Keine beachtliche Verfolgungsgefahr allein wegen palästinensischer Volkszugehörigkeit; Situation von Anhängern Arafats innerhalb der Fatah in Syrien hat sich gebessert, ist aber weiterhin schwierig.
Keine beachtliche Verfolgungsgefahr allein wegen palästinensischer Volkszugehörigkeit; Situation von Anhängern Arafats innerhalb der Fatah in Syrien hat sich gebessert, ist aber weiterhin schwierig.
(Leitsatz der Redaktion)
Der Kläger hat weder einen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter noch auf die Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen.
Er hat nicht glaubhaft gemacht, dass er Syrien vorverfolgt verlassen hat. Das Vorbringen des Klägers zum Hintergrund seiner Ausreise erweist sich im zentralen Bereich als unglaubhaft. Angesichts eines auf Grund der nachvollziehbaren Angaben des Auswärtigen Amtes als offensichtlich aussichtslos einzustufenden Reisebegehrens kann nicht davon ausgegangen werden, dass jemand mit Nachdruck einen derartigen Anspruch in der vom Kläger behaupteten Art und Weise verfolgen und sich deswegen gleichsam sinnlos einer politischen Verfolgung aussetzen würde.
Die Darstellung des Klägers in der stattgefundenen mündlichen Verhandlung, bezüglich der Reisemöglichkeit für Palästinenser von Syrien aus in die Palästinensergebiete sei zwischen der Gruppe vom 1948 und denjenigen Palästinensern, welche 1967 nach Syrien gekommen seien, zu unterscheiden, ist gemäß der nach Vertagung eingeholten weiteren Auskunft des Auswärtigen Amtes unzutreffend.
Der hiernach unverfolgt ausgereiste Kläger hat bei einer Rückkehr nach Syrien nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine politische Verfolgung zu befürchten.
Allein wegen seiner palästinensischen Volkszugehörigkeit droht dem Kläger keine politische Verfolgung. Die nahezu 400.000 in Syrien lebenden Palästinenser stellen die größte Gruppe von Flüchtlingen dar. Sie haben ein weitreichendes Aufenthaltsrecht und werden durch ein spezielles Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNRWA) betreut. Sie erhalten Flüchtlingsausweise sowohl von syrischen Behörden als auch von der UNRWA. Allerdings steht die Liberalität - wie sonst auch in Syrien - grundsätzlich unter dem Vorbehalt der Opportunität; staatliche Repressionen setzen dann ein, wenn Aktivitäten etwa im Rahmen von Organisationen entfaltet werden, die sich gegen den syrischen Staat richten (vgl. Auswärtiges Amt (AA), Lagebericht vom 17. Juli 2003 sowie Auskunft vom 30. April 2003 an das VG Saarlouis; Deutsches Orient-Institut (DOI), Auskünfte vom 28. April 2003 an das VG Saarlouis und vom 18. August 2003 an das VG Leipzig (asylis Dok.-Nr. SYR 24872002); Informationen des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge über Minderheiten in Syrien (Stand: Januar 1997) und über seine Erkenntnisse zu Syrien (u.a. palästinensische Flüchtlinge; Stand: Dezember 2002).
Im Falle des Klägers kann die Kammer indessen ein derartiges politisches Engagement, das geeignet wäre, ihn staatlichen Verfolgungsmaßnahmen zu unterziehen, nicht feststellen. Er selbst hat in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, mit Politik nichts zu tun gehabt zu haben. Zudem ist davon auszugehen, dass er jedenfalls zum heutigen Zeitpunkt wegen Bejahung einer friedlichen Lösung mit Israel keine politische Verfolgung in Syrien zu befürchten hat. Maßgeblich für diese Beurteilung ist die Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 1. Juli 2004, wonach wegen der zwischen Syrien und Israel stattgefundenen bilateralen Friedensverhandlungen sich das Thema Israel offen diskutieren lässt und das Kundtun der Auffassung, für einen Frieden mit Israel zu sein, im persönlichen Umfeld nicht zu Repressionen syrischer Sicherheitsbehörden führt.
Darüber hinaus ergeben sich aus der Entwicklung der Auskunftslage Anhaltspunkte für eine Verminderung der Spannungen zwischen Syrien und Arafats Fatah-Flügel, selbst wenn dessen Situation in Syrien - nicht zuletzt wegen der Opposition in den Reihen der Palästinenser - weiterhin schwierig sein dürfte. Im Jahre 1999 hatte es zwar auch schon Hinweise auf eine vorsichtige Annäherung zwischen der syrischen Regierung und der PLO (Arafat-Fraktion) gegeben; die Verträge zwischen der PLO und Israel wurden von Syrien aber als Kapitulation verurteilt und die Opposition innerhalb der Fatah gegen Arafat unterstützt. Die öffentliche Parteinahme für Verhandlungen mit Israel reichte bei Fatah-Mitgliedern aus, um Verfolgungsmaßnahmen ausgesetzt zu sein (Vgl. AA, Auskunft vom 4. Februar 2000 an das VG Münster (asylis Dok.-Nr. SYR18591001); DOI, Auskünfte vom 2. Oktober 2000 an das VG Kassel (asylis Dok.-Nr. SYR20282001) und vom 10. September 2001 an das Bundesamt (asylis Dok.-Nr. SYR20299001).
Nachdem aber die Palästinenser in Syrien mehrheitlich gegen Arafats Linie in der Friedenspolitik eingestellt waren und es dort keine nennenswerten Propagandaaktivitäten von Fatah-Aktivisten oder Arafat nahestehenden Gruppen mehr gab, wurden zwar noch gelegentlich Arafat-Anhänger verhaftet; dabei handelte es sich jedoch um publizistisch in herausragender Weise tätige Personen oder um Palästinenser, die in einer die syrische Bürokratie störenden institutionell verfestigten Weise tätig geworden oder als Fatah-Mitglieder im Rahmen einer organisierten Tätigkeit aktiv gewesen waren (vgl. DOI, vom 18. August 2003 a.a.O.).
Diese Voraussetzungen sind beim Kläger nicht gegeben.
Es liegen unter Berücksichtigung der neuesten Erkenntnislage auch keine Abschiebungshindernisse im Sinne des § 53 AuslG vor.