VG Düsseldorf

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Zitieren als:
VG Düsseldorf, Beschluss vom 26.01.2005 - 7 L 3358/04.A - asyl.net: M6103
https://www.asyl.net/rsdb/M6103
Leitsatz:

Kein Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 AufenthG bei allgemeinen Gefahren, die keine extreme Gefahrenlage begründen (Übertragung der Rspr. zu § 53 Abs. 6 AuslG).

 

Schlagwörter: Serbien und Montenegro, Mazedonien, Roma, Minderjährige, in Deutschland geborene Kinder, Offensichtlich unbegründet, Situation bei Rückkehr, Abschiebungshindernis, Schikanen, Sicherheitslage, Versorgungslage, Allgemeine Gefahr, Extreme Gefahrenlage, Vorläufiger Rechtsschutz (Eilverfahren)
Normen: AsylVfG § 36 Abs. 4 S. 1; AufenthG § 60 Abs. 2 - 5; AufenthG § 60 Abs. 7
Auszüge:

Kein Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 AufenthG bei allgemeinen Gefahren, die keine extreme Gefahrenlage begründen (Übertragung der Rspr. zu § 53 Abs. 6 AuslG).

(Leitsatz der Redaktion)

 

Das Bundesamt darf einen Asylantrag, soweit nicht die besonderen Tatbestände des § 30 AsylVfG eingreifen, nur dann als offensichtlich unbegründet ablehnen, wenn nach vollständiger Erforschung des Sachverhalts an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen kein vernünftiger Zweifel besteht und sich bei einem solchen Sachverhalt nach allgemein anerkannter Rechtsauffassung (nach dem Stand von Rechtsprechung und Lehre) die Ablehnung des Asylantrags geradezu aufdrängt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. Juli 1983, 1 BvR 1470/82, BVerfGE 65, 76 ff. (95 f.) ferner BVerwG, Beschluss vom 1. März 1979, 1 B 24.79, DÖV 1979, 902).

Das ist hier der Fall. Nach Auffassung des Gerichts drängt es sich ohne weiteres auf, dass die Antragstellerin, ein in Deutschland geborenes und dem Volk der Roma angehörendes Kleinkind, im Falle einer Reise nach Mazedonien (Heimat der Mutter und in dem angegriffenen Bescheid Abschiebungszielstaat bestimmt) oder in die Staatenunion Serbien und Montenegro (Heimat des Vaters) vor politischer Verfolgung hinreichend sicher ist.

Auch die Voraussetzungen des § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG entspricht § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG, der als "Soll"-Vorschrift ausgestaltet ist, während die bisherige Regelung eine "Kann"-Bestimmung war - liegen nicht vor. Sollte die Antragstellerin - was dem Gericht mangels Begründung des Asylantrags, der Klage 7 K 78146/04.A und des vorliegenden Antrags nicht bekannt ist - befürchten, im Falle einer Reise nach Mazedonien auf Grund ihrer Volkszugehörigkeit Repressalien durch Behörden und Mitbürger ausgesetzt zu sein oder Schwierigkeiten bei der Sicherstellung des Lebensunterhalts und den Verrichtungen des täglichen Lebens zu haben, handelt es sich um Gefahren, die der gesamten Gruppe der Roma in Mazedonien drohen. Wie sich aus dem Zusammenhang der Regelungen in §§ 53 Abs. 6 Sätze 1 und 2, 54 AuslG - entspricht §§ 60 Abs. 7 Sätze 1 und 2, 60 a AufenthG - ergibt, scheiden derartige Gefahren, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, aus dem Anwendungsbereich der §§ 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG, 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG aus. Gefahren dieser Art finden im Rahmen dieser Vorschriften nur Berücksichtigung, wenn es wegen einer extremen Gefahrenlage, die den Betroffenen im Falle seiner Abschiebung gleichsam "sehenden Auges" dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausliefern würde, geboten ist, § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG bzw. § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG im Lichte der Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 und 2 Abs. 2 Satz 1 GG verfassungskonform einschränkend auszulegen (vgl. BVerwG, Urteile vom 7. Oktober 1995, 9 C 9.95, DVBl. 1996, 203 (204 f.), und vom 4. Juni 1996, 9C 134.95, InfAuslR 1996, 289 (290).

Wie das Bundesamt in dem angegriffenen Bescheid unter Auswertung der neueren Auskunfts- und Erkenntnislage zutreffend dargelegt hat, ist eine derartige extreme Gefahrenlage für Roma weder in Mazedonien noch in Serbien und Montenegro gegenwärtig und in absehbarer Zukunft gegeben. Das Gericht schließt sich auch diesen Ausführungen an.