OVG Nordrhein-Westfalen

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Zitieren als:
OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 09.06.2004 - 18 B 22/04 - asyl.net: M5244
https://www.asyl.net/rsdb/M5244
Leitsatz:

Die Ausweisungsschutzvorschriften für Minderjährige (§§ 47 Abs. 3 S. 4, 48 Abs. 2 S. 1 AuslG) setzen voraus, dass der Ausländer im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Ausweisungsverfügung minderjährig ist (Anschluss an BVerwG, Urteil vom 3.6.1997 - 1 C 23.96 -, InfAuslR 1997, 390, unter Aufgabe der bisherigen Rspr. des Senats).(Leitsatz der Redaktion)

 

Schlagwörter: D (A), Ausweisung, Aufenthaltserlaubnis, Verlängerung, Fristversäumnis, Erlaubnisfiktion, Sofortvollzug, Besonderer Ausweisungsschutz, Minderjährige, Beurteilungszeitpunkt
Normen: AuslG § 69 Abs. 3 S. 1; AuslG § 47 Abs. 3 S. 4 ; AuslG § 48 Abs. 2 S. 1 ; VwGO § 80 Abs. 3; VwGO § 80 Abs. 5
Auszüge:

Der Antragsgegner hat in seiner angefochtenen Ordnungsverfügung vom 8. Oktober 2003 zu erkennen gegeben, den Ausnahmecharakter des Sofortvollzugs erfasst zu haben. Dies hat bereits das Verwaltungsgericht mit zutreffenden Gründen festgestellt.

Die demnach gebotene Sachentscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO fällt zu Lasten des Antragstellers aus.

Mit Blick auf das Beschwerdevorbringen sei hinzugefügt, dass es zu keinem anderen Ergebnis führte, wenn das Scheiben des Antragstellers vom 17. November 2002 als Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis bewertet würde. Denn angesichts der zuletzt bis zum 14. Oktober 2002 erteilten Aufenthaltserlaubnis, wäre ein solcher Antrag - worauf ebenfalls das Verwaltungsgericht schon hingewiesen hat - verspätet gewesen und hätte deshalb mangels Eintritts der Erlaubnisfiktion des § 69 Abs. 3 Satz 1 AuslG nicht die zwischenzeitlich Kraft Gesetzes eingetretene Ausreispflicht des Antragstellers entfallen lassen und seine aufenthaltrechtliche Position verbessern können.

Das Beschwerdevorbringen gibt weiter Anlass ergänzend darauf hinzuweisen, dass vorliegend die Ausweisungsschutzvorschriften für Minderjährige (§§ 47 Abs. 3 Satz 4, 48 Abs. 2 Satz 1 AuslG) nicht anwendbar sind, da der am 15. November 1984 geborene Antragsteller im Zeitpunkt der Ausweisung durch die Ausweisungsverfügung des Antragstellers vom 8. Oktober 2003 kein Minderjähriger mehr war. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der sich der Senat nunmehr ausdrücklich unter Aufgabe seiner älteren Rechtsprechung - vgl. Senatsbeschluss vom 1. März 1996 - 18 B 1851/94 - (maßgeblich Erlass des Widerspruchsbescheides) anschließt ist bei der Prüfung der Minderjährigkeit im Sinne der vorgenannten Bestimmungen nicht auf die Verhältnisse im Zeitpunkt der Tatbegehung abzustellen, sondern auf den Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Ausweisungsverfügung, - vgl. BVerwG, Urteile vom 3. Juni 1997 - 1 C 23.96 -, InfAuslR 1997, 390, und vom 19. November 1996 - 1 C 25.94 -, InfAuslR 1997, 152, 153 - was selbstverständlich einschließt, dass auch die vom Antragsteller für sich beanspruchten Zeitpunkte der Urteilsverkündung bzw. des Eintritts der Rechtskraft unmaßgeblich sind.

Ob ein missbräuchliches Zuwarten der Ausländerbehörde mit dem Erlass einer Ausweisungsverfügung bis zum Eintritt der Volljährigkeit eines Ausländers eine andere Beurteilung verlangt, bedarf hier keiner Entscheidung. Ein derartiges Verhalten ist nicht feststellbar, es ist sogar schon durch die Zeitabfolge ausgeschlossen.