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VGH Baden-Württemberg

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Zitieren als:
VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 09.11.2004 - 13 S 1504/04 - asyl.net: M6091
https://www.asyl.net/rsdb/M6091
Leitsatz:

§ 82 Abs. 1 AuslG (insoweit gleichlautend: § 66 Abs. 1 AufenthG) lässt als Spezialregelung hinsichtlich des Kostenschuldners einer Abschiebung einen den Kreis der Kostenschuldner erweiternden Rückgriff auf die allgemeinen Regelungen des VwKostG (Veranlasserprinzip) nicht zu.(Amtlicher Leitsatz)

 

Schlagwörter: D (A), Abschiebungskosten, Kostenerstattung, Kostenschuldner, Familienangehörige, Kinder, Gesetzesänderung, Berufungszulassungsantrag, Grundsätzliche Bedeutung, Ernstliche Zweifel, Besondere rechtliche Schwierigkeiten
Normen: AuslG § 81; AuslG § 82; VwKostG § 13 Abs. 1 Nr. 1; AufenthG Abs. 1; VwGO § 124
Auszüge:

Was die hier streitigen im Zusammenhang mit der Abschiebung entstandenen Kosten angeht, so handelt es sich um "Auslagen" im Sinn des § 81 Abs. 1 AuslG, die hinsichtlich des Kostenschuldners spezialgesetzlich in § 82 AuslG und hinsichtlich des Umfangs der Kostenhaftung spezialgesetzlich in § 83 AuslG geregelt sind; insofern enthält das Ausländergesetz gegenüber dem Verwaltungskostengesetz in beiden Bereichen "abweichende Vorschriften" im Sinn von § 81 Abs. 2 Satz 2 AuslG. Ein Rückgriff auf allgemeine Regelungen des Verwaltungskostengesetzes - insbesondere auf das den Kostenschuldner betreffende Veranlasserprinzip des § 13 Abs. 1 Nr. 1 VwKostG - ist danach nicht zulässig.

Zwar geht auch der Senat davon aus, dass die Bestimmung des § 82 Abs. 1 AuslG, wonach die durch die Abschiebung entstehenden Kosten "der Ausländer zu tragen" hat, Ausfluss des genannten Prinzips ist (siehe auch OVG Lüneburg, Urteil vom 25.3.2004 - 11 LB 327/03 -, AuAS 2004, S. 195 mit Hinweis auf die Begründung des Regierungsentwurfs BT -Drs. 11/6321 S. 83 und Hailbronner, AuslR, RdNr. 1 zu § 82 AuslG); das bedeutet aber nicht, dass über die Spezialregelungen des § 82 AuslG hinaus ein Ausländer mithilfe des allgemeinen Veranlasserprinzips des § 13 Abs. 1 Nr. 1 VwKostG zu Kosten herangezogen werden darf, die im Zusammenhang mit der Abschiebung eines anderen Ausländers (hier: von Familienangehörigen des Klägers) stehen. § 82 AuslG bestimmt nämlich spezialgesetzlich nicht nur die Haftung des, Ausländers für Kosten seiner eigenen Abschiebung, sondern enthält auch Vorschriften, die die Heranziehung zu Abschiebungskosten dritter Personen betreffen; dies gilt etwa für die Kostentragungspflicht desjenigen, der gegenüber der Ausländerbehörde eine entsprechende Verpflichtung übernommen hat (§ 82 Abs. 2 AuslG), und außerdem für die Kostentragung durch den Beförderungsunternehmer (§ 82 Abs. 3 AuslG), den Arbeitgeber (§ 82 Abs. 4 Satz 1 AuslG) und den Schleuser (s. § 82 Abs. 4 Satz 2 i. V.m. § 92a oder b AuslG). Die hier detailliert erfolgte Spezialregelung für die Heranziehung von Personen für Kosten der Abschiebung Dritter schließt nicht nur hinsichtlich der dort spezialgesetzlich genannten Personengruppen einen Rückgriff auf § 13 Abs. 1 Nr. 1 VwKostG und das dort allgemein geregelte Veranlasserprinzip aus, sondern ist insgesamt als "abweichende" Regelung der Auslagenerstattung im Sinn des § 81 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 2 AuslG zu verstehen. Auch sonst wird allgemein die ausländerrechtliche Kostenspezialregelung - etwa die Regelung des § 83 AuslG über die Höhe der Abschiebungskosten - als abschließend gegenüber dem Verwaltungskostengesetz aufgefasst (siehe Funke-Kaiser, GK-AuslR, RdNr. 2 zu § 83 AuslG). Dass für eine in der Praxis durchaus bedeutsame Gruppe - die Abschiebung Minderjähriger - die Möglichkeit der Kostenüberwälzung auf die Eltern als die in aller Regel wirtschaftlich leistungsfähigeren Schuldner fehlt, (siehe auch OVG Lüneburg, a.a.O., S. 198), ist daher eine Gesetzeslücke, die nicht durch den Rückgriff auf die bereits nach § 81 Abs. 2 S. 2 AuslG zurücktretende allgemeine Regelung des VwKostG geschlossen werden kann.

Dass der Gesetzgeber mit der Neuregelung in §§ 81 ff. früher bestehende Haftungslücken schließen wollte (siehe BT -Drs. 11/6321, S. 83 f.), steht dem nicht entgegen; diese gerade in den neu geschaffenen Spezialregelungen zum Ausdruck kommende Absicht des Gesetzgebers gestattet es nicht, entgegen dem § 82 Abs. 1 AuslG eindeutig zu entnehmenden Wortlaut den Kreis der Kostenschuldner zu erweitern.