VGH Baden-Württemberg

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Zitieren als:
VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.09.2003 - 11 S 1795/03 - asyl.net: M4671
https://www.asyl.net/rsdb/M4671
Leitsatz:

Eine aufenthaltsrechtlich erhebliche und insoweit schutzwürdige Eingliederung in die in der Bundesrepublik Deutschland bestehenden Lebensverhältnisse kann während des Aufenthalts eines Ausländers, der sich nicht rechtmäßig in Deutschland aufhält, grundsätzlich nicht erfolgen.(Amtlicher Leitsatz)

Schlagwörter: D (A), Duldung, Erwerbstätigkeit, Auflage, Ermessen, Integration
Normen: VwGO § 80 Abs. 5; AuslG § 56 Abs. 3 S. 3
Auszüge:

[...]

Die Beschwerden der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 17.7.2003 sind zulässig, jedoch nicht begründet.

Das Verwaltungsgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss die Anträge der Antragsteller - eines am ... geborenen Staatsangehörigen von Serbien und Montenegro [Antragsteller zu 1] und seiner am ... geborenen Ehefrau, die dieselbe Staatsangehörigkeit besitzt [Antragstellerin zu 2] - abgelehnt, ihnen vorläufigen Rechtsschutz nach § 80 Abs. 5 VwGO mit dem Ziel zu gewähren, die aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen die - unter Anordnung der sofortigen Vollziehung verfügte - Auflage unter Nr. 2 in der Entscheidung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 12.5.2003 wiederherzustellen, mit der den Antragstellern die ihnen erteilte Duldung dahingehend beschränkt wurde, dass ihnen eine Erwerbstätigkeit nicht gestattet wurde. [...]

Nach der hier maßgeblichen gesetzlichen Bestimmung des § 56 Abs. 3 Satz 3 AuslG kann mit einer Duldung das Verbot oder Beschränkungen der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit angeordnet werden. Die Ausländerbehörde trifft dabei eine Ermessensentscheidung, die vom Gericht nur dahingehend überprüft werden kann, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist (§ 114 Satz 1 VwGO). In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg ist anerkannt, dass es der Intention des Ausländergesetzes entspricht, wenn die Ausländerbehörden im Rahmen ihres Ermessens aus einwanderungspolitischen Gründen den Aufenthalt eines geduldeten Ausländers so ausgestalten, dass eine - seine spätere Entfernung aus dem Bundesgebiet unter Umständen hindernde - (auch nur faktische) Integration in die hiesigen Lebensverhältnisse vermieden wird, um nach Wegfall des Abschiebungshindernisses die Ausreisepflicht ohne Verzug durchsetzen zu können. Bei abgelehnten Asylbewerbern - wie hier den Antragstellern - besteht regelmäßig ein öffentliches Interesse daran, dass sie nach dem Abschluss des Asylverfahrens das Bundesgebiet verlassen (vgl. zu diesen Fragen BVerwG, Beschluss vom 28.12.1990 - 1 B 14.90 -, Buchholz 402.24 § 17 AuslG Nr. 8; VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 6.4.2000 - 10 S 2583/99 -, VBlBW 2000, 325 = AuAS 2000, 184, vom 16.5.2001 - 11 S 749/01 - und vom 23.6.2003 - 11 S 1671/02 -). Die dementsprechend gegenüber den Antragstellern verfügte Auflage ist auch unter Berücksichtigung der von ihnen geltend gemachten Umstände rechtlich nicht zu beanstanden. Entgegen ihrer Ansicht können sich die Antragsteller nicht mit Erfolg gegenüber den aufenthaltsrechtlich erheblichen einwanderungspolitischen Zwecken, die vom Regierungspräsidium mit der angefochtenen Auflage zu Recht mit dem Ziel verfolgt werden, einer weiteren tatsächlichen Verfestigung des Aufenthalts der Antragsteller durch eine fortdauernde Teilnahme am Erwerbsleben entgegenzuwirken, auf eine aufenthaltsrechtlich schutzwürdige Integration in Deutschland berufen. Dies ergibt sich insbesondere daraus, dass die Antragsteller bereits seit längerer Zeit vollziehbar ausreisepflichtig sind und bisher ihrer Ausreisepflicht nicht freiwillig nachgekommen sind. Der Antragsteller zu 1 ist - nach rechtskräftigem Abschluss seines erfolglos betriebenen Asylverfahrens - seit Juli 1997, die Antragstellerin zu 2 - nach ebenfalls erfolglosem Asylverfahren - seit Februar 1997 vollziehbar ausreisepflichtig. Allein der Umstand, dass ihre Abschiebung jeweils - u.a. wegen einer (ebenfalls erfolglos gebliebenen) Petition an den Landtag von Baden-Württemberg - zeitweise ausgesetzt wurde und ihnen deshalb Duldungen erteilt wurden (vgl. § 55 Abs. 1 AuslG), begründet keine aufenthaltsrechtlich schutzwürdige Position. Eine aufenthaltsrechtlich erhebliche und insoweit schutzwürdige Eingliederung in die in der Bundesrepublik Deutschland bestehenden Lebensverhältnisse kann während des Aufenthalts eines Ausländers, der sich nicht rechtmäßig in Deutschland aufhält, grundsätzlich nicht erfolgen. Denn für einen ordnungsgemäßen Aufenthalt im Bundesgebiet ist nach dem geltenden deutschen Ausländerrecht der Besitz einer Aufenthaltsgenehmigung Voraussetzung (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 1 AuslG); eine Duldung hingegen gewährt keinen legalen, ordnungsgemäßen Aufenthalt, sondern schützt einen Ausländer, der sich illegal hier aufhält, lediglich vorübergehend vor einer - sonst rechtlich zwingend gebotenen (vgl. § 49 Abs. 1 AuslG) - Abschiebung, lässt aber die Ausreisepflicht unberührt (§ 56 Abs. 1 AuslG). Entgegen der Ansicht der Antragsteller ist nichts dafür ersichtlich, dass der Erlass der angefochtenen Auflage "ein reiner Willkürakt" sei, "der dazu geeignet sein soll, die Antragsteller regelrecht 'auszuhungern'". [...]