Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4 AufenthG für Abschluss der Schulausbildung bei Besuch der 8. Jahrgangsstufe.
Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4 AufenthG für Abschluss der Schulausbildung bei Besuch der 8. Jahrgangsstufe.
(Leitsatz der Redaktion)
Der zulässige Antrag gem. § 80 Abs. 5 VwGO ist begründet.
Nach § 72 Abs.1 AuslG/§ 84 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG hat der Widerspruch gegen die Ablehnung eines Antrags auf Erteilung oder Verlängerung der Aufenthaltsgenehmigung des Aufenthaltstitels keine aufschiebende Wirkung. Aus dieser gesetzlichen Regelung folgt, dass ein Ausländer, dessen Aufenthaltsgenehmigungs-/Aufenthaltstitelsantrag von der Behörde abgelehnt worden ist, grundsätzlich das Bundesgebiet zu verlassen hat und nicht berechtigt ist, den Ausgang des Rechtsbehelfsverfahrens im Inland abzuwarten. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs kommt demgemäß nur dann in Betracht, wenn das schutzwürdige Interesse des Ausländers am (vorläufigen) Verbleib im Bundesgebiet so gewichtig ist, dass das in § 72 Abs. 1 AuslG/§ 84 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG anerkannte öffentliche Interesse an der baldigen Beendigung des Aufenthalts dahinter zurücktreten muss (vgl. OVG Bremen, Beschlüsse vom 16.05.1991 - 1 B 44/90 - und 25.11.1992 - 1 B 106/92 -). Ein derartiges privates Interesse der Antragsteller ist hier gegeben, weil ihr Widerspruch gegen die Versagung der Aufenthaltsgenehmigungen voraussichtlich Erfolg haben wird und eine vorzeitige Beendigung ihres Aufenthalts in Deutschland gravierende Nachteile für ihr berufliches bzw. schulisches Fortkommen haben würde.
Aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Bescheide haben die Antragsteller zwar keinen Anspruch auf Verlängerung ihrer Aufenthaltsbefugnisse nach dem AuslG 1990 gehabt. Jedoch stellt sich die Rechtslage nach Auffassung der Kammer nach dem nunmehr geltenden und hier heranzuziehenden AufenthG (vgl. §§ 101 ff. AufenthG) für die Antragsteiler günstiger dar. Die Widerspruchsbehörde wird in den noch ausstehenden Widerspruchsbescheiden ihr pflichtgemäßes Ermessen dahingehend auszuüben haben, ob den Antragstellern nunmehr zumindest noch für die nächsten ein bis zwei Jahre Aufenthaltserlaubnisse zu erteilen sein werden. Nach § 25 Abs. 4 AufenthG kann einem Ausländer für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Nach Satz 2 der Vorschrift kann eine Aufenthaltserlaubnis abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die noch in § 30 Abs. 2 2.Halbsatz AuslG vorhandene Einschränkung: "soweit der Ausländer nicht mit einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet rechnen durfte, sind die Dauer des bisherigen Aufenthalts des Ausländers und seiner Familienangehörigen nicht als dringende humanitäre Gründe anzusehen" findet sich im neuen Regelungszusammenhang des § 25 Abs. 4 AufenthG nicht mehr. Damit ist dem gesetzgeberischen Anliegen der stärkeren ausländerrechtlichen Berücksichtigung erfolgter Integration während eines längeren Aufenthalts Rechnung getragen worden.
Nach der Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung für das Zuwanderungsgesetz (vgl. BR-Drs. 22/03 vom 16.01.2003, S. 178 -180) kommt als dringender persönlicher Grund iSd. § 25 Abs. 4 Satz 1 AufenthG der Abschluss einer Schulausbildung in Betracht. § 25 Abs. 4 Satz 2 AufenthG entspricht § 30 Abs. 2 AuslG und schafft eine eigenständige Möglichkeit der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis, unabhängig von den Voraussetzungen nach § 25 Abs. 4 Satz 1 AufenthG.
Nach den - das behördliche Ermessen lenkenden - Vorläufigen Anwendungshinweisen des Bundesministeriums des Innern zum AufenthG vom 22.12.2004, Ziffer 25.4.1.3, kann ein dringender persönlicher Grund iSd. § 25 Abs. 4 Satz 1 AufenthG im bevorstehenden Abschluss einer Schulausbildung gesehen werden, wenn sich der Schüler bereits kurz vor dem angestrebten Abschluss, also zumindest im letzten Schuljahr befindet. Nach Ziffer 25.4.1.5 gilt dies jedoch nur, wenn das mit dem weiteren Aufenthalt angestrebte Ziel nicht auch in zumutbarer Weise im Ausland erreicht werden kann.
Unter Berücksichtigung dieser rechtlichen Vorgaben ist zu beachten, dass sich der Antragsteller zu 3. derzeit - wie durch eine Schulbescheinigung belegt wurde - in der 10. Jahrgangsstufe des Gerhard-Rohlfs-Schulzentrums befindet und dass der Schulbesuch voraussichtlich im Juli 2005 enden wird. Die Antragstellerin zu 6. befindet sich in der 9. Jahrgangsstufe, ihre Schulausbildung endet voraussichtlich im Juli 2006. Die Antragsteller haben nachvollziehbar vorgetragen, dass sie in die schulischen Verhältnisse in Bremen fest verwurzelt und integriert sind. Sie haben die deutsche Sprache gewissermaßen als "ihre Sprache" angenommen. Ein Wechsel in das Schulsystem im Kosovo würde sie nicht nur mit anderen sprachlichen Gegebenheiten konfrontieren, sondern auch mit einem wohl gänzlich anderen Schulsystem. Dort würden sie aller Voraussicht nach in ihrer Leistungsbilanz aufgrund der erforderlichen Umstellung weit zurückgeworfen werden, und möglicherweise würde es zu überhaupt keinem erfolgreichen Schulabschluss kommen. Die erkennende Kammer sieht daher jedenfalls für die Antragsteller zu 3. und 6. einen dringenden persönlichen Grund iSd. § 25 Abs. 4 Satz 1 AufenthG als gegeben an.
Nach § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG kann einem vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer abweichend von § 11 Abs. 1 eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Aufgrund der nach Art. 6 Abs. 1 GG gebotenen Wahrung der Familieneinheit kommt demgemäß ein alleiniges Aufenthaltsrecht für die Antragsteller zu 3. und 6. wegen des Schulbesuchs nicht in Betracht, sondern auch ihren Eltern und Geschwistern ist derzeit ein solches voraussichtlich zu erteilen.