EuGH

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Zitieren als:
EuGH, Urteil vom 23.09.2003 - C-109/01 - asyl.net: M4205
https://www.asyl.net/rsdb/M4205
Leitsatz:

Die Rechte aus Art. 10 der EU-Verordnung Nr. 1612/68 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer stehen einem mit einem Unionsbürger verheirateten Drittstaatsangehörigen nur dann zu, wenn es sich nicht um eine Scheinehe zur Umgehung der Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen handelt; allein der Umstand, dass sich der Unionsbürger und sein Ehegatte nur deshalb in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassen haben, um bei ihrer Rückkehr in den Genuss vom Gemeinschaftsrecht zu kommen, steht der Anwendung von Gemeinschaftsrecht nicht entgegen; allerdings ist Art. 10 der EU-Verordnung Nr. 1612/68 nur anwendbar, wenn sich der Drittstaatsangehörige zumZeitpunkt der Abwanderung rechtmäßig im ersten Mitgliedstaat aufhält; gleichwohl muss das Recht auf Achtung des Familienlebens gem. Art. 8 EMRK berücksichtigt werden.(Leitsatz der Redaktion)

Schlagwörter: Gemeinschaftsrecht, Freizügigkeit, Arbeitnehmer, Drittstaatsangehörige, Ehegatte, Unionsbürger, Scheinehe, Schutz von Ehe und Familie
Normen: VO Nr. 1612/68 Art. 10 Abs. 1; VO Nr. 1612/68 Art. 10 Abs. 3; EMRK Art. 8
Auszüge:

- In einer Situation wie der des Ausgangsverfahrens stehen die Rechte aus Artikel 10 der Verordnung Nr. 1612/68 dem mit einem Unionsbürger verheirateten Drittstaatsangehörigen nur dann zu, wenn er sich in dem Zeitpunkt rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, in dem er in einen anderen Mitgliedstaat zieht, in den der Unionsbürger abwandert oder abgewandert ist.

- Artikel 10 der Verordnung Nr. 1612/68 findet keine Anwendung, wenn der Angehörige eines Mitgliedstaats und der Drittstaatsangehörige eine Scheinehe zur Umgehung der für Drittstaatsangehörige geltenden Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen geschlossen haben.

- Bei einer Ehe zwischen einem Angehörigen eines Mitgliedstaats und einem Drittstaatsangehörigen, die keine Scheinehe ist, ist der Umstand, dass sich die Ehegatten in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassen haben, um bei ihrer Rückkehr in den Mitgliedstaat, dem der erstgenannte Ehegatte angehört, in den Genuss der vom Gemeinschaftsrecht verliehenen Rechte zu kommen, für die Beurteilung ihrer Rechtslage durch die zuständigen Stellen des letztgenannten Staates unerheblich.

- Stehen in dem Zeitpunkt, in dem ein Angehöriger eines ersten Mitgliedstaats, der mit einem Drittstaatsangehörigen verheiratet ist und mit ihm in einem zweiten Mitgliedstaat lebt, in den Mitgliedstaat, dem er angehört, zurückkehrt, um dort eine unselbständige Berufstätigkeit auszuüben, seinem Ehegatten keine Rechte nach Artikel 10 der Verordnung Nr. 1612/68 zu, weil sich der Ehegatte nicht rechtmäßig im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats aufgehalten hat, so müssen die zuständigen Stellen des ersten Mitgliedstaats gleichwohl bei der Prüfung des Antrags des Ehegatten, in das Hoheitsgebiet dieses Staates einzureisen und sich dort aufzuhalten, das Recht auf Achtung des Familienlebens im Sinne des Artikels 8 der EMRK berücksichtigen, wenn die Ehe keine Scheinehe ist.