweiserhebung nicht an. Das Berufungsgericht unterstellt dieses Vorbringen des Klägers, das es bei verständiger Würdigung in zeitlicher Hinsicht dahingehend versteht, dass es sich auf die Zeit bezieht, als der Kläger noch nicht verheiratet war und in seinem Heimatdorf lebte, als wahr. Dem Kläger drohte aus diesem Grund aber keine politische Verfolgung. Denn er leistete noch bis zum (..) in der Türkei seinen Militärdienst und war damit jederzeit für türkische Sicherheitskräfte greifbar. Bereits im Jahr (...) ist der Kläger nach seinem eigenen Vorbringen im Berufungsverfahren mit seiner Familie nach (...) gezogen. Wegen der als wahr unterstellten Anhängerschaft der türkisch-kurdischen Oppositionsbewegung und Unterstützung der Aktivisten geschah ihm nach seinem eigenen Vorbringen in der Folgezeit nichts.
Der Kläger hat nach seinem eigenen Vorbringen die Türkei nicht wegen erlittener politischer Verfolgung verlassen, sondern weil er politische Verfolgung befürchtete. Denn soweit er vorträgt, dass er dreimal in der Türkei kurzfristig festgenommen worden sei, waren diese kurzfristigen Inhaftierungen keine Veranlassung für ihn, aus seinem Heimatland auszureisen. Vielmehr hat, wie er während seines gesamten Asylverfahrens durchgängig vorgetragen hat, erst der Vorfall am (...) ihn zu seiner Flucht veranlasst.
Das Vorbringen des Klägers zu diesem Vorfall ist allerdings nicht glaubhaft. Während der Kläger anlässlich seiner Anhörungen durch die Beklagte am 13. März 1990 und am 26. Juni 1990 noch allgemein ausgeführt hat, er habe im (...) in (...) und Umgebung für die TKP/ML Plakate geklebt und Flugblätter verteilt, hat er erstmals während seiner Parteivernehmung durch das Berufungsgericht erklärt, bei der Aktion in (...) seien Protestplakate gegen den Tod des am (...) erschossenen Mitstreiters geklebt worden. Unterschiedliche Angaben hat der Kläger auch zu der Anzahl der Freunde gemacht, die während der Plakatklebeaktion verhaftet worden sein sollen. Erhebliche Zweifel an der Richtigkeit des klägerischen Vorbringens ergeben sich auch aus dem Umstand, dass er nach dem Vorfall am (...) sechs Monate verstreichen ließ, bevor er (...) ausreiste.
Völlig unglaubhaft sind die Angaben des Klägers zu den weiteren Geschehnissen nach dem angeblichen Vorfall am (...) . Die Befürchtung des Klägers, die beiden festgenommenen Freunde könnten der Polizei seinen Namen verraten haben, ist bereits deshalb nicht nachvollziehbar, weil sie nach den eigenen Angaben des Klägers nur seinen Decknamen kannten. Soweit er darüber hinaus vorgetragen hat, den Freunden sei aber seine Wohnanschrift bekannt gewesen, ist dieses Vorbringen angesichts des vorgetragenen Umstandes, dass alle politischen Freunde nur Decknamen benutzt hätten, nicht glaubhaft. Ebensowenig ist nachvollziehbar, dass sich der Kläger vor seiner Ausreise nicht im Einzelnen nach dem Schicksal seiner festgenommenen politischen Freunde erkundigt haben will.
Befragt zu den näheren Umständen seiner Ausreise aus der Türkei, wollte der Kläger zunächst während seiner Parteivernehmung vor dem Berufungsgericht keine Angaben machen. Obwohl er nach seinem Vorbringen über seine Freunde selbst Kontakt mit den Schleppern aufgenommen haben will, konnte er sich nicht an den Betrag, den er für seine Ausreise zu zahlen hatte, sowie an die näheren Umstände seiner Ausreise erinnern. Erst nach nochmaligem Befragen hat der Kläger den Stadtteil Silkeci in Istanbul als Ort genannt, an dem er sich für die geplante Flucht einzufinden hatte.
Dem Kläger, der die Türkei im (...) nach alledem nicht als politisch Verfolgter verlassen hat, droht nicht wegen eines beachtlichen - objektiven oder subjektiven - Nachfluchtgrundes politische Verfolgung in der Türkei. Der herabgesetzte Prognosemaßstab der hinreichenden Sicherheit vor politischer Verfolgung käme ihm als nicht Vorverfolgter ausnahmsweise nur dann zugute, wenn er sich auf einen objektiven Nachfluchtgrund in Gestalt der sog. regionalen Gruppenverfolgung berufen könnte. Dies trifft jedoch nicht zu.
Nach ständiger Rechtsprechung des Berufungsgerichts (Urteil vom 1.9.1999, 5 Bf 2/92.A) unterliegen Kurden gegenwärtig keiner regionalen, sondern allenfalls einer örtlich begrenzten Gruppenverfolgung im Südosten der Türkei, insbesondere in den dortigen Notstandsgebieten, zu denen T. gehört (Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand Februar 2002, S. 17). In den übrigen Landesteilen, insbesondere in den westlichen Großstädten, droht Kurden demgegenüber nicht mit der erforderlichen überwiegenden Wahrscheinlichkeit politische Verfolgung wegen ihrer Volkszugehörigkeit (Urteil vom 1.9.1999, 5 Bf 2/92.A, BI. 43 UA). Hieran hat sich auch durch die nach der Verhaftung und Verbringung des PKK-Führers Öcalan in die Türkei Mitte Februar 1999 verursachte Verschärfung der innenpolitischen Situation nichts entscheidend geändert. Nach dem Urteil des Berufungsgerichts vom 1. September 1999 ist vielmehr weiterhin davon auszugehen, dass Kurden im Westen der Türkei nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit politische Verfolgung wegen ihrer Volkszugehörigkeit droht (S. 44 bis 49 UA). Die seit Erlass dieses Urteils bekannt gewordenen Erkenntnisquellen rechtfertigen keine andere Einschätzung. Ihnen ist im Gegenteil zu entnehmen, dass sich die Lage der Kurden in der Türkei weiter entspannt hat (Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 22.6.2000, S. 19; Oberdiek vom 31.12.1999 an VG Ansbach, S. 12 f., 15; Rumpf vom 22.5.2000 an VG Darmstadt, S. 42; Rumpf vom 23.1.2001 an VG Augsburg, S. 7 f., 10/11). Einer erhöhten Gefährdung sind lediglich Mitglieder der - legalen - Partei HADEP, die mit der PKK sympathisiert (amnesty international vom 25.2.1999 an VG Lüneburg) und deshalb von staatlichen türkischen Stellen als "Zweig" der PKK angesehen wird (ad hoc-Bericht des Auswärtigen Amtes vom 25.2.1999 sowie Kaya an VG Stuttgart vom 13.5.1998; zur Gefährdung von HADEP-Mitgliedern im Westen der Türkei vgl. ferner Rumpf vom 23.1.2001 an VG Augsburg, S. 10/11), ausgesetzt. Diese Einschätzung wird, soweit ersichtlich, von anderen Berufungsgerichten geteilt (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 18.1.2000, 11 L 3404/99, BI. 14 f. UA; OVG Saarlouis, Beschluss vom 27.10.2000, 9 Q 56/00, BI. 13 f. UA; VGH Kassel, Urteil vom 4.12.2000, UE 968/99.A, BI. 56 f. UA; VGH Mannheim, Urteil vom 5.4.2001, A 12 S 198/00, S. 13/14 UA). Das Berufungsgericht hat unter Auswertung der neuesten Erkenntnisquellen sogar eine hinreichende Sicherheit vor politischer Verfolgung im Westen der Türkei für kurdische Volkszugehörige angenommen Beschluss vom 19.8.2002, 4 Bf 4/92.A, BI. 23 f. BA).
Da nach alledem Kurden gegenwärtig - allenfalls - im Südosten der Türkei einer örtlich begrenzten Gruppenverfolgung unterliegen, kommt dem Kläger der herabgesetzte Prognosemaßstab nicht zugute. Zugleich folgt daraus, dass ihm im Fall seiner Rückkehr in die Türkei nicht nach dem für ihn geltenden normalen Prognosemaßstab mit überwiegender Wahrscheinlichkeit außerhalb der örtlich begrenzten Verfolgungsgebiete politische Verfolgung wegen seiner kurdischen Volkszugehörigkeit droht.
Es mag nicht ganz zweifelsfrei sein, ob und unter welchen Voraussetzungen in Fällen, in denen sich ein in Deutschland lebender Asylbewerber wie der Kläger auf eine örtlich begrenzte Gruppenverfolgung in seinem Heimatland berufen kann, die Verneinung eines Asylanspruchs die Feststellung voraussetzt, dass der Asylsuchende außerhalb des örtlich begrenzten Verfolgungsgebietes das notwendige wirtschaftliche Existenzminimum erreichen kann. In dem vorliegenden Falle kann diese Frage jedenfalls offen bleiben, weil dem Kläger im Westen der Türkei, wo er lange Zeit gelebt und gearbeitet hat, kein Leben unterhalb des Existenzminimums droht. Soweit in diesem Zusammenhang das Vorbringen des Klägers, die Folgen einer kürzlichen Bauchoperation würden es ihm nicht ermöglichen, auf absehbare Zeit in der Türkei den Lebensunterhalt seiner Familie zu finanzieren, so zu verstehen sein sollte, dass deshalb ein wirtschaftliches Existenzminimum im Westen nicht (mehr) gesichert sei, kommt eine weitere Beweisaufnahme nicht in Betracht. Es handelt sich um einen unzulässigen Beweisermittlungsantrag (BVerwG, Beschl. v. 29.3.1995, Buchholz i 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 266; BVerwG, Beschluss vom 7.12.2001, 5 B 15/01, Hailbronner, Ausländerrecht, Kommentar, Stand: Mai 2002, vor § 74 AsylVfG Rdnr. 156 ff), denn aus den von dem Kläger in der mündlichen überreichten ärztlichen Unterlagen ergeben sich keine Hinweise auf eine Erwerbsunfähigkeit des Klägers.
Dem Kläger droht auch nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit politische Verfolgung in der Türkei wegen der von ihm geltend gemachten exilpolitischen Aktivitäten.
Nach seinem Vorbringen, das als wahr unterstellt wird, hat er sich folgendermaßen exilpolitisch betätigt:
Im (...) hat er teilgenommen an einem Fackelumzug, an zahlreichen Demonstrationen in mehreren Städten, (...) . Außerdem hat er Flugblätter zum 18. Gründungstag der TKP/ML verteilt. In der Zeit von (...) bis (...) hat er an (...) Nachfluchtaktivitäten (...) teilgenommen und dabei zum Teil Transparente getragen und Flugblätter verteilt. Der Kläger war auch mehrfach als (...) eingesetzt.
Wegen der vorbezeichneten politischen Aktivitäten ist der Kläger zweifelsfrei nicht dem Kreis exponierter Regimegegner zuzurechnen, denen (möglicherweise) politische Verfolgung in der Türkei droht. Er beteiligte sich ganz überwiegend an Massenveranstaltungen, ohne hierbei besonders hervorzutreten. Einige Male hat er sich bei derartigen Veranstaltungen zwar auch als Ordner betätigt, regimefeindliche Flugblätter verteilt sowie Transparente getragen. All dies rechtfertigt indes nicht die Annahme, es handele sich bei ihm im Sinne der Rechtsprechung des Gerichts um einen exponierten Regimegegner, der in der Türkei nicht hinreichend sicher vor politischer Verfolgung ist (vgl. Beschluss des Senats vom 19.8.2002, 4 Bf 4/92).
Der Kläger ist auch nicht deshalb als exponierter Regimegegner anzusehen, weil er an der Kampagne (...) teilgenommen hat, über die nach seinem Vortrag unter anderem Med-TV berichtet hat, und eine entsprechende Selbsterklärung unterzeichnet hat. Nach Auskunft des Innenministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen vom 30.10.2001 haben allein in Nordrhein-Westfalen mehrere Tausend an dieser Aktion teilgenommen. Das Auswärtige Amt geht sogar davon aus, dass bundesweit 30.000 Personen die "Selbsterklärung" unterzeichnet und übergeben und sich europaweit 84.000 Personen an dieser Aktion beteiligt haben (Auskunft vom 28. Januar 2002 an OVG Münster). Angesichts der großen Zahl der an dieser Kampagne Teilnehmenden stellt die bloße Unterzeichnung der Erklärung keine exponierte Betätigung dar (so auch OVG Münster, Urteil vom 27.6.2002, 8 A 4782/99.A, BI. 74 UA).
Die bloße Mitgliedschaft des Kläger im (...) führt ebenfalls nicht zu der Annahme einer besonderen hervorgehobenen exilpolitischen Betätigung. Der Kläger hat bereits nicht vorgetragen und es ist auch nicht ersichtlich, dass türkische Behörden an den einfachen Mitgliedern ein besonderes Interesse haben.
Dem Kläger drohen auch nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit asylrelevante Maßnahmen während der Einreise in sein Heimatland (beim Grenzübertritt). Nach der Auskunftslage sind zwar in der Vergangenheit Fälle bekannt geworden, in denen erfolglose Asylbewerber bei der Rückkehr in die Türkei (möglicherweise) Verfolgungsmaßnahmen durch Grenzbehörden oder andere staatliche türkische Stellen erlitten haben. Dies rechtfertigt indes nicht die Annahme, dass abgelehnte Asylbewerber mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit mit politisch motivierten Verfolgungsmaßnahmen bei der Einreise in ihr Heimatland rechnen müssen, weil die Zahl der Referenzfälle angesichts der großen Zahl erfolgloser Asylbewerber, die Jahr für Jahr in die Türkei zurückkehren (1999 wurden insgesamt 5.298 türkische Staatsangehörige auf dem Luftwege in die Türkei abgeschoben, Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 22.6.2000, S. 37), insgesamt gering erscheint und - vor allem - weil diese Referenzfälle zum überwiegenden Teil Besonderheiten aufweisen, auf die sich "normale" Asylbewerber, zu denen auch der Kläger gehört, nicht berufen können (Urteil des 5. Senats vom 1.9.1999, 5 Bf 2/92.A, S. 68 bis 91 UA). Die seit Erlass des Urteils vom 1. September 1999 bekannt gewordenen Informationsquellen rechtfertigen keine andere Beurteilung.
Soweit der Kläger die Einholung eines Sachverständigengutachtens zu der Behauptung anregt, dass seine über (...) Jahre andauernde oppositionelle Betätigung den türkischen Stellen nicht verborgen geblieben sei und er daher bei einer Rückkehr in die Türkei mit staatlichen Verfolgungsmaßnahmen zu rechnen habe und schon bei seiner Ankunft intensiv und unter menschenrechtswidriger Behandlung verhört werde, ist dieser Beweisanregung nicht nachzugehen. Das Gericht besitzt nach Auswertung zahlreicher in das Verfahren eingeführter Erkenntnismittel eigene Sachkunde über das Beweisthema, der Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens bedarf es nicht, zumal der Kläger keine weiteren konkreten Umstände nennt, die seine Behauptung stützen.
Soweit der Kläger Beweis dafür angeboten hat, dass ein langer Auslandsaufenthalt bei der Einreise zu Verhören unter menschenrechtswidriger Behandlung führe, ist dem nicht nachzugehen, da auch insoweit zahlreiche vorliegende Erkenntnisquellen zu einer eigenen Sachkunde des Berufungsgerichts geführt haben.
Die Klägerin zu 2) hat keinen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigte aus Art. 16 a GG.
Die Klägerin zu 2), die sich nach ihrem eigenen Vorbringen selbst in ihrem Heimatland nicht politisch betätigt hat, hat die Türkei auch nicht wegen bestehender oder unmittelbar bevorstehender Verfolgung verlassen, weil sie als Ehefrau des Klägers in dessen Verfolgung einbezogen worden ist. Zur Überzeugung des Berufungsgerichts steht - wie oben ausgeführt - fest, dass der Kläger sein Heimatland unverfolgt verlassen hat und dass ihm auch bei einer Rückkehr nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit politische Verfolgung in der Türkei droht.
Soweit die Klägerin zu 2) vorgetragen hat, sie sei insgesamt dreimal in ihrem Heimatort nach der Ausreise ihres Ehemannes "zur Polizeiwache gerufen" und dort befragt worden, ist nicht glaubhaft, dass sie dabei in asylrelevanter Weise behandelt wurde. Sie selbst hat während ihrer Parteivernehmung durch das Berufungsgericht vorgetragen, dass sie jeweils nach den Vernehmungen wieder nach Hause gehen durfte.
Der Klägerin zu 2) droht auch bei einer Rückkehr in ihr Heimatland nicht mit der für nicht Vorverfolgte erforderlichen beachtlichen Wahrscheinlichkeit politische Verfolgung.
Wegen ihres Ehemannes hat sie eine solche schon deshalb nicht zu befürchten, weil - wie oben ausgeführt - zur Überzeugung des Berufungsgerichts feststeht, dass der Kläger in der Türkei nicht aus politischen Gründen gesucht wird.
Wegen ihrer eigenen exilpolitischen Tätigkeiten droht der Klägerin zu 2) ebenfalls keine politische Verfolgung. Die Klägerin zu 2) hat nicht nur an deutlich weniger Veranstaltungen teilgenommen als der Kläger, sie hat auch weder Transparente getragen noch Flugblätter verteilt oder Ordnertätigkeiten ausgeübt. Soweit sie ebenfalls an der Unterschriftenaktion "Auch ich bin ein PKK-ler" teilgenommen hat, gilt das zu dem Kläger Ausgeführte.
Die Mitgliedschaft der Klägerin zu 2) in der (...) führt ebenfalls nicht zu der Annahme einer besonderen hervorgehobenen exilpolitischen Betätigung. Die Klägerin zu 2) hat bereits nicht vorgetragen und es ist auch nicht ersichtlich, dass türkische Behörden an den einfachen Mitgliedern dieses Vereins ein besonderes Interesse haben.
Die Klägerin zu 2) hat auch keinen Anspruch auf Abschiebungsschutz gemäß § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG.
Wegen der von ihr vorgetragenen psychischen Erkrankung besteht kein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis. Hierbei unterstellt das Berufungsgericht die von der Klägerin zu 2) mit Beweisangebot aufgestellte Behauptung als wahr, dass sie unter einer (...) leide, die seit (...) nervenärztlich behandelt werde, und dass eine Unterbrechung der Behandlung zu erheblichen weiteren gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen würde.
Die Behandlung psychisch Kranker ist in der Türkei jedoch in allen Krankenhäusern mit Psychiatrie möglich (Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 5. Juli 2001 an das VG Stuttgart). Soweit keine stationäre Behandlung erforderlich ist, sind zumindest in den türkischen Groß- und Provinzstädten ambulante Betreuungen gesichert; dort sind ausgebildete Psychologen, Psychiater und Neurologen tätig (Anhang zum Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 20.3.2002, Stand Februar 2002), die allerdings wie die ebenso gesicherte medikamentöse Versorgung privat zu bezahlen sind (Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 5.7.2001 an VG Stuttgart, Dr. Penteker vom 8.7.1998 an VG Braunschweig; Kaya vom 10.2.2001 an VG Bremen sowie die von den Klägern in der mündlichen Verhandlung in Übersetzung eingereichte Stellungnahme des TIHV vom 1.9.1997, BI. 234 d.A.). Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin zu 2) die Kosten einer solchen Behandlung nicht aufbringen könnte. Selbst wenn es der Klägerin zu 2) nicht möglich sein sollte, in ihrem Heimatland einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, die ihren Lebensunterhalt sichert und die Kosten einer ärztlichen Behandlung deckt, so steht zur Überzeugung des Berufungsgerichts fest, dass ihr wirtschaftliches Überleben jedenfalls mit Hilfe ihrer Familie gesichert ist. Ihr Ehemann, der Kläger, ist - wie oben ausgeführt - in der Lage, das wirtschaftliche Überleben der Familie zu sichern. Abgesehen davon kann die Klägerin zu 2) auch auf die Hilfe anderer Angehöriger (vgl. hierzu: BVerwG, Beschluss vom 1.10.2001, Buchholz 402.240 § 53 AuslG Nr. 51 m.w.N.) zurückgreifen. Ihre Eltern befinden sich nach ihrem durchgängigen Vorbringen in einer wirtschaftlichen Lage, die ihnen eine finanzielle Unterstützung ihrer Tochter erlaubt.
Soweit die Klägerin zu 2) angeregt hat, darüber Beweis zu erheben, dass die bei einer Rückkehr in die Türkei nicht zu vermeidenden polizeilichen Verhöre zu einer Retraumatisierung und zu weiteren lebensbedrohlichen Gesundheitsgefährdung führen würden, ist dieser Beweisanregung, soweit damit behauptet wird, bei einer Rückkehr werde menschenrechtswidrigen Verhören unterzogen, deshalb nicht nachzugehen, weil - wie oben ausgeführt - das Gericht aus eigener Sachkunde nach Auswertung der zahlreichen in das Verfahren eingeführter Erkenntnismittel beurteilen kann, dass abgelehnte Asylbewerber bei ihrer Einreise keine Verhöre unter menschenrechtswidriger Behandlung zu befürchten haben. Soweit die Klägerin zu 2) damit darüber hinaus die Behauptung aufstellen will, dass eine übliche (normale) polizeiliche Vernehmung zu einer lebensbedrohlichen Gesundheitsgefährdung führen würde, ist ihrem Hilfsbeweisantrag nicht nachzukommen, weil es sich insoweit um einen unzulässigen Beweisermittlungsantrag handelt (BVerwG, Beschluss vom 29.3.1995, Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 266; BVerwG, Beschluss vom 5.11.1998, 7 B 199/98; BVerwG, Beschluss vom 7.12.2001, 5 B 15/01; Hailbronner, Ausländerrecht, Kommentar, Stand: Mai 2002, vor § 74 AsylVfG Rdnr. 156 ff.). Es bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass ein solches Verhör zu einer Iebensbedrohlichen Gesundheitsgefährdung der Klägerin zu 2) führen könnte. Weder aus dem von ihr zur Akte gereichten nervenärztlichen Attest vom 30. Januar 2002 noch aus sonstigen Umständen ergeben sich Anhaltspunkte für den Wahrheitsgehalt der Behauptung.