OVG Hamburg

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Zitieren als:
OVG Hamburg, Beschluss vom 25.05.2004 - 2 Bs 145/04 - asyl.net: M5641
https://www.asyl.net/rsdb/M5641
Leitsatz:

Eine Auflage zur Duldung, mit der die Erwerbstätigkeit verboten wird, ist rechtswidrig, wenn sie nicht schriftlich begründet wird; Nebenbestimmungen zur Duldung sind keine Maßnahmen der Verwaltungsvollstreckung.(Leitsatz der Redaktion)

Schlagwörter: D (A), Duldung, Auflagen, Arbeitsverbot, Nebenbestimmung, Begründungserfordernis, Ermessen, Ermessensfehler, Verfahrensmangel, Heilung, Vorläufiger Rechtsschutz (Eilverfahren), Suspensiveffekt
Normen: AuslG § 56 Abs. 3 S. 1; HmbVwVfG § 39 Abs. 1; VwGO § 114 S. 2; VwGO § 80 Abs. 1
Auszüge:

Das Verwaltungsgericht hat die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO mit der Erwägung abgelehnt, dass die der Duldung der Antragstellerin seit dem 1. Dezember 2003 beigefügte Auflage "Selbständige Erwerbstätigkeit und Arbeitsaufnahme nicht gestattet" nicht zu beanstanden sei.

Zu Recht wendet die Antragstellerin hiergegen ein, dass es die Antragsgegnerin versäumt habe, die nach § 56 Abs. 3 Satz 3 AuslG in ihrem Ermessen stehende Nebenbestimmung schriftlich zu begründen. Das Fehlen jedweder Begründung ist nicht nur in formeller Hinsicht (§ 39 Abs. 1 HmbVwVfG) von Bedeutung, sondern hat im Streitfall überdies zur Folge, dass eine Ermessensausübung der Antragsgegnerin bei Erlass der Auflage und - in Ermangelung der Durchführung eines Widerspruchsverfahrens - auch sonst nicht erkennbar ist. Dieser Ermessensausfall ist auch nicht gemäß § 114 Satz 2 VwGO durch die Einlassungen der Antragsgegnerin in ihrem Schriftsatz vom 9. März 2004 im erstinstanzlichen Klage- und Eilverfahren geheilt worden. Denn die Vorschrift schafft lediglich die prozessualen Voraussetzungen für eine Ergänzung defizitärer Ermessenserwägungen, nicht hingegen für eine erstmalige Ausübung des Ermessens (vgl. BVerwG, Beschl. v. 14.1.1999, NJW 1999, 2912 m.w.Nachw.). Die Auflage dürfte deshalb rechtswidrig (§ 114 Satz 1 VwGO) und im Klageverfahren aufzuheben sein.

Ist hiernach die Richtigkeit des angefochtenen Beschlusses des Verwaltungsgerichts grundlegend erschüttert, kann vorläufiger Rechtsschutz gleichwohl nicht durch Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage, sondern nur durch Feststellung ihrer aufschiebenden Wirkung (§ 80 Abs. 1 VwGO) in entsprechender Anwendung des § 80 Abs. 5 VwGO gewährt werden. Denn die Antragsgegnerin hat weder die sofortige Vollziehung der Auflage nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO angeordnet noch ist die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gemäß § 80 Abs. 2 Satz 2 VwGO i.V.m. § 75 Abs. 1 Satz 1 und 2 HmbVwVG ausgeschlossen.