Ist ein ausgewiesener Ausländer aufgrund einer anderen rechtlichen Grundlage ebenfalls vollziehbar ausreisepflichtig (hier: Ablehnung des Asylantrags) und ist seine Abschiebung deshalb möglich, fehlt ihm das Rechtsschutzbedürfnis für einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsmittels gegen die Ausweisung.(Leitsatz der Redaktion)
Das Verwaltungsgericht hat den Antrag des Antragstellers, die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 16. März 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Senatsverwaltung für Inneres vom 3. April 2000, durch den der Antragsteller unter gleichzeitiger Anordnung der sofortigen Vollziehung aus der Bundesrepublik Deutschland ausgewiesen worden ist, wiederherzustellen, mit der Begründung zurückgewiesen, dem Antragsteller fehle für diesen Antrag das erforderliche Rechtsschutzinteresse, weil er aufgrund der - inzwischen unanfechtbaren - Ablehnung seines Asylantrages nebst Abschiebungsandrohung durch Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 15. Januar 2001 ohnehin vollziehbar ausreisepflichtig sei und abgeschoben werden könne. Selbst ein Erfolg seines vorliegenden Antrages würde mithin seine aufenthaltsrechtliche Rechtsposition nicht verbessern, so dass ein schützenswertes Interesse für die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die Ausweisung nicht zu erkennen sei. Die hiergegen geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses (§ 146 Abs. 4 VwGO a.F. i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sind nicht begründet.
Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts befindet sich in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des Senats zu Bedeutung und Reichweite der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen eine Ausweisungsverfügung (vgl. grundlegend Beschluss des Senats vom 8. Oktober 1999 - OVG 8 S 34.99 - m.w.N.). Danach hat die aufschiebende Wirkung einer gegen die Ausweisung gerichteten Klage ebenso wie die Wiederherstellung dieser Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 2. Alt. VwGO nach behördlicher Anordnung der sofortigen VolIziehung der Ausweisung lediglich zur Folge, dass die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht entfällt und der Ausländer deshalb nicht gemäß § 49 AuslG abgeschoben werden kann. Die übrigen Rechtswirkungen der Ausweisung, namentlich die so genannte Sperrwirkung (§ 8 Abs. 2 Satz 2 AuslG), aber auch das Einreiseverbot des § 8 Abs. 2 Satz 1 AuslG sowie die Beendigung der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts und das Erlöschen der Aufenthaltsgenehmigung gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 1 AuslG treten unabhängig davon ein, ob die Ausweisungsverfügung für sofort vollziehbar erklärt worden ist; sie können daher als für Behörden und Gerichte bindende gesetzliche Folgen der Ausweisung weder gemäß § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO der aufschiebenden Wirkung unterliegen noch kann diese gemäß Abs. 5 gerichtlich wiederhergestellt werden. Zur Begründung seiner Auffassung hat der Senat in dem genannten Beschluss vom 8 Oktober 1999 Folgendes ausgeführt (... )
An dieser Rechtsauffassung hält der Senat nach erneuter Überprüfung auch angesichts des Vorbringens des Zulassungsantrags und der dort zitierten Kommentierung von Vormeier (GK-AuslR II-§ 8 Rn. 57 f. sowie 11- 45 Rn. 840) fest. Die dort vertretene Auffassung ist nicht mit der oben zitierten Kommentierung von Funke-Kaiser in GK-AuslR II und nicht mit § 72 Abs. 2 S,tz 1 AuslG vereinbar, weil die in dieser Vorschrift getroffene Entscheidung des Gesetzgebers zur bloßen Vollzugshemmung der aufschiebenden Wirkung nicht beachtet wird.
Auf der Grundlage seines mithin zutreffenden Verständnisses der Vorschrift des § 72 Abs. 2 Satz 1 AuslG hat das Verwaltungsgericht folglich zu Recht entschieden, dass ein Rechtsschutzinteresse des Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung hinsichtlich der für sofort vollziehbar erklärten Ausweisungsverfügung nicht besteht, weil selbst ein Erfolg seines vorliegenden Antrages an seiner anderweitig vollziehbaren Ausreisepflicht nichts zu ändern vermöchte. Denn wegen der vollziehbaren asylverfahrensrechtlichen Abschiebungsandrohung ist er (unabhängig von der Vollziehbarkeit der Ausweisungsverfügung) vollziehbar ausreisepflichtig ist und kann nach § 49 Abs. 1 AuslG abgeschoben werden, wenn er nicht freiwillig ausreist.
Entgegen der Auffassung des Antragstellers wäre im Übrigen ein Rechtsschutzinteresse für den vorliegenden Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Ausweisungsverfügung auch nicht zur Vermeidung einer mit Art. 19 Abs. 4 GG unvereinbaren Rechtschutzlücke anzunehmen. Die von ihm befürchtete Gefahr, allein aufgrund einer asylverfahrensrechtlichen Abschiebungsandrohung abgeschoben zu werden, ohne dass eine - wenigstens inzidente - gerichtliche Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Ausweisung und ihrer nachteiligen aufenthaltsrechtlichen Folgen (im vorliegenden Fall Erlöschen seiner Aufenthaltsgenehmigung gemäß § 44 Abs. Nr. 1 AuslG) möglich sei, besteht nicht.
Denn die Rechtmäßigkeitskontrolle der Ausweisungsverfügung hätte gegebenenfalls inzident im asylverfahrensrechtlichen Aussetzungsverfahren stattzufinden. Der Erlass der Abschiebungsandrohung nach § 34 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG setzt nämlich u.a. voraus, dass der Ausländer keine Aufenthaltsgenehmigung besitzt. Beruht der Verlust der Aufenthaltsgenehmigung - wie hier - auf den Wirkungen einer vor Asylantragstellung verfügten Ausweisung, kann der Ausländer in einem gegen die asylverfahrensrechtliche Abschiebungsandrohung gerichteten Verfahren gemäß § 80 Abs. 5 V GO effektiven Rechtsschutz erlangen, indem er geltend macht, die Tatbestandsvoraussetzungen der Abschiebungsandrohung gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG seien nicht erfüllt, weil die Ausweisung offensichtlich rechtswidrig sei, nicht zum Erlöschen seiner Aufenthaltsgenehmigung geführt habe und die asylverfahrensrechtliche Abschiebungsandrohung deshalb gemäß § 43 Abs. 1 AsylVf G erst vollzogen werden dürfe, wenn die durch seine Ausweisung begründete Ausreisepflicht vollziehbar geworden sei (§ 42 Abs. 2 Satz 2 AuslG).