VGH Baden-Württemberg

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Zitieren als:
VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 20.04.2004 - A 9 S 849/03 - asyl.net: M5684
https://www.asyl.net/rsdb/M5684
Leitsatz:

Kein Abschiebungsschutz nach § 51 AuslG für exilpolitisch tätige togoische Staatsangehörige; gefährdet könnten lediglich solche Personen sein, deren politisches Engagement vom Staatspräsidenten und den ihn stützenden Kreisen als konkrete Gefährdung des Herrschaftsanspruches des Regimes eingeschätzt werde. (Leitsatz der Redaktion)

Schlagwörter: Togo, Folgeantrag, Nachfluchtgründe, Subjektive Nachfluchtgründe, Exilpolitische Betätigung, UTBW, ATLMC, Funktionäre, Pressekonferenz, Offener Brief
Normen: AuslG § 51 Abs. 1; AuslG § 53 Abs. 4; AuslG § 53 Abs. 6
Auszüge:

Es liegen weder die Voraussetzungen des § 51 AuslG vor, noch steht dem Kläger ein Abschiebungshindernis nach § 53 AuslG zur Seite.

Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dem Kläger sei aufgrund seiner exilpolitischen Tätigkeiten Abschiebungsschutz nach § 51 Abs. 1 AuslG zu gewähren, ist unzutreffend.

Der erkennende Senat hat zuletzt in seinem Urteil vom 25.03.2003 (- A 9 S 1089/01 - VBlBW 2003, 362) unter Hinweis auf die bisherige Rechtsprechung des Gerichtshofs zu § 53 Abs. 4 AuslG (Urteil vom 22.11.2000 - A 13 S 1205/97 -) wiederholt, eine exilpolitische Betätigung in der Bundesrepublik Deutschland führe nicht dazu, dass im Fall einer Rückkehr mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit mittelbare oder unmittelbare staatliche Verfolgung drohen könnte. Dies gelte für die bloße Mitgliedschaft in einer togoischen Exilorganisation, aber auch für Tätigkeiten, die mit dieser Mitgliedschaft im Rahmen der "gewöhnlichen Parteiarbeit" ohne weiteres verbunden seien, wie z.B. die Teilnahme an Versammlungen und Parteiveranstaltungen sowie die Weitergabe von Informationen innerhalb der Organisation. Auch eine nominell herausgehobene Stellung innerhalb einer exilpolitischen Organisation in der Bundesrepublik Deutschland begründe für sich nicht die beachtliche Wahrscheinlichkeit einer menschenrechtswidrigen Behandlung im Falle der Rückkehr nach Togo. Gefährdet könnten lediglich solche Personen sein, deren politisches Engagement vom Staatspräsidenten und den ihn stützenden Kreisen als konkrete Gefährdung des Herrschaftsanspruches des Regimes eingeschätzt werde. Dies gelte insbesondere für aus politischen Gründen desertierte Angehörige der Sicherheitskräfte sowie für abtrünnige ehemalige Regierungsbeamte, weil in diesen Fällen der Bereich der Sicherheitskräfte als des wichtigsten Machtinstrumentes berührt sei, und für Angehörige der extremistischen, gewaltbereiten Opposition sowie deren Familienangehörigen (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 25.03.2003 a.a.O.; ebenso OVG des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 16.03.2003 - A 2 S 412/98 -, AUAS 2003, 119 und Bay. VGH, Beschluss vom 19.06.2002 - 25 B 02.3134 -).

Auch die seit Ergehen der genannten Entscheidung dem Senat vorliegenden neuen Erkenntnisse rechtfertigen keine andere Beurteilung.

Es lässt sich daher zusammenfassend feststellen, dass die exilpolitische Betätigung nach wie vor jedenfalls dann nicht die beachtliche Wahrscheinlichkeit einer mittelbaren oder unmittelbaren staatlichen Verfolgung begründet, wenn der Betroffene sich nicht in einer Weise exponiert hat, die dem togoischen Regime den Eindruck erweckt, es werde von der konkreten Aktivität bedroht.

Eine derartige Betätigung liegt bei dem Kläger nicht vor. Dies gilt zum einen, soweit sich der Kläger darauf beruft, stellvertretender Generalsekretär der togoischen Exilorganisation ATLMC zu sein und für diese Organisation an einer Pressekonferenz teilgenommen zu haben. Nach den vorstehend dargelegten Grundsätzen begründet nämlich auch das Innehaben einer nominell herausgehobenen Stellung in einer exilpolitischen Organisation in der Bundesrepublik Deutschland nicht die beachtliche Wahrscheinlichkeit von Verfolgungsmaßnahmen, denn nach den vorliegenden Erkenntnismitteln kommt es für die Frage, ob Verfolgungsmaßnahmen in Togo drohen, nicht auf den Rang innerhalb der Organisation, sondern in erster Linie auf den Grad der politischen Aktivität an. Weder die Teilnahme an einer Pressekonferenz noch die weiteren von dem Kläger vorgetragenen exilpolitischen Aktivitäten, insbesondere die Unterzeichnung zweier offener Briefe regimekritischen Inhalts begründen aber - auch nicht in einer Gesamtschau - die Annahme, er werde von dem togoischen Machthaber als Gefahr seines Herrschaftsanspruchs eingestuft. Eine exilpolitische Tätigkeit in dem Umfang, die ausnahmsweise eine Gefährdung bei seiner Rückkehr nach Togo beachtlich erscheinen lassen könnte, hat der Kläger damit nicht dargetan.

Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG bestehen ebenfalls nicht.