VGH Hessen

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Zitieren als:
VGH Hessen, Beschluss vom 30.06.2003 - 3 UE 290/02.A - asyl.net: M4094
https://www.asyl.net/rsdb/M4094
Leitsatz:

Ob Armeniern aus Aserbaidschan in Aserbaidschan politische Verfolgung droht, kann offengelassen werden, da sie in Berg-Karabach als inländische Fluchtalternative hinreichend sicher sind.

(Leitsatz der Redaktion)

Schlagwörter: Aserbaidschan, Armenier, Mischehen, gemischt-ethnische Abstammung, Gruppenverfolgung, Mittelbare Verfolgung, Russland, Armenien, Staatsangehörigkeit, Interne Fluchtalternative, Berg-Karabach, Sicherheitslage, Existenzminimum, Medizinische Versorgung, Situation bei Rückkehr, Abschiebungshindernis, Abschiebungsandrohung, Zielstaatsbezeichnung, Reisewege, Erreichbarkeit
Normen: AuslG § 51 Abs. 1; AuslG § 53 Abs. 6; AuslG § 50 Abs. 2
Auszüge:

Die Kläger haben keinen Anspruch auf Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG.

Zunächst kann dahinstehen, ob die Kläger im Besitz der aserbaidschanischen, der armenischen oder der russischen Staatsangehörigkeit sind, da sie hinsichtlich keines der genannten Länder Anspruch auf Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG haben.

Die nach ihrem Vortrag (...) in Baku geborenen Kläger haben nach ihren Angaben dort bis (...) gelebt, sodann bis (...) in Moskau und von (...) in Armenien. Nach einem weiteren (...) Aufenthalt in Moskau sind sie in die Bundesrepublik Deutschland ausgereist. Bei dieser Konstellation käme auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Ehemann der Klägerin zu 1. und Vater des Klägers zu 2. - der Kläger zu 1. in dem Verfahren (...) - ein (...) Armenien, geborener armenischer Volkszugehöriger ist, für die Kläger sowohl die aserbaidschanische, als auch die armenische, als auch die russische Staatsangehörigkeit in Betracht.

Der Senat hat jedoch davon abgesehen, die Staatsangehörigkeit der Kläger, ggfs. durch entsprechende Beweiserhebungen, abschließend zu klären, da die Frage letztendlich nicht entscheidungserheblich ist.

Hinsichtlich der Russischen Förderation ist nicht ersichtlich, dass die Kläger dort asylrechtserheblichen und damit auch im Rahmen des § 51 Abs. 1 AuslG zu beachtenden Benachteiligungen ausgesetzt gewesen wären. Allein die Tatsache, dass die Kläger nach ihren Angaben dort versucht haben als Asylbewerber anerkannt zu werden, was ihnen jedoch nicht gelungen sei, stellt keine an die Merkmale des § 51 Abs. 1 AuslG anknüpfende Verfolgungsmaßnahme dar. Im Übrigen hat das Auswärtige Amt in seiner Auskunft vom 28. November 2002 an das VG Schleswig ausgeführt, dass es nach Auskunft des Föderalen Emigrationsdienstes der Russischen Förderation in Moskau seit Ende der 80er Jahre im Zusammenhang mit dem militärischen Konflikt um Nagorny-Karabach Tausende von Flüchtlingen armenischer Volkszugehörigkeit aus Aserbaidschan in der Russischen Förderation gibt, insbesondere in Moskau. Die Flüchtlinge armenischer Volkszugehörigkeit aus Aserbaidschan wurden nach Ausführungen des Auswärtigen Amtes damals als sowjetische Staatsangehörige aufgrund eines speziellen Hilfsprogrammes der sowjetischen Regierung mit entsprechenden Flüchtlingspapieren versorgt und untergebracht. Die russischen Stellen übernahmen dann die Fortführung, wozu die Bereitstellung von ständigem Wohnraum und die bevorzugte Einbürgerung in die Staatsangehörigkeit der Russischen Föderation gehörten.

Hinsichtlich Armenien kann dahinstehen, ob die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG im Zeitpunkt des Aufenthalts der Kläger dort (8. Dezember 1996) vorgelegen haben, da die Kläger zumindest heute dort hinreichend sicher vor erneuten, auf ihre Volkszugehörigkeit abzielenden Verfolgungsmaßnahmen sind. Hierbei geht das Gericht davon aus, dass die Klägerin zu 1. mütterlicherseits aserbaidschanische und väterlicherseits armenische Volkszugehörige ist und der Kläger zu 2. damit von einer gemischt-ethnischen Mutter und einem armenischen Vater abstammt. Nach den gewaltsamen Ausschreitungen gegen Armenier in Aserbaidschan kam es im Gegenzug zu Verdrängungsmaßnahmen gegen die in Armenien lebenden Aserbaidschaner, sodass diese (teilweise unter dem Schutz der Regierung) das Land verließen. UNHCR hatte Kontakt zu den vereinzelt in Armenien verbliebenen Aserbaidschanern mit armenischen Ehepartnern, die jedoch mittlerweile nach Bedrohungen durch Nachbarn Armenien zumeist verlassen haben. Gegen Abkömmlinge aus armenisch-aserbaidschanischen Mischehen waren bei Bekanntwerden der Abstammung von einer/einem aserbaidschanischen Mutter/Vater Animositäten und bisweilen Diskriminierungen möglich. Seit dem Waffenstillstand 1994 hat sich die Situation jedoch insoweit entspannt. Heute ist es durchaus möglich, bei der Beantragung eines Reisepasses jegliche Volkszugehörigkeit, auch "Aseri" eintragen zu lassen (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Armenien, 16. Januar 2002).

Der Senat lässt weiter dahinstehen, ob der Vortrag der Kläger, sie seien als gemischt- ethnische Volkszugehörige in Aserbaidschan geboren und hätte sich dort bis Oktober 1992 aufgehalten, den Tatsachen entspricht, da selbst dann, wenn die Kläger als gemischt-ethnische Volkszugehörige aus Aserbaidschan stammen sollten, sie dort heute am Ort der inländischen Fluchtalternative Berg-Karabach hinreichend sicher vor erneuten asylrechtserheblichen Verfolgungsmaßnahmen sind und ihnen dort auch nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit sonstige existenzielle Gefährdungen drohen, die nach ihrer Intensität und Schwere einer asylerheblichen Rechtsgutbeeinträchtigung aus politischen Gründen gleichkommen und die so am Herkunftsort nicht bestünden. Hierbei geht der Senat davon aus, dass armenische Volkszugehörige aus Aserbaidschan dort im Zeitpunkt der behaupteten Ausreise der Kläger im Oktober 1992 Gruppenverfolgungsmaßnahmen ausgesetzt waren, denen sie sich mangels Erreichbarkeit auch nicht durch Übersiedlung nach Berg-Karabach entziehen konnten (so auch OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 20.09.2001 - 6 A 11 0/00 -, juris, Online Datenbanken, Asylis). Das Auswärtige Amt ist noch in seinem Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Aserbaidschan vom 13. April 1999 davon ausgegangen, dass Armenier in Aserbaidschan staatlichem Druck ausgesetzt sind.

Der Senat lässt es dahinstehen, ob die Kläger heute bei einer Rückkehr nach Aserbaidschan - ohne Berg-Karabach - dort hinreichend sicher vor Verfolgungsmaßnahmen wären, da sie am Ort der inländischen Fluchtalternative - Berg-Karabach - hinreichend sicher vor erneuten asylerheblichen Verfolgungsmaßnahmen sind, sie dort auch nicht anderen existenziellen Bedrohungen ausgesetzt sind, die so am Herkunftsort nicht bestünden, und die Enklave Berg- Karabach von Deutschland aus unproblematisch über Armenien erreichbar ist. Das Oberverwaltungsgericht für das Land Schleswig-Holstein hat in dem Urteil vom 12. Dezember 2002 - 1 L 239/01 - a.a.O. zum Vorliegen der inländischen Fluchtalternative zutreffend ausgeführt:...."Nach diesen Grundsätzen stellt das Gebiet von Berg-Karabach für den Beigeladenen eine geeignete Fluchtalternative dar. Vor einer Verfolgung durch den aserbaidschanischen Staat ist er hinreichend sicher, weil die aserbaidschanischen Behörden faktisch keine Kontrolle über diese Gebiete haben (Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 29.01.2002 über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Aserbaidschan; Auskunft vom 22.02.2002 an das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge). Anhaltspunkte für eine Änderung der Situation zu Lasten der armenischen Bevölkerungsmehrheit durch militärische Maßnahmen sind nicht ersichtlich. Der Waffenstillstand vom 12. Mai 1994 wird - abgesehen von gelegentlichen Schusswechseln - im Wesentlichen eingehalten. Parallel bemüht sich die von der OSZE eingesetzte Minsk-Gruppe um eine friedliche und dauerhafte Regelung des Konfliktes. Die Präsidenten Armeniens und Aserbaidschans haben sich gegenüber dem Europarat verpflichtet, den Konflikt auf friedlichem Weg zu lösen und treffen sich seit Mitte 1999 in unregelmäßigen Abständen zu bilateralen Gesprächen, um eine Kompromisslösung auszuhandeln (Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 29.01.2002). Selbst wenn es im Rahmen einer Friedensregelung zu einer Übernahme der Staatsgewalt durch die Republik Aserbaidschan kommen sollte, werden dadurch allenfalls ganz entfernt liegende Zweifel an der Sicherheit der ethnischen Armenier begründet. Denn in einer Friedensregelung wird sich die derzeit nicht nur militärische Überlegenheit der armenischen Seite niederschlagen (Armenien-Information des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge, Stand: Juli 2001; zum Ganzen: OVG Rheinland-Pfalz, a.a.O.). Trotz dieser Situation gehören die armenisch besetzten Gebiete in und um Berg-Karabach völkerrechtlich weiterhin zur Republik Aserbaidschan (Auswärtiges Amt, Auskunft vom 22.02.2002 an das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge). Eine Annexion oder eine Sezession hat nicht stattgefunden.

Durch die karabachischen Behörden drohen dem Beigeladenen keine Verfolgungsmaßnahmen.

Auch eine mittelbare Verfolgung des Beigeladenen durch die karabachische Bevölkerung kommt nicht in Betracht, denn in Berg-Karabah leben fast ausschließlich armenische Volkszugehörige. Wegen seiner halbaserischen Herkunft hat der Beigeladene keine Verfolgungsfurcht geäußert. Im Übrigen verneint der Senat auch bei Personen, die einer armenisch/aserischen Ehe entstammen und deren Name auf eine aserische Herkunft hindeutet, jedenfalls dann eine beachtlich wahrscheinliche Verfolgungsgefahr durch die armenische Bevölkerung in Berg-Karabach, wenn sie - wie der Beigeladene - die armenische Sprache beherrschen (vgl. Urt. v. 12.12.2002, 1L 103/02).

Der Beigeladene kann das Gebiet von Berg-Karabach auch erreichen und sich dort auf Dauer aufhalten, obwohl er nicht in Berg-Karabach aufgewachsen ist und dort auch keine Verwandten hat (aA VG Oldenburg, Urt. vom 02.09.2002 -1 A 3691/99).

Die Zuflucht nach Berg-Karabach scheidet auch nicht etwa wegen einer Gefährdung des wirtschaftlichen Existenzminimums aus. Nach Überzeugung des Senats ist der Beigeladene in Berg-Karabach vor einer wirtschaftlichen Existenzgefährdung hinreichend sicher.

Die Negativentwicklung der Wirtschaft konnte durch verschiedene Maßnahmen gestoppt werden.

Das Auswärtige Amt, das sich früher zu den Existenzmöglichkeiten für Flüchtlinge aus Aserbaidschan in Berg-Karabach sehr zurückhaltend geäußert hatte (Lagebericht Aserbaidschan v. 13.04.1999: "Sehr bescheidenes Leben in Flüchtlingsunterkünften"), stellt die Situation auf eine Anfrage des Verwaltungsgerichts Schleswig, die sich auf einen aserbaidschanischen Asylbewerber armenischer Volkszugehörigkeit nicht karabachischer Herkunft bezog, jetzt (Auskunft vom 23.05 2002) wie folgt dar: Die Lebens- und Versorgungssituation habe sich in Berg-Karabach wesentlich gebessert und der in Armenien angeglichen. Es seien eine Vielzahl von humanitären Organisationen unterschiedlicher Geberländer, aber vor allem gesponsert von der armenischen Diaspora in den USA, in Berg-Karabach tätig und trügen zur Verbesserung der Lebens- und Versorgungssituation bei. Dem Auswärtigen Amt lägen keine Erkenntnisse darüber vor, dass Geberländer oder humanitäre Hilfsorganisationen von den Hilfslieferungen bestimmte Personen ausschlössen. Nach den Erkenntnissen des Auswärtigen Amtes sei man in Berg-Karabach an einer Besiedlung interessiert und habe diesbezüglich mehrmals offizielle SteIlungnahmen und Aufrufe abgegeben. Genügend Wohnraum und Land seien vorhanden. Es siedelten sich inzwischen Einzelpersonen und Familien, nicht nur armenischer Volkszugehörigkeit aus den verschiedensten GUS-Staaten in Berg-Karabach an. Sie würden mit staatlichen Mitteln und Programmen gefördert. Auch werde Übersiedlern staatliche Unterstützung in der Zuweisung von Wohnraum, Grundstücken, Steuerbefreiungen etc. und humanitären Hilfsgütern gewährt. Für diesen Personenkreis würden auch einmalige finanzielle Mittel für Familien zur Verfügung gestellt. Auch die Auslagen für den Transport von der Republik Armenien bis zum zukünftigen Wohnort in Berg-Karabach würden erstattet. Hinsichtlich der Integrationsmöglichkeiten von Personen, die aus Berg-Karabach stammten und in Deutschland Asyl beantragt hätten, werde darauf hingewiesen, dass

es bekannt sei, dass im allgemeinen aus Deutschland Zurückkehrende nicht als mittellos gälten. Sie hätten in der Regel während ihres langjährigen Aufenthalts nicht unerhebliche Geldsummen erspart und seien bei Rückkehr im Vergleich zur ortsansässigen Bevölkerung im Herkunftsland bessergestellt. Einschränkungen hinsichtlich der Existenzmöglichkeiten ergeben sich aus dieser Auskunft nicht ansatzweise.

Andere Auskunftsquellen beurteilen die Situation für aus Deutschland zurückkehrende Asylbewerber nicht so optimistisch. Insbesondere für solche Rückkehrer, die - wie der Beigeladene - nicht aus Berg-Karabach stammen, werden die Existenzmöglichkeiten deshalb als schwierig beurteilt, weil sie keinen Anspruch auf Hilfsmaßnahmen hätten (Dr. ..., Auskunft vom 07.05.2002 s.o.; ..., Auskunft vom 05.07.2002 s.o.), bzw. diese nicht immer realisieren könnten (Deutsch-Armenische Gesellschaft, Auskunft vom 03.08.2002 s.o.).

Die Auskünfte hierzu sind insgesamt nicht eindeutig. Die Frage, ob und gegebenenfalls welche staatlichen Hilfen nicht karabachische Neuankömmlinge zu erwarten haben, bedarf letztlich aber keiner Aufklärung, denn die in den Auskünften erwähnten finanziellen Hilfen sind derart niedrig (vgl. Auskunft der Deutsch-Armenischen Gesellschaft vom 03.08.2002, alle Angaben umgerechnet in US-Dollar: ca. 45,50 US-Dollar für Familienoberhaupt, ca. 4,50 US-Dollar für jedes weitere Familienmitglied; Kredit von ca. 364 US-Dollar über 20 Jahre rückzahlbar), dass sie für die Sicherung der Existenz im Ergebnis nicht entscheidend sein können.

Angesichts der verhältnismäßig niedrigen Arbeitslosenquote (6,5 %), die u.a. auch darauf beruht, dass ein großer Teil der männlichen Bevölkerung weiterhin zum Militärdienst verpflichtet ist (zur Arbeitslosenquote und den Ursachen: Deutsch-Armenische Gesellschaft, Gutachten vom 03.08.2002, s.o.), und der insgesamt positiven Zukunftsprognose hinsichtlich der wirtschaftlichen Entwicklung (s.o.) spricht ganz Überwiegendes dafür, dass arbeitsfähige Neuankömmlinge in der Lage sein werden, in der karabachischen Arbeitswelt Fuß zu fassen.

Selbst wenn - entgegen der Auffassung des Senats - für den Beigeladenen das wirtschaftliche Existenzminimum in Berg-Karabach nicht gewährleistet wäre, so würde dies nicht die Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG rechtfertigen, denn das fehlende wirtschaftliche Existenzminimum wäre nicht verfolgungsbedingt. Art. 16 a GG und § 51 Abs. 1 AuslG schützen nicht vor der Rückführung in ein verfolgungssicheres Gebiet, wenn die dort herrschende Notlage keine andere ist als die am Herkunftsort. Der Zeitpunkt für den Vergleich der einander gegenüberzustellenden wirtschaftlichen Situationen hängt davon ab, für welchen Zeitpunkt die Frage das Bestehen einer inländischen Fluchtalternative zu beantworten ist. Geht es - wie hier - um die Frage, ob jedenfalls aus gegenwärtiger Sicht eine innerstaatliche Fluchtalternative besteht, so muss die wirtschaftliche Lage, die im verfolgungsfreien Gebiet herrscht, mit der Lage verglichen werden, die im Zeitpunkt der Rückkehr in dem Heimatstaat am Herkunftsort besteht. Entscheidend ist, ob eine am verfolgungssicheren Ort bestehende Notlage derjenigen am Herkunftsort gleicht. Ist das der Fall, so kommt die Gewährung von Asy und auch die Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG nicht in Betracht (BVerwG, Urt. v. 09.09.1997 a.a.O., S. 212). Entscheidend ist deshalb, ob die wirtschaftliche Lage bei einer Rückkehr nach Nitschewan oder auch in andere Teile Aserbaidschans maßgeblich besser wäre. Dies ist nicht der Fall, wie sich aus einem Vergleich der Lebens- und Versorgungssituation im übrigen Aserbaidschan mit derjenigen in Berg-Karabach ergibt. Die Situation in Berg-Karabach leitet der Senat ergänzend auch aus Auskünften zu Armenien ab, weil sich die Situation in Berg-Karabach derjenigen in Armenien angeglichen hat (Auswärtiges Amt, Auskunft vo 23.05.2002 s.o.)

Die medizinsche Versorgung erscheint in Berg-Karabach - relativ zu den übrigen Gebieten Asrbaidschans - besser."

Diesen Ausführungen schließt sich der Senat an.

Den Klägern steht schließlich auch nicht der in erster Instanz geltend gemachte Anspruch auf Feststellung des Vorliegens von Abschiebungshindernissen gemäß § 53 AuslG zu, über den infolge der Abweisung der Klage auf FeststeIlung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG in der Berufungsinstanz zu entscheiden ist (vgl. BVerwG, Urteile vom 15.04.1997 - 9 C 19.96 - BVerwGE 1 4,260 und vom 28.04.1998 - 9 C 2.98; sowie Beschluss vom 21.01.2000 - 9 B 89.99 -). Es ist nicht erkennbar, dass für die Kläger in Aserbaidschan, dort in der Enklave Berg-Karabach, die Gefahr der Folter bzw. die Gefahr der Todesstrafe besteht ( 53 Abs. 1 und 2 AuslG). Ebenso wenig sind die Voraussetzungen des § 53 Abs. 4 AuslG i. V. m. Art. 3 EMRK im Hinblick auf die Enklave Berg-Karabach gegeben. Diese Bestimmung setzt das Vorliegen einer individuellen, konkreten Gefahr voraus, unmenschlich oder erniedrigend behandelt zu werden.

Nach den oben gemachten Ausführungen sind derartige Gefahren ebenso wenig wie die in § 53 Abs. 6 Satz. 1 AuslG genannten konkreten erheblichen Gefahren für Leib, Leben oder Freiheit zu erwarten.

Hierbei ist die Benennung von Aserbaidschan als Zielstaat der Abschiebung ohne Einschränkung auf einen sicheren Gebietsteil nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes auch dann nicht zu beanstanden, wenn die Kläger außerhalb der Enklave Berg-Karabach materiell politische Verfolgung im Sinne des § 51 Abs. 1 AuslG zu befürchten hätten und nur in der Enklave Berg-Karabach hinreichend sicher sein sollten. § 50 Abs. 2 AuslG gebietet weder in den Fällen regionaler (oder örtlich begrenzter) politischer Verfolgung noch bei nicht landesweit bestehenden Abschiebungshindernissen im Sinne des § 53 Abs. 1, 2 oder 4 AuslG die Abschiebungsandrohung auf das sichere Teilgebiet des Abschiebezielstaats zu beschränken (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.11.1999 - 9 C 4/99 -, juris, Online Datenbanken, Asylis).