VGH Baden-Württemberg

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Zitieren als:
VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 04.12.2002 - 13 S 2194/01 - asyl.net: M3625
https://www.asyl.net/rsdb/M3625
Leitsatz:

1. § 19 AuslG i.d.F. des Gesetzes vom 25.5.2000 (BGBI. I S. 742) ist auf noch nicht

bestandskräftig abgeschlossene Verfahren auch dann anwendbar, wenn die eheliche Lebensgemeinschaft bereits vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Neuregelung (1.6.2000) aufgehoben worden war (wie VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 27.11.2001 - 11 S 541/01 - und Urteil vom 14.5.2002 - 1 S 1746/01 -).

2. Eine besondere Härte im Sinn von § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AuslG kann sich auch aus Umständen ergeben, die nicht unmittelbar auf die Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft zurückzuführen sind. Bei der Härtefallprüfung zu berücksichtigen sind alle aus der Rückkehrverpflichtung infolge der Beendigung des ehebedingten Aufenthaltsrechts resultierenden, erheblichen Beeinträchtigungen.

Schlagwörter: D (A), Türken, Aufenthaltserlaubnis, Verlängerung, Ehegattennachzug, Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft, Gesetzesänderung, Altfälle, Anwendungszeitpunkt, Eigenständiges Aufenthaltsrecht, Besondere Härte, Kindeswohl, Nachteile im Heimatland, Auslegung, Diskriminierung, Psychische Erkrankung, Suizidgefahr, Verlängerungsantrag, Erlaubnisfiktion, Regelversagungsgründe, Sozialhilfebezug, Atypischer Ausnahmefall, Ermessen
Normen: AuslG § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 2; AuslG AuslG § 19 Abs. 2 S. 1; AuslG § 19 Abs. 2 S. 2; AuslG Abs. 3 S. 1 Nr. 2
Auszüge:

 

Die Klägerin erfüllt die Voraussetzungen des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AuslG n.F. Danach ist maßgeblich, dass die eheliche Lebensgemeinschaft rechtmäßig im Bundesgebiet bestanden hat und es zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich ist, der Klägerin den weiteren Aufenthalt zu ermöglichen. Nach der Legaldefinition des § 19 Abs. 1 Satz 2 AuslG liegt eine besondere Härte insbesondere vor, wenn dem Ehegatten wegen der aus der Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft erwachsenden Rückkehrverpflichtung eine erhebliche Beeinträchtigung seiner schutzwürdigen Belange droht oder wenn ihm wegen der Beeinträchtigung seiner schutzwürdigen Belange das weitere Festhalten an der ehelichen Lebensgemeinschaft unzumutbar ist; zu den schutzwürdigen Belangen zählt auch das Wohl eines mit dem Ehegatten in familiärer Gemeinschaft lebenden Kindes. Bereits die bis zum 31.10.1997 geltende Fassung des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AuslG enthielt den zwischenzeitlich durch den Begriff der "außergewöhnlichen Härte" (vgl. Gesetz zur Änderung ausländer- und asylverfahrensrechtlicher Vorschriften vom 29.10.1997, BGBI. I S. 2584) ersetzten Terminus der "besonderen Härte". Mangels einer abschließenden Legaldefinition dieses Begriffs hatte das Bundesverwaltungsgericht seinerzeit geklärt, dass eine besondere Härte im Sinn von § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AuslG in der bis zum 31.10.1997 geltenden Fassung nur dann anzunehmen sei, wenn im konkreten Einzelfall besondere Umstände vorliegen, aus denen sich ergibt, dass die Ausreisepflicht den Ehegatten ungleich härter trifft als andere Ausländer in derselben Situation. Bei der erforderlichen Gesamtbetrachtung der Umstände sei neben den gewachsenen Bindungen und Integrationsleistungen im Bundesgebiet auch zu berücksichtigen, ob dem Ehegatten außerhalb des Bundesgebietes wegen der Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft erhebliche Nachteile drohen. Daraus folge zugleich, dass andere Nachteile im Heimatland, die nicht wegen der Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft, sondern wegen der dortigen allgemeinen politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse drohen, nicht zur Begründung einer besonderen Härte herangezogen werden könnten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 3.3.1997 - 1 B 118.96 -, DÖV 1997, 835). Auf diese höchstrichterliche Definition einer besonderen Härte kann mit Blick auf die hier maßgebliche Gesetzesfassung nicht mehr uneingeschränkt zurückgegriffen werden. Denn nunmehr liegt mit dem Satz 2 des § 19 Abs. 1 AuslG eine vorrangig zu berücksichtigende beispielhafte Umschreibung des Begriffs der besonderen Härte vor. Der Gesetzgeber knüpft nach dem Wortlaut der ersten Alternative des § 19 Abs. 1 Satz 2 AuslG und der darin zum Ausdruck kommenden bewussten Abkehr von den zuvor geltenden und offensichtlich als zu eng beziehungsweise unklar empfundenen Fassungen des § 19 Abs. 1 Satz 2 AuslG (vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Ausländergesetzes, BT -Drs. 14/2368, B. Nr. 3 und Begründung zu Art. 1 Nr. 3) nunmehr eindeutig nur noch an die Rückkehrverpflichtung selbst an und verlangt somit insbesondere nicht mehr, dass die außerhalb des Bundesgebietes drohenden erheblichen Beeinträchtigungen auf den Umstand der Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft zurückzuführen sind (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 4.5.2001 - 18 B 1908/00 -, EZAR 023 Nr. 23). Dieses Gesetzesverständnis findet eine weitere Stütze in dem in der Entwurfsbegründung (BT -Drs. 14/2368, zu Art. 1 Nr. 2) - auf die zurückgegriffen werden kann, weil der Entwurf insoweit Gesetz geworden ist - enthaltenen Verweis auf die Vergleichsgruppe der (aller) Ausländer, die nach kurzen Aufenthaltszeiten Deutschland verlassen müssen (in diesem Sinne auch Hailbronner, AuslR, § 19 AuslG RdNr. 1-2). Damit lässt sich eine Beschränkung auf unmittelbar auf die Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft rückführbare Beeinträchtigungen inlands- wie auslandsbezogener Art nicht in Einklang bringen. Von Bedeutung können somit alle aus der Ausreise aus Deutschland infolge der Beendigung des ehebedingten Aufenthaltsrechts resultierenden Beeinträchtigungen sein. Die gewählte Formulierung - "wegen der aus der Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft erwachsenden Rückkehrverpflichtung" - bedeutet lediglich, dass die Rückkehrverpflichtung im Zusammenhang mit der Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft stehen muss (vgl. OVG NRW, a.a.O.; Renner, a.a.O., RdNr. 20).

Eine gewisse Beschränkung der berücksichtigungsfähigen Beeinträchtigungen ergibt sich aber aus der geforderten Erheblichkeit der drohenden Beeinträchtigung schutzwürdiger Belange, deren inhaltliche Umgrenzung sich aus den in der Entwurfsbegründung aufgelisteten Beispielsfällen der Unmöglichkeit der Führung eines eigenständigen Lebens wegen gesellschaftlicher Diskriminierung, des Drohens einer Zwangsabtreibung, der Erforderlichkeit eines weiteren Aufenthalts in Deutschland im Hinblick auf eine Beeinträchtigung des Wohls des Kindes wegen der Verhältnisse im Herkunftsland sowie der Gefahr einer willkürlichen Untersagung des Umgangs mit dem Kind erhellt (vgl. OVG NRW, a.a.O.; Renner, a.a.O., RdNr. 22 f.). Die gesellschaftlichen und sonstigen Nachteile insbesondere für Frauen aus anderen Rechts- und Kulturkreisen können an gesellschaftliche, religiöse oder sittliche Normen anknüpfen (z.B. Bestrafung wegen Ehescheidung, Ächtung wegen Verletzung der Familienehre, Ausgrenzung wegen misslungener Ehe). Sie müssen über bloße Belästigungen hinausgehen, können aber auch von Privaten ausgehen und ideelle wie materielle Interessen betreffen (vgl. Renner, a.a.O., RdNr. 23).

Gemessen an diesen gesetzgeberischen Vorgaben liegt in der Rückkehrverpflichtung für die Klägerin bei der erforderlichen Gesamtbetrachtung eine besondere Härte. Besonders ins Gewicht fällt zunächst ihre chronische psychische Erkrankung, die nach der letzten vorliegenden amtsärztlichen Stellungnahme vom 10.1.2001 so gravierend ist, dass bereits die Reisefähigkeit ausgeschlossen ist. Eine Besserung ist insoweit zwischenzeitlich nach dem Vorbringen der Klägerin und dem Eindruck, den der Senat in der mündlichen Verhandlung gewonnen hat, nicht eingetreten. Bereits aufgrund dieser Erkrankung, die auch bereits mit mehreren Suizidversuchen einherging, wird die Klägerin von der Rückkehrverpflichtung ungleich härter getroffen als andere Ausländer in vergleichbarer Situation. Erschwerend kommt hinzu, dass die Klägerin bei einer Rückkehr in ihre Heimat nicht auf Beistand von Familienangehörigen zählen könnte. Von ihrem noch im Heimatdorf lebenden Vater, mit dem sie sich aufgrund ihrer Heirat überworfen hat, hat sie nach ihren glaubhaften Angaben keinerlei Unterstützung zu erwarten. Weitere familiäre Bindungen hat sie in der Türkei nicht. In Deutschland stehen ihr demgegenüber ihr Bruder und dessen Ehefrau bei, die sie auch bei der Betreuung der Tochter unterstützen. Schließlich hat die Klägerin nachvollziehbar dargelegt, dass sie bei einer Rückkehr in die Türkei in ihrem Heimatdorf als geschiedene Frau mit einem Kind als "Hure" abgestempelt wäre und ihr deshalb dort erhebliche Beeinträchtigungen ihrer schutzwürdigen Belange drohen. Unter diesen Umständen ist ihr eine Rückkehr in die jedenfalls auf dem Lande noch durch herkömmliche Moralvorstellungen geprägte türkische Gesellschaft (vgl. dazu eingehend VG Berlin, Urteil vom 26.6.1995 - 28 A 292.93 -, InfAuslR 1995, 410) nicht zumutbar. Die ihr als geschiedene Frau mit einem Kind bevorstehende Diskriminierung trifft sie härter als andere Ausländer, insbesondere Männer, die nach einem kurzen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland in die Türkei zurückkehren müssen (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 5.4.2000 - 12 TG 43/00 -, NVwZ 2000, 1443 unter Berufung auf die Begründung des Gesetzentwurfs in BT -Drs. 14/2368 S. 4). Die Einwände der Beklagten gegen diese Auffassung greifen nicht durch, da - wie dargelegt - gerade keine staatliche Diskriminierung verlangt wird.

Fehl geht angesichts der durch eine schwere psychische Erkrankung gekennzeichneten persönlichen Situation der Klägerin auch der Hinweis, sie könne sich mit ihrem Kind in einer der Großstädte im Westen der Türkei niederlassen. Sie wäre angesichts ihrer gravierenden psychischen Erkrankung außer Stande, dort eine angemessene eigenständige Existenz für sich und ihre 12-jährige Tochter aufzubauen, zumal sie in einer solchen Region der Türkei keinerlei familiären Rückhalt hätte.

Schließlich zählt nach der Legaldefinition in § 19 Abs. 1 Satz 2 AuslG das Wohl eines mit dem Ehegatten in familiärer Lebensgemeinschaft lebenden Kindes zu den zu berücksichtigenden schutzwürdigen Belangen. Die Klägerin lebt mit ihrer Tochter in familiärer Lebensgemeinschaft.

Zwar hält diese sich an den Wochentagen, an denen Schulunterricht stattfindet, bei ihrem Bruder und ihrer Schwägerin auf und wird dort betreut, da die Klägerin hierzu infolge ihrer Krankheit nicht imstande ist. An den beiden Wochenendtagen wohnen (einschließlich der Übernachtung) die Tochter, der Bruder und die Schwägerin jedoch bei der Klägerin, so dass sich das familiäre Zusammenleben in dieser Zeit bei ihr abspielt. Dies ergibt sich aus den glaubhaften Angaben der Klägerin in der Berufungsverhandlung. Bei dieser Sachlage sind die Voraussetzungen einer nach Art. 6 Abs. 1 GG und § 19 Abs. 1 Satz 2 AuslG schutzwürdigen familiären Lebensgemeinschaft erfüllt; insbesondere handelt es sich insoweit nicht etwa nur um eine bloße dem Schutzbereich dieser Vorschriften nicht unterfallende Begegnungsgemeinschaft. Dass das Wohl der in Deutschland geborenen und aufgewachsenen Tochter, die derzeit die fünfte Klasse der Realschule besucht und zu ihrem Vater keinerlei Kontakt hat, erheblich beeinträchtigt würde, wenn sie mangels eines anderweitigen Bleiberechts mit ihrer psychisch kranken Mutter in die ihr völlig fremde Türkei übersiedeln und dort unter den oben geschilderten Umständen leben müsste, liegt nach Auffassung des Senats auf der Hand.

Liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 AuslG nach alledem vor, so kommt gleichwohl nur eine Verpflichtung der Beklagten zur Neubescheidung in Betracht, weil ein Anspruch auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gemäß § 19 Abs. 2 Satz 1 AuslG für ein Jahr zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht mehr gegeben ist. Dies ergibt sich aus der Tatsache, dass der Zweck des § 19 Abs. 2 Satz 1 AuslG, nämlich dem Ehegatten während eines ersten Jahres nach Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft die Möglichkeit zu eröffnen, sich eine eigene wirtschaftliche Existenz aufzubauen, gegenwärtig schon erfüllt ist. Der Senat schließt sich insoweit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteil vom 24.5.1995 - 1 C 7.94 -, a.a.O. S. 317) und des OVG NRW (Beschluss vom 1.2.2000 - 18 B 1120/99 -, InfAuslR 2000, 279) an, wonach bei zwischenzeitlicher Zweckerreichung des § 19 Abs. 2 Satz 1 AuslG nur noch eine Verlängerung nach Satz 2 in Frage kommt. Von einer solchen Zweckerreichung ist regelmäßig dann auszugehen, wenn der Aufenthalt des Ehegatten nach Ablauf der zuletzt zum Zweck der ehelichen Lebensgemeinschaft erteilten Aufenthaltserlaubnis aufgrund einer Erlaubnisfiktion im Sinn des § 69 Abs. 3 AuslG oder einer Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gemäß § 80 Abs. 5 VwGO erlaubt war, diese Wirkung länger als ein Jahr angedauert hat und dem Ehegatten aufenthaltsrechtlich die Ausübung einer Erwerbstätigkeit bereits gestattet war. So liegt es hier. Der am 12.9.1994 gestellte Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis hat die Erlaubnisfiktion des § 69 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AuslG ausgelöst, da die Klägerin sich zu diesem Zeitpunkt seit mehr als sechs Monaten rechtmäßig im Bundesgebiet aufhielt. Die Klägerin durfte auch einer Erwerbstätigkeit nachgehen, wobei in diesem Zusammenhang unerheblich ist, dass ihr dies infolge ihrer Erkrankung nicht möglich war. Mit Ablauf des 24.9.1995 war somit der Zweck des § 19 Abs. 2 Satz 1 AuslG erreicht.

Die Klägerin hat demnach lediglich Anspruch auf befristete Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nach pflichtgemäßem Ermessen gemäß § 19 Abs. 2 Satz 2 AuslG.

Ein Regelversagungsgrund nach § 7 Abs. 2 AuslG steht dem aus § 19 Abs. 2 Satz 2 AuslG folgenden Anspruch der Klägerin auf eine fehlerfreie Ermessensentscheidung über die befristete Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nicht entgegen. Zwar kommt § 7 Abs. 2 AuslG uneingeschränkt zur Anwendung, so dass im Fall des - hier gegebenen - Sozialhilfebezugs eine Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis regelmäßig ausgeschlossen ist (vgl. § 7 Abs. 2 Nr. 2 bzw. § 7 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 46 Nr. 6 AuslG). Ob die Voraussetzungen der Regelversagung im Einzelfall erfüllt sind, unterliegt der vollen gerichtlichen Nachprüfung. Die Worte "in der Regel" in § 7 Abs. 2 AuslG beziehen sich auf Regelfälle, die sich nicht durch besondere Umstände von der Menge gleich liegender Fälle unterscheiden. Ausnahmefälle sind durch einen atypischen Geschehensablauf gekennzeichnet, der so bedeutsam ist, dass er jedenfalls das sonst ausschlaggebende Gewicht des gesetzlichen Regelversagungsgrundes beseitigt (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.7.1993 - 1 C 25.93 -, BVerwGE 94, 39). Ist danach ein Regelfall gegeben, ist der Ausländerbehörde bei Vorliegen eines der in Abs. 2 genannten Regelversagungsgründe kein Ermessen bei der Entscheidung über die Aufenthaltsgenehmigung eingeräumt; diese muss vielmehr versagt werden. Andernfalls ist die Verlängerung oder Erteilung der Aufenthaltsgenehmigung weder vorgeschrieben noch ausgeschlossen; sie liegt vielmehr im pflichtgemäßen Ermessen. Bei der Klägerin ist ein Ausnahmefall anzunehmen, so dass über die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis - da kein Fall der "Ermessensreduktion auf Null" vorliegt - nach Ermessen zu entscheiden ist. Denn sie hat den Sozialhilfebezug nicht zu vertreten, da sie zwar arbeitswillig, aber aufgrund ihrer psychischen Erkrankung nicht arbeitsfähig ist. Im Rahmen der von der Beklagten zu treffenden Ermessensentscheidung dürfte der Klägerin angesichts ihrer Lebenssituation kaum vorgeworfen werden können, bestehende Unterhaltsansprüche gegen ihren geschiedenen Ehemann nicht realisiert zu haben. Nachdem dieser sich gegenüber dem Jugendamt, welches Unterhaltsansprüche der Tochter durchzusetzen versucht hat, erfolgreich auf mangelnde Leistungsfähigkeit berufen hat, ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin mit Aussicht auf Erfolg gegen ihn vorgehen könnte. Zudem dürfte ein etwaiger Unterhaltsanspruch gemäß § 91 BSHG auf den Sozialhilfeträger übergegangen sein, so dass es diesem obliegen würde, sich um die Realisierung des Anspruchs zu kümmern.