Keine Verletzung der richterlichen Aufklärungspflicht wegen Nichtzitierung einzelner Auskünfte; kein Verstoß gegen das Selektionsverbot.
(Leitsatz der Redaktion)
Die Beschwerde sieht eine Verletzung der richterlichen Aufklärungspflicht zunächst darin, dass sich dem Berufungsgericht eine weitere Aufklärung zu der Frage hätte aufdrängen müssen, "ob lediglich - herausragend aktive, überregionale Führungspersönlichkeiten monarchistischer Organisationen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit für den Fall ihrer Rückkehr in den Iran politische Verfolgung zu befürchten haben und deshalb der Kläger eine derartige Furcht nicht geltend machen kann."
Dem Berufungsgericht musste sich aus seiner tatrichterlichen Sicht und nach seinem tatrichterlichen Ermessen eine weitere Aufklärung des Sachverhalts zu den von der Beschwerde angesprochenen Tatsachenfragen aufgrund der in das Verfahren eingeführten und von ihm verwerteten Erkenntnisquellen nicht aufdrängen, zumal der anwaltlich vertretene Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht insoweit nicht von sich aus durch das Stellen von Beweisanträgen auf eine weitere Aufklärung hingewirkt hat. Das Berufungsgericht hat (aufbauend und Bezug nehmend auf die Rechtsprechung des 9. Senats des Verwaltungsgerichtshofs) mit dem von ihm - offensichtlich auswählend und zusammenfassend - zitierten neueren Erkenntnismitteln seine Würdigung nachvollziehbar dargelegt und hinreichend belegt, indem es auf die für ihn leitend gewesenen Erkenntnisse in den verwerteten Erkenntnismaterialien ausdrücklich Bezug genommen und diese zitiert hat. Soweit die Beschwerde die - allenfalls problematische - "Zuspitzung" der Feststellung des Berufungsgerichts auf überregional tätige Führungspersönlichkeiten angreift, fehlt es im Übrigen bereits an einer schlüssigen Darlegung, inwiefern es hierauf für den Fall des Klägers entscheidungserheblich angekommen sein soll. Hätte sich die Beschwerde mit den umfangreichen Ausführungen im Berufungsurteil zu den exilpolitischen Aktivitäten des Klägers näher befasst, hätte sie eine derartige Entscheidungserheblichkeit auch nicht darlegen können; die Feststellung, dass es sich bei dem Kläger nicht "um eine der herausragenden Führungspersonen der N.I.D. in Deutschland" handele, steht dem nicht entgegen.
Auch der weitere Vorwurf, das Berufungsgericht habe "nicht alle möglichen und verfügbaren Erkenntnisquellen ausgeschöpft" und dabei gegen das so genannte "Selektionsverbot" verstoßen, ist weder schlüssig dargelegt noch trifft er zu.
Das Berufungsgericht hat seine im Einzelnen begründete Einschätzung und Würdigung aus mehreren Erkenntnismitteln abgeleitet und war nicht verpflichtet, jede Einzelheit oder alle sich etwa nicht voll entsprechenden Angaben in den eingeführten Erkenntnismitteln einander gegenüber zu stellen und ausführlich zu bewerten (vgl. Beschluss vom 22. Juli 1999 - BVerwG 9 B 429.99 - Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 214). Davon abgesehen legt die Beschwerde nicht dar, inwiefern die hier behauptete selektive Verwertung einzelner Erkenntnismittel, die in das Verfahren eingeführt worden sind, einen Verfahrensverstoß durch pflichtwidrig unterlassene Aufklärung nach § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO - wie geltend gemacht - enthalten soll; ein den zitierten Urteilen des früher für das Asylrecht zuständigen 9. Senats (vom 20. März 1990 - BVerwG 9 C 91.89 - BVerwGE 85, 92 = InfAuslR 1990, 243 = NVwZ 1990,878 und vom 21. November 1989 - BVerwG 9 C 53.89 - Buchholz 310 § 86 AbS. 1 VwGO Nr. 213 = InfAuslR 1990, 99) vergleichbarer Fall liegt hier offensichtlich nicht vor. Im Übrigen sind auch im Asylrechtsstreit Fehler in der Sachverhalts- und Beweiswürdigung regelmäßig revisionsrechtlich nicht dem Verfahrensrecht, sondern dem sachlichen Recht zuzurechnen. Mit Angriffen gegen die Sachverhalts- und Beweiswürdigung der Tatsacheninstanz kann daher ein Verfahrensmangel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO grundsätzlich nicht begründet werden. Ein Verfahrensverstoß kommt ausnahmsweise dann in Betracht, wenn das Gericht von einem unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt ausgeht, es insbesondere Umstände übergeht, deren Entscheidungserheblichkeit sich ihm hätte aufdrängen müssen und deshalb seiner Überzeugungsbildung nicht das Gesamtergebnis des Verfahrens zugrunde legt, oder allenfalls noch bei einer von Willkür geprägten Beweiswürdigung (vgl. Urteil vom 5. Juli 1994 - BVerwG 9 C 158.94 - BVerwGE 96, 200 20.9> und Beschluss vom 2. November 1995 - BVerwG 9 B 710.94 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 266 = NVwZ-RR 1996, 359). Für eine derart grobe und eindeutige Verletzung des Gebots der freien Beweiswürdigung lässt sich der Beschwerde hier (und im Folgenden) nichts entnehmen. Namentlich kann aus der Nichterwähnung einzelner Umstände regelmäßig nicht geschlossen werden, das Gericht habe diese bei seiner Entscheidung unberücksichtigt gelassen (Urteil vom 5. Juli 1994 a.a.O.; vgl. auch Beschluss vom 22. Juli 1999 a.a.O.). Nichts anderes gilt hinsichtlich der Nichterwähnung einzelner Erkenntnismittel, zumal wenn sie das Gericht - wie hier - zuvor selbst in das Verfahren eingeführt hat. Wie umfangreich und detailliert im Urteil die Gründe anzugeben sind, die für die richterliche Überzeugungsbildung leitend gewesen sind (vgl. § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO), lässt sich nicht abstrakt umschreiben. Im Allgemeinen genügt es, wenn der Begründung entnommen werden kann, dass das Gericht eine vernünftige und der jeweiligen Sache angemessene Gesamtwürdigung und Beurteilung vorgenommen hat. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass das Gericht seiner Pflicht aus § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO genügt und seiner Entscheidung das Vorbringen der Beteiligten sowie den festgestellten Sachverhalt vollständig und richtig zugrunde gelegt hat. Nur wenn sich aus den besonderen Umständen des Falles deutlich ergibt, dass ein Gericht seine Pflicht zur richtigen und vollständigen Berücksichtigung des entscheidungserheblichen, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens geschöpften Tatsachenstoffs verletzt hat, kann ein Verstoß im Einzelfall festgestellt werden (vgl. entsprechend zur Gehörsverletzung nach Art. 103 Abs. 1 GG etwa BVerfGE 96, 205 216 f.> m.w.N.). Lässt das Gericht in seiner Entscheidung gewichtige Tatsachen oder Tatsachenkomplexe, deren Entscheidungserheblichkeit sich aufdrängt, unerwähnt, so spricht dies allerdings dafür, dass es sie entweder nicht zur Kenntnis genommen oder jedenfalls nicht in Erwägung gezogen hat (vgl. Beschluss vom 12. Juli 1999 - BVerwG 9 B 374.99 - Buchholz 310 § 130a VwGO Nr. 43 unter Hinweis auf das Urteil vom 5. Juli 1994 a.a.O.). Das ist hier jedoch nicht der Fall.
Die Beschwerde verfehlt schließlich die Anforderungen an eine das rechtliche Gehör verletzende Überraschungsentscheidung (vgl. zuletzt etwa Beschluss vom 25. Mai 2001 - BVerwG 4 B 81.00 - Buchholz 310 § 108 Abs. 2 VwGO Nr. 34 und BVerfG, Kammer-Beschluss vom 23. Dezember 2002 - 2 BvR 1439/02 - <juris>), wenn sie meint, aus der Entscheidung über die Zulassung der Berufung hätte der Kläger "nicht damit rechnen" müssen, "dass aus der insoweit maßgeblichen rechtlichen Sicht des Berufungsgerichts zusätzlich zu den im erstinstanzlichen und berufungsgerichtlichen Verfahren abgegebenen Erklärungen und angegebenen Beweismitteln weitere Ausführungen zur Entscheidungserheblichkeit der exilpolitischen Aktivitäten erforderlich" gewesen seien, und dass "der Kläger vor dem Hintergrund der Begründung des berufungsgerichtlichen Zulassungsbeschlusses mit den im angefochtenen Urteil aufgestellten Anforderungen an exilpolitische Aktivitäten überrascht" worden sei.
Auch damit wendet sich der Beschwerdeführer letztlich nur gegen die von ihm nicht erwartete und für unrichtig gehaltene prognostische Bewertung seiner exilpolitischen Tätigkeit im Hinblick auf eine Gefährdung bei Rückkehr in den Iran, die jedoch insbesondere durch den Zulassungsbeschluss nicht vorgezeichnet war.
Auch die Rüge, das Berufungsgericht habe " pflichtwidrig eine Aufklärung der Anwendungspraxis des islamischen Strafgesetzes vom 19. Oktober 1995 und deren Relevanz für rückkehrende Anhänger der monarchistischen Exilopposition unterlassen" ist weder schlüssig dargelegt noch begründet.