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Zitieren als:
BVerwG, Beschluss vom 25.11.2004 - 1 B 24.04 - asyl.net: M6072
https://www.asyl.net/rsdb/M6072
Leitsatz:

Gewöhnlicher Aufenthalt gem. § 4 Abs. 3 StAG meint im Wesentlichen dasselbe wie der Begriff "dauernder Aufenthalt" gem. Art. 2 AG-StlMindÜbK, so dass an die Legaldefinition des § 30 Abs. 3 S. 2 SGB I angeknüpft werden kann.(Leitsatz der Redaktion)

Schlagwörter: D (A), Einbürgerung, in Deutschland geborene Kinder, Eltern, gewöhnlicher Aufenthalt, Auslegung, Revisionsverfahren, Nichtzulassungsbeschwerde, Grundsätzliche Bedeutung
Normen: StAG § 4 Abs. 3 S. 1 Nr. 1; AuslG § 85 Abs. 1
Auszüge:

Die Beschwerde hält die Frage für grundsätzlich bedeutsam, wie endgültig und unter Heranziehung welcher Begriffe aus anderen gesetzlichen Bestimmungen der "gewöhnliche Aufenthalt" nach § 4 Abs. 3 Staatsangehörigkeitsgesetz - StAG - zu bestimmen sei.

Das Verwaltungsgericht habe mangels obergerichtlicher Klärung dieser Frage bereits die Berufung zugelassen. Der Verwaltungsgerichtshof habe in seiner Entscheidung ebenfalls nicht abschließend festgestellt, wie dieser gesetzlich nicht geklärte Begriff zu interpretieren sei. Ob die vom Verwaltungsgerichtshof herangezogenen Hilfsdefinitionen aus anderen gesetzlichen Tatbeständen des Ausländergesetzes anwendbar seien oder ob neue Kriterien für den Begriff "gewöhnlicher Aufenthalt" nach dem Staatsangehörigkeitsgesetz festzulegen seien, sei deshalb höchstrichterlich zu klären. Es sei in diesem Zusammenhang auch klärungsbedürftig, ob dieser Begriff trotz der anders gearteten Integrationserwartungen des in der Bundesrepublik Deutschland geborenen Kindes ausländischer Eltern in § 4 Abs. 3 StAG ebenso zu beurteilen sei wie bei der Einbürgerung nach § 85 Abs.1 AuslG.

Mit diesem Vorbringen wird eine bestimmte klärungsbedürftige Rechtsfrage, die sich in dem angestrebten Revisionsverfahren stellen würde, nicht aufgezeigt. Die mit Wirkung vom 1. Januar 2000 in das Staatsangehörigkeitsgesetz eingefügte Bestimmung des § 4 Abs. 3 StAG (Art. 1 Nr. 3 des Gesetzes zur Reform des Staatsangehörigkeitsrechts vom 15. Juli 1999, BGBl I S. 1618) setzt für den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit eines Kindes ausländischer Eltern durch Geburt im Inland u.a. voraus, dass ein Elternteil seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat. Dass der Gesetzgeber damit an die wortgleiche Voraussetzung der Einbürgerungsvorschrift in § 85 Abs. 1 Satz 1 AuslG und die hierzu ergangene Rechtsprechung angeknüpft hat, liegt auf der Hand und bedarf nicht der Klärung in einem Revisionsverfahren. Der Verwaltungsgerichtshof hat zur Auslegung des Begriffs "gewöhnlicher Aufenthalt" in § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 StAG daher zutreffend auf die Kriterien zurückgegriffen, die von der Rechtsprechung zu dem gleichen Begriff in § 85 Abs. 1 AuslG entwickelt worden sind. Danach besagt der Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts im Wesentlichen dasselbe wie der Begriff "dauernder Aufenthalt" im Sinne des Art. 2 des Gesetzes zur Verminderung der Staatenlosigkeit vom 29. Juni 1977 (BGBl I S. 1101) -AG-StlMindÜbK -, und es kann ebenso wie hinsichtlich dieses Begriffs auch hier an die Legaldefinition in § 30 Abs. 3 Satz 2 Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil - (SGB I) und die dazu ergangene Rechtsprechung des Bundessozialgerichts angeknüpft werden (vgl. Beschluss vom 29. September 1995 - BVerwG 1B236.94 Buchholz 402.240 § 89 AuslG 1990 Nr. 1; Urteil vom 23. Februar 1993 - BVerwG 1 C 45.90 - BVerwGE 92, 116 121 ff.>; zu demselben Begriff in § 16 Abs. 1 AuslG ferner Urteil vom 19. März 2002 - BVerwG 1 C 19.01- BVerwGE 116, 128 137 . ff.>).

Die Beschwerde zeigt keine Gründe auf, die dafür sprechen könnten, dass der Gesetzgeber trotz wortgleicher Formulierung insoweit andere Kriterien angewandt wissen wollte. Der Hinweis der Beschwerde auf etwaige anders geartete Integrationserwartungen für in Deutschland geborene Kinder ausländischer Eltern führt angesichts des gesetzlichen Wortlauts nicht weiter. Im Übrigen legt die Beschwerde auch nicht ansatzweise dar, welche anderen Kriterien ihrer Ansicht nach für die Auslegung des Begriffs des gewöhnlichen Aufenthalts in Betracht kommen und inwieweit sie für das Klagebegehren der Klägerinnen entscheidungserheblich sein sollten.