OVG Berlin

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Zitieren als:
OVG Berlin, Beschluss vom 06.02.2004 - OVG 2 N 121.04 - asyl.net: M5141
https://www.asyl.net/rsdb/M5141
Leitsatz:

Reist ein Ausländer während des Visumsverfahrens nach Deutschland ein und nimmt hier seinen gewöhnlichen Aufenthalt, so ist die Erteilung eines Visums ausgeschlossen.(Leitsatz der Redaktion)

Schlagwörter: D (A), Aufenthaltserlaubnis, Familienzusammenführung, Visum, Auslandsvertretung, Einreise, Gewöhnlicher Aufenthalt, Zuständigkeit, Sachliche Zuständigkeit, Berufungszulassungsantrag, Ernstliche Zweifel
Normen: AuslG § 3 Abs. 3 S. 1; AuslG § 63 Abs. 3
Auszüge:

Das Visum, eine nach seiner gesetzlichen Ausgestaltung vor der Einreise einzuholende besondere Form der Aufenthaltsgenehmigung (§ 3 Abs. 3 Satz 1 AuslG), ist nicht für das Aufenthaltsgenehmigungsbegehren von Ausländern vorgesehen, die bereits ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet begründet haben (OVG NW, Urteile vom 13. Oktober 1993 - 17 A 1283.92 - InfAuslR 1994, 49 [50]). Ihnen darf eine Aufenthaltsgenehmigung nicht mehr von der Auslandsvertretung erteilt werden, weil deren sachliche Zuständigkeit gemäß § 63 Abs. 3 i.V.m. Nr. 63.3.1 AuslG-VwV entfallen ist (vgl. OVG NW, Urteil vom 25. Oktober 1995 - 17 A 58.93 - zitiert nach Juris). Die Bundesrepublik Deutschland könnte daher auch gerichtlich nicht mehr zur Visumserteilung verpflichtet werden. Sachlich zuständig geworden für die erforderliche Genehmigung solchen Aufenthaltsbegehrens ist nach der Einreise zum Daueraufenthalt allein die nach Landesrecht örtlich zuständige inländische Ausländerbehörde (§ 63 Abs. 1 AuslG i.V.m. Nr. 63.1.2.1 AuslG-VwV), hier die des gewöhnlichen Aufenthalts (Nr. 63.1.2.2 AuslG-VwV), also das Landeseinwohneramt Berlin, bei dem der Kläger bereits am 27. Dezember 2002 eine Aufenthaltserlaubnis und hilfsweise eine Aufenthaltsbefugnis beantragt hat. Die Verpflichtung der Beklagten zur Visumserteilung scheiterte aber nicht nur an deren mangelnder sachlicher und örtlicher Zuständigkeit, sondern es würden auch die mit dem Visumsverfahren verfolgten Zwecke verfehlt. Zum einen soll das Visum die Einreise gestatten, die bei einem Inlandsaufenthalt bereits erfolgt ist, sodass dieser Teilzweck nicht mehr erreichbar ist. Zum anderen soll das vom Ausland her zu betreibende Visumsverfahren den Zuzug von Ausländern kontrollieren und steuern, was bei der vorliegenden Sachlage ebenfalls entfällt. Es gehört nicht zu den mit dem Visumsverfahren verfolgten Zwecken, den Aufenthalt nach bereits erfolgter Einreise nachträglich zu legitimieren (Teipel, ZAR 1995, 162 165>). Das ist nur der inländischen Ausländerbehörde im Wege der Aufenthaltserlaubnis unter den Voraussetzungen des § 9 DVAuslG oder durch eine Aufenthaltsbefugnis gemäß § 30 Abs. 3 und 4 AuslG möglich.

Nur wenn ein Ausländer, der ein Visum für einen Daueraufenthalt beantragt hat, vor Abschluss dieses Verfahrens mit oder - als sog. Positivstaater -, ohne Besuchsvisum zu einem kurzfristigen Aufenthalt einreist, steht der vorübergehende Aufenthalt der Weiterführung des Visumsverfahrens mangels Identität der in Rede stehenden Einreise- und Aufenthaltszwecke nicht entgegen (Teipel, a.a.O., S. 165). Entsprechendes gilt für die Fälle, die denen eines nur vorübergehenden - legalen - Aufenthaltes vergleichbar sind (vgl. OVG NW, Urteile vom 13. Oktober 1993 - 17 A 1283.92 - InfAuslR 1994, 49 [50] und vom 25. Oktober 1995 - 17 A 58.93 -, a.a.O.). Ein solcher Fall liegt hier jedoch offensichtlich nicht vor, weil der Kläger unter Umgehung der visarechtlichen Bestimmungen zum Zwecke des dauernden Aufenthalts eingereist ist.