VG Stade

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Zitieren als:
VG Stade, Beschluss vom 29.07.2004 - 1 B 1167/04 - asyl.net: M5534
https://www.asyl.net/rsdb/M5534
Leitsatz:

Eine Aufenthaltsgestattung oder eine Duldung genügen nicht für den Identitätsnachweis für Fahrerlaubnisprüfung, wohl aber ein Ausweisersatz gem. § 39 Abs. 1 AuslG; Zulassung zur Prüfung im Eilverfahren durchsetzbar, wenn Fahrerlaubnis für berufliches Fortkommen von Bedeutung ist.(Leitsatz der Redaktion)

Schlagwörter: D (A), Libanesen, Staatsangehörigkeit ungeklärt, Unbefristete Aufenthaltserlaubnis, Fahrerlaubnis, Identitätsnachweis, Reisedokument, Vorläufiger Rechtsschutz (Eilverfahren), Einstweilige Anordnung
Normen: StVG § 2; StVG § 2 Abs. 6; FeV § 7; FeV § 17 Abs. 5 S. 2; AuslG § 39 Abs. 1; VwGO § 123; FeV § 16 Abs. 3 S. 3
Auszüge:

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat Erfolg.

Der Antragsteller dürfte im Hauptverfahren Erfolg haben, weil der Erlass des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Technologie und Verkehr vom 17. Dezember 2001, auf den der Antragsgegner seine Entscheidung maßgeblich stützt, nicht im Einklang mit den gesetzlichen Vorschriften stehen dürfte, wenn er so verstanden würde, dass der für die Ablegung der Fahrerlaubnisprüfung erforderliche Identitätsnachweis in keinem Falle erbracht werden kann, wenn in dem Passersatzpapier der Vermerk enthalten ist "Identität ist nicht nachgewiesen".

Nach § 16 Abs. 3 Satz 3 FeV und § 17 Abs. 5 Satz 2 FeV hat sich der Sachverständige oder Prüfer vor der Prüfung durch Einsicht in den Personalausweis oder Reisepass von der Identität des Bewerbers zu überzeugen. Hierbei stellt sich die Frage, ob der von dem Antragsteller vorgelegte, von dem Antragsgegner ausgestellte Reiseausweis diesen Anforderungen genügen kann. Dies ist bezüglich der Identitätsprüfung im Sinne des § 16 Abs. 3 Satz 3 und § 17 Abs. 5 Satz 2 FeV der Fall. Zutreffend weist der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 26. Februar 2002 darauf hin, dass der Gesetzgeber die Überprüfung der Identität des Fahrerlaubnisbewerbers im Verfahrensstadium der Prüfungsabnahme und vor Aushändigung des Führerscheins den jeweiligen Prüfern der technischen Prüfstelle überantwortet hat, woraus zu folgern sei, dass er die Identitätskontrolle am objektiven Kriterium des gesetzlichen Ausweispapiers (Personalausweis oder Pass) festmacht, um einer Überforderung der an sich allein für andere Aufgaben, nämlich für die Prüfung fachtechnischer Fragen geschulten Personen vorzubeugen.

Daher soll möglichst auf die jedermann bekannten Ausweispapiere abgestellt werden, die von deutschen Behörden ausgestellt werden. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat sodann im Gegensatz zum Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 03. Januar 2002 entschieden, dass für einen Identitätsnachweis im Sinne des § 17 Abs. 5 Satz 2 FeV eine schlichte, wenngleich mit einem Foto versehene Duldungsbescheinigung nicht genüge, weil diese ersichtlich keinen Ausweis oder Pass darstelle und nicht einmal die Qualität eines Ausweisersatzes im Sinne des § 39 AuslG besitze.

Diesen Ausführungen stimmt die Kammer zu, sie sind auf den Fall des Antragstellers jedoch nicht in dem Sinne anzuwenden, dass er seine Identität im Sinne der Fahrerlaubnisvorschriften nicht nachgewiesen habe. Der Antragsteller ist im vorliegenden Fall Inhaber einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis, die ihm der Antragsgegner gemäß § 24 AuslG erteilt hat. Die Versagungsgründe des § 8 Abs.1 AuslG, insbesondere der Nr. 4 (ungeklärte Identität des Ausländers) und die Ausnahmemöglichkeiten nach § 9 Nr.3 AuslG dürften Gegenstand der Prüfung vor der Erteilung gewesen sein. Die dem Antragsteller sodann ausgehändigte Bescheinigung stellt gemäß § 39 Abs. 1 AuslG einen Ausweisersatz dar. Der erteilte Ausweis ersetzt auch den amtlichen Nachweis über Ort und Tag der Geburt im Sinne des § 2 StVG i.V.m. § 21 Abs. 3 Ziffer 1 FeV. Der von dem Antragsgegner zitierte Erlass des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Technologie und Verkehr vom 17. Dezember 2001 steht dem nicht entgegen, weil er den hier betroffenen Fall nicht regelt, sondern sich mit der Erteilung von Fahrerlaubnissen an Asylbewerber, die keinen Personalausweis oder Reisepass besitzen, befasst. Soweit der Bayrische Verwaltungsgerichtshof dies auf die bloße Duldung erweitert, kann die Kammer dem ohne weiteres folgen. Auch soweit der Niedersächsische Minister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr in einer Stellungnahme vom 20. März 2003 darauf verweist, dass ein Bewerber, der keinen Personalausweis oder Reisepass vorlegen kann, an die zuständige Ausländerbehörde zu verweisen ist und dass bei Zweifeln an dem amtlichen Nachweis über Ort und Tag der Geburt, der gemäß § 21 Abs. 3 Nr. 1 FeV der Fahrerlaubnisbehörde vorzulegen ist, ebenfalls eine Verweisung an die Ausländerbehörde geboten ist, ist gegen dieses Verfahren nichts einzuwenden. Allerdings kann die Prüfung, durch wen auch immer sie vorgenommen wird, sich nur an dem Zweck orientieren, der dieser Prüfung zugrunde liegt. Der Antragsteller hat im vorliegenden Fall, soweit ihm dies in zumutbarer Weise überhaupt möglich ist, Ort und Tag der Geburt nachgewiesen. Aus diesem Grunde hat auch die Ausländerbehörde insoweit ohne Einschränkungen die Daten in den ausgestellten Ausweis übernommen. Soweit die Fahrerlaubnisprüfung betroffen ist, steht damit jedenfalls fest, dass der Antragsteller das erforderliche Alter für die Ablegung der von ihm beantragten Fahrerlaubnisprüfung erreicht hat. Es besteht im vorliegenden Fall auch kein Zweifel, dass die in dem ausgestellten Ausweis abgebildete Person die Person des Antragstellers darstellt, so dass der Prüfer oder die Fahrerlaubnisbehörde nach Vorlage dieser Bescheinigung ohne weiteres die Möglichkeit zur Prüfung hatte, ob Prüfungsbewerber und Ausweisinhaber identisch ist. Danach kann der Antragsteller an der Prüfung teilnehmen, ohne dass ersichtlich wäre, dass dadurch ein besonderes Risiko im Sinne des Straßenverkehrsrechts begründet würde.