VG Oldenburg

Merkliste
Zitieren als:
VG Oldenburg, Urteil vom 27.01.2004 - 12 A 550/03 - asyl.net: M5055
https://www.asyl.net/rsdb/M5055
Leitsatz:

Schwerwiegende psychische Erkrankungen, zu deren Behandlung eine psychotherapeutische Behandlung zwingend erforderlich ist, können im Kosovo im Rahmen der öffentlichen Gesundheitsfürsorge nicht hinreichend medizinisch behandelt werden.

Zwar können schwerwiegende psychische Erkrankungen in Serbien und Montenegro (außerhalb des Kosovo) grundsätzlich hinreichend medikamentös und psychotherapeutisch behandelt werden, indes stehen mittellosen Angehörigen ethnischer Minderheiten aus dem Kosovo diese Behandlungsmöglichkeiten in der Regel de facto nicht offen.

Die Gefahren, die psychisch Erkrankten wegen der unzureichenden medizinischen Behandlungsmöglichkeiten im Kosovo drohen, stellen keine allgemeine Gefahr im Sinne des § 53 Abs. 6 S. 2 AuslG dar.

Zur Abgrenzung zwischen § 53 Abs. 6 S. 1 und S. 2 AuslG bei Gefahren eines Erkrankten wegen unzureichender medizinischer Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat infolge fehlender finanzieller Mittel.(Amtliche Leitsätze)

Schlagwörter: Serbien und Montenegro, Kosovo, Roma, Traumatisierte Flüchtlinge, Psychische Erkrankung, Posttraumatische Belastungsstörung, Suizidgefahr, Folgeantrag, Wiederaufgreifen des Verfahrens, Glaubwürdigkeit, fachärztliche Stellungnahmen, Situation bei Rückkehr, Abschiebungshindernis, Medizinische Versorgung, Finanzierbarkeit, Allgemeine Gefahr
Normen: AuslG § 53 Abs. 6 S. 1; AuslG § 53 Abs. 6 S. 2
Auszüge:

Die Voraussetzungen eines Abschiebungshindernisses nach § 53 Abs. 6 S. 1 AuslG liegen zugunsten der Klägerin bezogen auf Serbien und Montenegro vor.

Es ist mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu befürchten, dass sich der Gesundheitszustand der Klägerin im Falle einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat alsbald wesentlich verschlechtern wird, so dass eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib und Leben zu befürchten ist.

Zwar bestehen Zweifel, ob die Klägerin tatsächlich unter einer posttraumatischen Belastungsstörung leidet.

Nach Auffassung der Kammer ist eine ärztliche Stellungnahme zur Glaubhaftmachung einer Gefährdung infolge posttraumatischer Belastungsstörung nicht geeignet, wenn sie allein auf vom Arzt nicht weiter überprüften und möglicherweise nicht überprüfbaren Angaben des Ausländers beruht. Es ist nicht außer Acht zu lassen, dass der Betroffene häufig ein Interesse an der Feststellung der Krankheit hat, um die Abschiebung zu verhindern. Für denjenigen, der festzustellen hat, ob die geltend gemachte Krankheit objektiv vorhanden ist, darf es deshalb ein ungeprüftes Vertrauen in die Angaben des Betroffenen bis zur Feststellung des Gegenteils nicht geben (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 4. November 2003 - 15 A 5193/00.A -, V.n.b.).

Ob und unter welchen Voraussetzungen der Betroffene seine bisherigen nach diesen Grundsätzen nicht glaubhaften Darlegungen ergänzen kann oder ob das Gericht von Amts wegen Anlass sieht, den Sachverhalt weiter aufzuklären, bleibt dem jeweiligen Einzelfall überlassen. Auch bei Nichtnachweisbarkeit einer bestimmten Art einer psychischen Erkrankung - beispielsweise einer posttraumatischen Belastungsstörung - kann eine psychische Krankheit gleichwohl nachgewiesen sein. Auch dann ist es eine Frage des Einzelfalles, welche Bedeutung psychische Störungen, die etwa in migrationbedingten Anpassungsstörungen begründet sind oder genetischer Art sind, bei der Frage haben, ob zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse vorliegen.

Zweifel an der Richtigkeit des Vorbringens der Klägerin gegenüber ihrem behandelnden Arzt und damit an der Richtigkeit seiner Feststellungen zur posttraumatischen Belastungsstörung bestehen deshalb, weil die Ausführungen zu dem das Trauma auslösenden Ereignis widersprüchlich sind.

Nach Auffassung des Gerichts ist den vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen und dem Vorbringen der Klägerin nicht zu entnehmen, dass ein einzelnes außergewöhnlich belastendes Ereignis und eine solche Situation Ursache der psychischen Erkrankung ist. Es sind vielmehr verschiedene Ursachen heranzuziehen. Dabei ist anzunehmen, dass die Klägerin mal die eine und dann die andere Ursache betont und diese - offenbar ohne näheres Nachfragen - den ärztlichen Diagnosen zugrunde gelegt wird.

Aufgrund der in den angeführten ärztlichen Bescheinigungen dokumentierten Symptome, vor allem der über einen längeren Zeitraum wiederholt festgestellten Suizidalität der Klägerin, einschließlich der getroffenen Diagnosen, ist das Gericht aber davon überzeugt, dass unabhängig von den Ursachen und der exakten medizinischen Einordnung der Erkrankung eine erhebliche psychische Erkrankung der Klägerin gegeben ist. So befand sich die Klägerin vom (...) und zuletzt nach einem weiteren Suizidversuch (Tablettenvergiftung) vom (...) in stationärer Behandlung der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie des Kreiskrankenhauses Norden. In einem solchen Einzelfall beruhen die insoweit übereinstimmenden ärztlichen Diagnosen nicht allein auf Angaben der Klägerin. Ihnen liegen auch äußerlich erkennbare objektive Befundtatsachen zugrunde. Unabhängig von den Ursachen liegt somit eine noch andauernde behandlungsbedürftige psychische Erkrankung der Klägerin vor.

Bezogen auf den Kosovo kann die psychische Erkrankung der Klägerin, die das Gericht aufgrund der wiederholt und über einen längeren Zeitraum festgestellten Suizidalität als schwerwiegend erachtet, unter Zugrundelegen der in das Verfahren eingeführten Erkenntnismittel nicht ausreichend medizinisch behandelt werden, um erhebliche konkrete Gefahren für Leib und Leben der Klägerin abzuwenden.

Zwar ist die allgemeine medizinische Grundversorgung wie auch die Versorgung in akuten Notfällen für jedermann im Kosovo grundsätzlich gewährleistet, wenn auch nach wie vor komplizierte Behandlungen oder operative Eingriffe nur begrenzt möglich sind.

Dagegen sind psychische Erkrankungen nach den vorliegenden Erkenntnismitteln im Kosovo weiterhin nur eingeschränkt behandelbar, wobei sich die Behandlung im Regelfall auf eine medikamentöse Behandlung beschränkt.

Es wird berichtet, dass in Nachkriegsgebieten wie dem Kosovo mit einer deutlichen erhöhten Rate von ca. 7 bis 10 v.H. der Bevölkerung an psychisch Kranken, die einer Behandlung bedürfen, zu rechnen sei (Schlüter-Müller, Sachverständigengutachten an VG Frankfurt a.M. vom 29. Juli 2003).

Zur Versorgung psychisch Erkrankter führt das Deutsche Verbindungsbüro Kosovo aus, dass es in den Krankenhäusern in Pristina (Prishtinë), Prizren (Perzeren), Pec (Pejë), Ðjakovica (Gjakovë) und Mitrovica (Mitrovicë) psychiatrische Abteilungen gebe. Die Therapie erfolge regelmäßig medikamentös und sei kostenlos. Eine psychotherapeutische Gesprächstherapie könne im Kosovo nicht durchgeführt werden. Posttraumatische Belastungsstörungen würden mit dem Medikament Haloperidol behandelt werden (Deutsches Verbindungsbüro Kosovo an VG Frankfurt a.M. vom 6. Februar 2002, an VG Freiburg vom 11. Februar 2002, an VG Schwerin vom 11. März 2002, an VG Frankfurt (Oder) vom 6. August 2002, an VG Arnsberg vom 30. August 2002 und an VG Wiesbaden vom 12. September 2002; vgl. auch KIP vom 20. August 2002; Deutsche Botschaft Belgrad an VG Aachen vom 12. August 2003). Nach dem ausführlichen Gutachten von Dr. Schlüter-Müller gibt es im Kosovo nur eine sehr schwache psychiatrische Grundversorgung. So stünden sieben ambulante neuro-psychiatrische Dienste zur Verfügung. Die Behandlung erfolge ausschließlich medikamentös; der Prävention komme keine Bedeutung zu. Im Kosovo arbeiteten lediglich zwei Psychologen mit posttraumatischen Belastungsstörungen. Der Großteil der Neuro-Psychiater arbeitete ebenfalls mit diesem Störungsbild, ohne dafür jedoch eine Ausbildung zu haben. Die Zustände in der Psychiatrie im Kosovo seien "unbeschreiblich schrecklich". Daneben stehe nur eine sehr begrenzte Zahl von Medikamenten zur Verfügung, die häufig selbst bezahlt werden müssten (Schlüter-Müller, Sachverständigengutachten an VG Frankfurt a.M. vom 29. Juli 2003; vgl. auch Informationsstelle der Deutschen Caritas und Diakonie in Pristina vom 17. Februar 2003 und Monatsbericht Oktober/November 2002). Nach der Auskunft des Auswärtigen Amtes ist eine (wohl nicht schwerwiegende) reaktive Depression im Kosovo behandelbar. Auch stünden Antidepressiva für Patienten kostenfrei zu Verfügung, während eine Psychotherapie nur sehr eingeschränkt möglich sei (Deutsche Botschaft Belgrad an das VG Cottbus vom 10. Januar 2003; vgl. Deutsche Botschaft Belgrad an VG Frankfurt (Oder) vom 2. Oktober 2002; Deutsches Verbindungsbüro Kosovo vom 11. Dezember 2002; vgl. bezüglich einer Behandelbarkeit posttraumatischer Belastungsstörungen: Deutsches Verbindungsbüro Kosovo vom 30. August 2002, 17. September 2002, 26. Juni 2003 und 2. Juli 2003), während schwerwiegende psychische Krankheiten im Kosovo nicht ausreichend medizinisch behandelbar seien; insbesondere könne im Kosovo eine psychotherapeutische Behandlung nicht durchgeführt werden (vgl. UNHCR vom 22. Juli 2003 und vom 29. September 2003).

Unter Zugrundelegen dieser Auskünfte geht das Gericht davon aus, dass die erhebliche psychische Erkrankung der Klägerin im Kosovo nicht hinreichend behandelt werden kann, so dass eine konkrete und erhebliche Gefährdung für Leib und Leben im Falle einer Rückkehr besteht:

Zwar sind die zuletzt verordneten Medikamente zur Behandlung der psychischen Erkrankung der Klägerin (die Medikamente Atosil - Wirkstoff Promethazin - und Dogmatil - Wirkstoff Sulpirid -) auch im Kosovo grundsätzlich verfügbar (vgl. Auskunft KIP (ICMPD) vom 5. Juni 2002, vom 9. Juli 2002, vom 26. August 2002, vom 27. August 2002 und vom 11. September 2002), jedoch ist nach dem vorläufigen Entlassungsbericht des Kreiskrankenhauses Norden vom 27. Oktober 2003 zur Behandlung der Erkrankung neben der Weiterführung der psychopharmakologischen Therapie auch eine ambulante Psychotherapie dringend notwendig.

Wie dargelegt, steht der Klägerin im Kosovo die dringend erforderliche ambulante Psychotherapie (Gesprächstherapie) nicht zur Verfügung. Sofern das Deutsche Verbindungsbüro Kosovo ausführt, Patienten müssten sich an drei privatärztlich tätige Fachärzte für Psychiatrie wenden, um eine ambulante Psychotherapie (eine Konsultation von 45 Min. werde mit ca. 30,00 EUR in Rechnung gestellt) zu erlangen (Deutsches Verbindungsbüro Kosovo vom 25. September 2003), so steht derKlägerin diese Möglichkeit - unterstellt, die angeführten Fachärzte könnten die für die Klägerin erforderliche ambulante Psychotherapie erbringen (lt. UNHCR an VG Koblenz vom 29. September 2003 und an Stadt Leipzig vom 22. Juli 2003 hätten die klinischen Psychologen und die wenigen Psychiater keine Ausbildung in Psychotherapie; vgl. auch Informationsstelle der Deutschen Cariatas und Diakonie in Pristina, Monatsbericht Oktober/November 2002) - infolge fehlender finanzieller Mittel nicht offen. Aufgrund der prekären sozialen und wirtschaftlichen Lage der Angehörigen ethnischer Minderheiten ist das Gericht nach den vorliegenden Erkenntnismitteln davon überzeugt, dass Minderheitenangehörige und damit die Klägerin privatärztlich angebotene Psychotherapie nicht erlangen kann.

Zwar kann die erhebliche psychische Erkrankung der Klägerin in Serbien und Montenegro (außerhalb des Kosovo) hinreichend medizinisch behandelt werden. So ist die medizinische Versorgung dort grundsätzlich gewährleistet. Es besteht eine gesetzliche Krankenversicherung. Grundsätzlich kostenfrei und ohne Zahlung von Selbstbeteiligung werden u.a. Flüchtlinge und vertriebene Personen sowie aus dem Kosovo übersiedelte Personen behandelt. Nur sehr wenige Erkrankungen können in Serbien und Montenegro nicht oder nur schlecht behandelt werden.

Auch Volkszugehörige der Roma und Ashkali werden in Serbien und Montenegro medizinisch behandelt; diesbezüglich sind Benachteiligungen im Hinblick auf die Volkszugehörigkeit nicht zu befürchten.

Dementsprechend können auch erhebliche psychische Erkrankungen in Serbien und Montenegro sowohl im Rahmen der staatlichen Gesundheitsfürsorge als auch in Privatpraxen angemessen medizinisch behandelt werden. Jedoch wäre die psychotherapeutische Behandlung im Rahmen der staatlichen Gesundheitsfürsorge nur dann für den Betroffenen kostenlos, wenn er in der staatlichen Krankenversicherung versichert ist. Andernfalls sind für Medikamente und Psychotherapie die üblichen Marktpreise zu entrichten.

Indes stehen der Klägerin diese medizinischen Einrichtungen des öffentlichen Gesundheitswesen in Serbien und Montenegro (außerhalb des Kosovo) im Rahmen des dortigen Krankenversicherungsschutzes tatsächlich nicht offen. Für die Inanspruchnahme von sozialen Diensten einschließlich der gesetzlichen Krankenversicherung ist in Serbien und Montenegro die Registrierung erforderlich. Aus dem Kosovo übergesiedelte Bürger können in Serbien und Montenegro nur dann im Rahmen der dortigen Krankenversicherung kostenlos behandelt werden, wenn sie den Status eines Ausgesiedelten, Vertriebenen oder Flüchtlings haben; alle anderen Personen aus dem Kosovo müssen ihre medizinische Behandlung in Serbien und Montenegro (außerhalb des Kosovo) bezahlen, so dass de facto Einwohner des Kosovo von der gesetzlichen (quasi kostenlosen) Krankenversorgung in Serbien und Montenegro (außerhalb des Kosovo) ausgeschlossen sind (Deutsche Botschaft Belgrad an VG Aachen vom 12. August 2003, an VG Leipzig vom 3. Juli 2003 und an Hess. VGH vom 22. Mai 2003; Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 28. Juli 2003; UNHCR an VG Koblenz vom 29. September 2003).

Die Registrierung stellt in der Praxis ein ernsthaftes Hindernis bei der Ausübung grundlegender Rechte wie dem Zugang zu Sozialleistungen, Gesundheitsfürsorge, Bildungseinrichtungen und Wohnraum dar. Für die Registrierung sind eine Reihe von Identitätsunterlagen erforderlich, was insbesondere für aus dem Kosovo geflüchtete Roma ein Problem ist, wobei das Minderheitenministerium beabsichtigt, dies zu vereinfachen. Nach amnesty international ist intern Vertriebenen in Serbien und Montenegro seit April 2002 die Registrierung bereits erleichtert worden, dennoch bestehen hierbei weiterhin Schwierigkeiten (Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 28. Juli 2003; ai, Länderinformation vom 15. Oktober 2003; vgl. auch UNHCR an VG Koblenz vom 29. September 2003).

Hiernach mag die erforderliche Registrierung der Klägerin zwar nicht aufgrund fehlender Personenstandsurkunden scheitern (ausweislich Bl. 8 ff. Beiakte A - Az.: 1377080 - verfügen die Klägerin und ihr Ehemann jeweils über einen jugoslawischen Personalausweis sowie einen Auszug aus dem Heiratsregister), jedoch ist aufgrund der Mittellosigkeit der aus dem Kosovo stammenden Familie der Klägerin de facto eine Registrierung und damit eine ordnungsgemäße Wohnsitznahme außerhalb des Kosovo in Serbien und Montenegro nicht möglich. Es findet sich kein Anhalt, dass abweichend vom dargestellten Regelfall die Klägerin oder ihr Ehemann trotz ihrer Mittellosigkeit als aus dem Kosovo stammende intern Vertriebene de facto eine Registrierung und damit öffentliche Sozialleistungen einschließlich Krankenversicherungsschutz erlangen könnten. Mangels Registrierung unterfällt die Klägerin nicht dem dortigen Krankenversicherungsschutz, so dass für sie die o.a. medizinischen Leistungen des staatlichen Gesundheitswesen nicht kostenfrei bzw. gegen geringe Kostenbeteiligungen tatsächlich zugänglich sind. Sie müsste die medizinischen Behandlungen aus eigenen Mitteln bezahlen.

Das Gericht ist aufgrund der allgemeinen wirtschaftlichen Situation in Serbien und Montenegro und angesichts dessen, dass die Klägerin der ohnehin gesellschaftlich benachteiligten Gruppe der Roma angehört, davon überzeugt, dass sie die erforderlichen medizinischen Behandlungen mangels finanzieller Mittel nicht anderweitig erlangen kann. Die wirtschaftliche Lage ist in Serbien und Montenegro weiterhin als schlecht zu bezeichnen.

Der begehrten Feststellung steht auch § 53 Abs. 6 S. 2 AuslG nicht entgegen. Die aufgrund der fehlenden finanziellen Möglichkeiten der Klägerin resultierende Gefährdung stellt keine allgemeine Gefahr im Sinne dieser Vorschrift dar.

Nach Auffassung der Kammer kann nicht auf eine Gruppe der "mittellosen Erkrankten" abgestellt werden. Den betroffenen "mittellosen Erkrankten" droht gerade nicht dieselbe Gefahr. Die Gefahr für Leib und Leben der Betroffenen besteht nicht allein darin, keinen Zugang zum Gesundheitssystem zu haben, sondern in der konkreten Weiterentwicklung ihrer jeweiligen individuellen Krankheit; insoweit kann von einer gleichartigen Gefahr für die Betroffenen nicht ausgegangen werden. Dabei ist offenkundig, dass die verschiedenen Krankheiten und die sich hieraus ergebenden Gefährdungen sich erheblich unterscheiden. Wenn es aber Sinn und Zweck des § 53 Abs. 6 S. 2 AuslG ist, eine Vielzahl gleichgelagerter Fälle wegen der Art der Gefahr einheitlich zu entscheiden, so können nicht sämtliche in einem Land vorkommenden Krankheiten deshalb rechtlich gleichgestellt werden, weil die Patienten das Schicksal der Mittellosigkeit teilen. Der Gruppe der mittellosen Erkrankten fehlt die erforderliche Homogenität bezogen auf die Art der Gefahr. Die den Betroffenen aufgrund ihrer individuellen Erkrankung drohenden Gefahren sind derart verschieden, dass sich eine generalisierende Betrachtung verbietet (vgl. gegen die Annahme einer allgemeinen Gefahr wegen unzureichender medizinischer Versorgung infolge fehlender finanzieller Mittel: VG Sigmaringen, Urteil vom 13. August 2003 - A 5 K 11176/03 -, Asylmagazin 1-2/2004, 42; ebenso im Ergebnis Hess. VGH, Urteil vom 24. Juni 2003 - 9 E 34260/94.A -, V.n.b.). Aus diesen Erwägungen kann auch nicht auf eine Gruppe der "mittellosen Erkrankten aus dem Kosovo", die de facto von der staatlichen Gesundheitsfürsorge in Serbien und Montenegro ausgeschlossen sind, abgestellt werden.