OVG Niedersachsen

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Zitieren als:
OVG Niedersachsen, Beschluss vom 20.02.2004 - 11 ME 399/03 - asyl.net: M5085
https://www.asyl.net/rsdb/M5085
Leitsatz:

Zur Ausweisung eines Ausländers und der Widerspruchs- und Klagebefugnis von Familienangehörigen. (Leitsatz der Redaktion)

Schlagwörter: D (A), Türken, Ausweisung, Straftäter, Familienangehörige, Ehegatte, Kinder, Widerspruchsbefugnis, Drittwiderspruch, Drittwiderspruchsbefugnis, Vorläufiger Rechtsschutz (Eilverfahren), Zulässigkeit, Schutz von Ehe und Familie, Antragsbefugnis
Normen: AuslG § 47 Abs. 1 Nr.1; VwGO § 42 Abs. 2; GG Art. 6
Auszüge:

Es ist allgemein anerkannt, dass Ehefrau und minderjährige Kinder eines Ausländers nach § 42 Abs. 2 VwGO geltend machen können, durch eine Ausweisung ihres Ehemannes/Vaters in ihren Rechten aus Art. 6 Abs. 1 GG verletzt zu sein (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.8.1996, BVerwGE 102, 12; Hailbronner, AuslR, § 45 AuslG Rdnr. 93; GK-AuslR, § 45 AuslG Rdnr. 865). Dies gilt auch dann, wenn die Ausweisungsverfügung dem Ehemann/Vater gegenüber bestandskräftig geworden ist (BVerwG, a.a.O.). Maßgebend für die Beurteilung der Antrags- bzw. Klagebefgunis können aber nur die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse im Zeitpunkt des betreffenden Ausweisungsverfahrens sein. Besteht deshalb bei Abschluss des ausländerrechtlichen Verfahrens keine Ehe oder ist ein Kind noch nicht geboren, kann auch die spätere Ehefrau bzw. ein später geborenes Kind nicht in subjektiven Rechten durch die Ausweisung des Ehemannes bzw. Vaters betroffen sein.

Da die Antragstellerin mit Herrn C. erst seit dem (...) verheiratet ist, steht ihr aus eigenem Recht keine Widerspruchsbefugnis gegen die Ausweisungsverfügung vom 9. Juli 1998 zu. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus ihrem Vortrag, dass sie schon damals schutzwürdige Beziehungen zu Herrn C. unterhalten habe. Abgesehen davon, dass bereits zweifelhaft ist, ob eine eheähnliche Gemeinschaft unter den Schutzbereich des Art. 6 Abs. 1 GG fällt, hat sie ihre Behauptung auch nicht glaubhaft gemacht.

Ähnlich verhält es sich mit seiner Beziehung zu der Antragstellerin zu 2). Zwar wurde diese am (...) als nichteheliches Kind des Herrn C. geboren, doch fehlen - wie bereits dargestellt - in den beiden Urteilen des Landgerichts D. weitergehende Angaben zu Art und Umfang ihrer tatsächlichen persönlichen Beziehungen. Auch wird nicht erwähnt, wer Mutter des Kindes ist und wo sich dieses aufhält. Im ausländerrechtlichen Verfahren hörte die Antragsgegnerin Herrn C. mit Schreiben vom 20. Mai 1998 zu der beabsichtigten Ausweisung an. Er äußerte sich jedoch nicht. Gegen die Ausweisungsverfügung vom 9. Juli 1998 legte er keinen Widerspruch ein, so dass diese bestandskräftig wurde. Dieses Verhalten von Herrn C. deutet darauf hin, dass er in der Vergangenheit den Beziehungen zu seiner Tochter ebenso wie zu der Antragstellerin zu 1) offenbar selbst keine große Bedeutung beigemessen hat. Es lässt sich deshalb nicht feststellen, dass damals eine nach Art. 6 Abs. 1 GG zu berücksichtigende Vater-Kind-Beziehung vorlag.