OVG Nordrhein-Westfalen

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Zitieren als:
OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 16.12.2004 - 13 A 1140/04.A - asyl.net: M6120
https://www.asyl.net/rsdb/M6120
Leitsatz:

Zu den Anforderungen an einen Abschiebungsschutz aufgrund vorliegender Anpassungsstörungen mit weiteren Symptomen. (Leitsatz der Redaktion)

Schlagwörter: Serbien und Montenegro, Kosovo, Albaner, Traumatisierte Flüchtlinge, Psychische Erkrankung, Anpassungsstörung, Depression, Posttraumatische Belastungsstörung, Fachärztliche Stellungnahmen, Sachverständigengutachten, Gegengutachten, Situation bei Rückkehr, Abschiebungshindernis, Medizinische Versorgung, Finanzierbarkeit, Retraumatisierung, Allgemeine Gefahr, Suizidgefahr, Zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse, Inlandsbezogene Vollstreckungshindernisse, Prüfungskompetenz, Bundesamt, Ausländerbehörde, Zuständigkeit
Normen: AuslG § 53 Abs. 6; VwGO § 130a; ZPO § 412; VwGO § 173
Auszüge:

In seiner Heimat Kosovo hat der Kläger nicht etwa Gefahren im Sinne des § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG wegen politischer Verfolgung, die nach BVerwG-Urteil vom 17. Oktober 1995 - 9 C 9.95 -, BVerwGE 99,324/329, auch im Rahmen des Abschiebungsschutzbegehrens zu berücksichtigen ist, allgemeiner Versorgungsnot oder ähnlichem zu befürchten.

Auch die allgemeine Versorgungslage ist soweit wiederhergestellt, dass von einer konkreten Gefahrensituation für die Rechtsgüter des § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG für Kosovo-Albaner nicht mehr die Rede sein kann.

Allerdings stützt der Kläger sein Abschiebungsschutzbegehren auf seinen Gesundheitszustand, der im Kosovo nicht oder nicht adäquat und nur in Deutschland behandelt werden könne. Für den Senat ist erwiesen, dass der Kläger an einer Anpassungsstörung mit längerer depressiver Reaktion (ICD-10: F43.21) und an Alpträumen (ICD-10:F51.5) sowie an Kopfschmerzen und Verspannungen leidet. Zu einem dahingehenden Ergebnis gelangt das vom Verwaltungsgericht eingeholte Gutachten der Prof. G. und Dipl.-Psych. S. vom 17. März 2003. Das Gutachten lässt Widersprüche, Begründungsmängel oder Unklarheiten nicht erkennen sowie keine Fragen offen; es ist wissenschaftlich untermauert und deshalb überzeugend. Soweit der Kläger nach Zulassung der Berufung im August 2004 den Arzt für Psychiatrie (prakt. Arzt) Dr. K. aufgesucht und dieser mit Attest vom 10. September 2004 bei ihm "mit hoher Sicherheit eine PTBS" erkennt, anderslautende Aussagen für unzutreffend erklärt und sinngemäß meint, die Gutachter - Dr. G. u. S. - hätten keine ausreichende klinische Erfahrung usw., folgt der Senat dem nicht. Denn dem Atttest des. Dr. K. fehlt die wissenschaftliche Grundlage; mit den Gründen der Gutachter Dr. G. u. S. für das Nichtvorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) befasst er sich nicht. Woher Dr. K. als nicht klinisch tätiger Arzt für Psychiatrie und praktischer Arzt die Berechtigung herleitet, die klinische Erfahrung der genannten Gutachter anzuzweifeln, von denen immerhin einer ständig wisserschaftlich auch im klinischen Bereich tätig ist (vgl. insoweit zum hier im Mittelpunkt stehenden Problemkreis die Zeitschrift für Psychotraumatologie und Psychologische Medizin <ZPPM>, 2003, Heft 4), und der vom Prozessbevollmächtigten des Klägers in anderen Verfahren der gleichen Problematik als der "Nestor" der Psychotraumatologie und als höchst qualifiziert bezeichnet worden ist, hat dieser nicht dargelegt. Die Anordnung einer neuen Begutachtung des Klägers nach § 412 ZPO i.V.m. § 173 VwGO kommt daher nicht in Betracht.

Bei Rückkehr des Klägers in den Kosovo ist eine wesentliche Verschlimmerung seiner Erkrankung im Sinne existentieller Gesundheitsgefahren aus Sicht eines vernünftig denkenden und besonnenen Menschen nicht ernstlich zu befürchten und damit nicht überwiegend wahrscheinlich.

Nach den dem Senat vorliegenden umfangreichen Erkenntnisquellen über die allgemeine Lage und die Gesundheitsversorgung im Kosovo - Auskünfte des Auswärtigen Amtes, des Deutschen Verbindungsbüros Kosovo, des UNHCR, von Menschenrechtsorganisationen, sonstigen öffentlichen und privaten Stellen und Beobachtern vor Ort, Berichterstattungen in den Medien usw.-, von denen der Übersicht wegen nur der wesentliche Teil in das vorliegende Verfahren eingeführt ist, war die allgemeine Lage der Gesundheitsversorgung im Kosovo - dieses isoliert betrachtet ohne Restserbien- und Montenegro - nach den kriegerischen Auseinandersetzungen des Jahres 1999 stark beeinträchtigt und hat sich nur schleppend erholt und den Stand früherer Jahre wohl auch noch nicht wieder erreicht.

Aus all diesen Erkenntnisquellen ergibt sich für den Senat ein Bild, wonach die schon vor der kriegerischen Auseinandersetzung geschwächte allgemeine Gesundheitsversorgung im Kosovo zwar in jüngster Zeit gezielt verstärkt worden ist, aber noch längst nicht zufrieden stellen kann und nicht annähernd den Standard der deutschen Gesundheitsversorgung erreicht bat; eine psychische Erkrankung, insbesondere PTBS und schwere Depression, aber auch Anpassungsstörung mit depressiver Reaktion und Alpträumen, in stark belasteten Einrichtungen des öffentlichen Gesundheitswesens medikamentös bei wirkkontrollehalber begleitend durchgeführten supportiven Gesprächen durch psychotherapeutisch nur eingeschränkt befähigtes ärztliches Personal behandelt wird und eine psychotherapeutische Behandlung durch qualifizierte Fachärzte nur in den ebenfalls stark requentierten NRO durchgeführt werden kann. Soweit insbesondere die Fachärztin Dr. T3. - N1. und die Schweizer Flüchtlingshilfe eine unzureichende Psychotherapie im Kosovo bemängeln, geschieht dies erkennbar unter dem Blickwinkel einer Heilung oder Linderung bewirkenden Behandlung schwerer psychischer Erkrankungen nach - hier allerdings nicht maßgebenden - Standards. Dies ergibt sich aus den Ausführungen der Fachärztin Dr. T3. -N1. vom 29. Juli 2003, wonach alle internationalen Studien zeigten, dass eine medikamentöse Behandlung nur mit zusätzlicher Psychotherapie langfristig "erfolgreich" sei; medikamentöse Behandlung könne nur helfen, die Symptome zu reduzieren. Supportive Gespräche helfen nach ihrer Stellungnahme vom 14. Juni 2004 sehr wohl. Auch spricht die Schweizer Flüchtlingshilfe in ihrem Update vom 24. Mai 2004 mit Blick auf die geschilderte medikamentöse Behandlung psychischer Erkrankungen von nicht geeigneten Strukturen für die "Rehabilitation" von chronischen Psychiatrie-Patienten; der Einsatz von Medikamenten könne hilfreich sein, ersetze aber eine Psychotherapie nicht. Auch diejenigen Erkenntnisquellen, die die Behandlungsmöglichkeiten für schwere psychische Erkrankungen im Kosovo für unzureichend halten, stellen somit eine grundsätzliche Behandlungsmöglichkeit, und zwar eine medikamentöse und kontrollehalber begleitende, supportive .gesprächstherapeutische Behandlung, nicht in Abrede, messen ihr aber langfristig die erhoffte heilende oder die Symptome unterdrückende Wirkung nicht zu. Das bedeutet, dass auch von diesen kritischen Stellungnahmen zur medizinischen Versorgungslage im Kosovo eine Verschlimmerung einer vorliegenden psychischen Erkrankung wie etwa der einer Anpasssungsstörung mit depressiver Reaktion und Alpträumen im Sinne einer erheblichen Gefahr für Leib und Leben bei Behandlung nach den im Kosovo gegebenen Möglichkeiten nicht definitiv behauptet wird. Vom Deutschen Verbindungsbüro Kosovo wird insbesondere in den jüngeren Auskünften mehrfach betont, dass namhafte albanische Ärzte die Auffassung vertreten, dass supportive Gespräche trotz fehlender psychotherapeutischer Medikamentation in sicherer Umgebung therapeutisch wirksam seien. Das bedeutet nichts anderes, als dass die regelmäßig zu erwartende medikamentöse Behandlung mit begleitender Gesprächstherapie jedenfalls zur Vermeidung einer Verschlimmerung des aktuellen Krankheits- bzw. Gesundheitszustands geeignet ist und keine überwiegend wahrscheinliche Gefahr einer Verschlimmerung der Krankheit und erst recht nicht eine Verschlimmerung vom oben beschriebenen Gewicht begründet. Das gilt erst recht für pressive Störungen oder depressive Reaktionen oder Anpassungsstörungen mit depressiven Störungen, die im Grundprinzip - antidepressiv-medikamentös mit begleitender, stützender Psychotherapie - auch in ambulanter Form ,- behandelt werden (vgl. hierzu Florange, Gutachten vom 2. Mai 2004 an VG Düsseldorf).

Diese Einschätzung wird bestärkt, wenn nicht sogar in Richtung einer gewissen Heilungsaussicht erweitert, durch die in den vorliegenden Erkenntnisquellen geschilderte Behandlungstätigkeit der vielen im Kosovo tätigen Nicht-Regierungsorganisationen, die selbst schwere psychische Erkrankungen und diese im Wege der qualifizierten Gesprächstherapie behandeln, sowie der heilberuflich niedergelassenen Psychotherapeuten.

Soweit von Seiten der Abschiebungsschutz begehrenden Ausländer eingewandt wird, die vom Deutschen Verbindungsbüro Kosovo geschilderte Versorgungslage sei bewusst geschönt und nicht verwertbar, vermag sich der Senat dem nicht anzuschließen. Die Darstellung der Gegebenheiten durch diese Quelle steht nicht etwa mit derjenigen der Fachärztin Dr. T3. -N1. und der Schweizer Flüchtlingshilfe im Widerspruch. Letztere nehmen in ihren Stellungnahmen anders als das Verbindungsbüro lediglich eine Wertung unter bestimmtem Blickwinkel vor, indem sie am Maßstaß europäischer Standards die Behandlungsmöglichkeiten im Kosovo für psychische Erkrankungen für unzureichend für einen Heilungserfolg halten. Für eine geschönte, unrealistische Darstellung des Verbindungsbüros liegen Anhaltspunkte nicht vor, zumal dessen Stellungnahmen Fakten ohne Wertungen beinhalten und auf Informationen von Vertragsärzten beruhen (vgl zu letzterem: Deutsches Verbindungsbüro vom 7.J uni 2004, ASYLIS-WEB: SERO0056870, a.a.O.; Deutsche Botschaft vom 30. Juni 2004, ASYLIS-WEB: SER25856002, a.a.O.). Im Übrigen können ausgehend von der ständigen Rechtsprechung Stellungnahmen des Auswärtigen Amts und deutscher Auslandsvertretungen und deren Dienststellen zur Beurteilungsgrundlage in Asyl- und/oder Abschiebungsrechtsstreiten gemacht werden (vgl. hierzu GK AsylVfG, Stand 4.98, § 78 Rdn. 400, m. Rspr. d. BVerwG, Urteil vom 30. Dezember 1997 - 11 B 3.97 -, NVwZ 1998, 634 und Beschluss vom 6. Oktober 1998 - 3 B 35.98-, NVwZ 1999, 184).

Soweit die Qualifikation der freiberuflich tätigen und anderer Psychotherapeuten im Kosovo von der Fachärztin Dr. T3.-N1. angezweifelt wird, ist bereits deren Berechtigung und Befähigung zur Bewertung der Kenntnisse und Fertigkeiten der betroffenen Therapeuten und der Wirksamkeit ihrer Behandlungsmethoden nicht erkennbar sowie deren Wertung wegen des - unzutreffenden - Vergleichs mit deutschen und europäischen Behandlungsstandards und im Übrigen als persönliche Ansicht nicht maßgebend.

Soweit von Seiten der Abschiebungsschutz begehrenden Ausländer sinngemäß darauf hingewiesen wird bei Rückführung in den Kosovo werde ggf. eine in Deutschland aufgenommene Therapie abgebrochen, man falle in ein Loch der Schutzlosigkeit oder es würden im Land der Peiniger die Krankheitssymptome erneut ausgelöst und verstärkt, führt auch das unter Berücksichtigung des - in den obigen Ausführungen angeführten - Zumutbarkeitsgesichtspunkts nicht zur Annahme einer überwiegend wahrscheinlichen wesentlichen oder gar lebensbedrohenden Gesundheitsverschlechterung im Sinne einer existentiellen Gesundheitsgefahr. Der Ausländer muss sich darauf verweisen lassen, und kann dieses Faktum nicht permanent ausblenden, dass er in das Landl seiner kulturellen Heimat in befriedetem Zustand zurückkehrt, wo einer Verschlimmerung seiner psychischen Erkrankung entgegenwirkende Behandlungsmöglichkeiten bestehen und es ihm zumutbar ist, sich gegebenenfalls mit Unterstützung seines Familienverbandes um Behandlung zu bemühen und sie wahrzunehmen sowie seinen Lebensbereich in einer bezüglich seiner psychischen Krankheit unkritischen Region zu begründen. Hinzuweisen ist zudem darauf, dass in der Wissenschaft die beachtliche Ansicht vertreten wird, die Behandlung schwerer psychischer Erkrankungen habe auch und gerade im muttersprachlichen, kulturell vertrauten und befriedeten Heimatland gute Erfolgsaussichten (vgl. hierzu Krieken, InfAuslR 2000, 518 ff.; Krebs, Kath. Klinik Duisburg, Gutachten vom 12. Februar 2004).

In der Wissenschaft wird für den Erfolg psychotherapeutischer Behandlung ein dem Patienten bewusstes friedliches, Sicherheit vor erneuter Verfolgung, Gewalt, Demütigung, Angst vor Konfrontation mit dem Ort des Geschehens usw. bietendes Umfeld verlangt. Dem kann bei einer Gesamtschau aller Vorteile und Nachteile eines Lebens des Ausländers in Deutschland und im Heimatland in heimatlicher befriedeter Umgebung und heimatlicher Kultur incl. Sozialgemeinschaft mindestens genauso, wenn nicht besser, Rechnung getragen werden. Eine Therapie in Deutschland wird regelmäßig unter der dem Erkrankten bewussten "Drohung" seiner und seiner Familie Abschiebung im Fall seiner Gesundung stehen, was er als Störung seiner erworbenen Sicherheit empfinden und worauf er mit Zurückhaltung bei der gebotenen Mitwirkung reagieren wird, so dass die Therapie regelmäßig geringere Erfolgssichten haben wird (vgl. hierzu Haenel, Zur Begutachtung psychisch reaktiver Traumafolgen in aufenthaltsrechtlichen Verfahren, Zeitschrift für Psychotraumatologie und Psychologische Medizin, 2003, Heft 4, S. 19/30).

Das für eine erfolgreiche Behandlung vielfach geforderte Bleiberecht auf Dauer in Deutschland für den ausreisepflichtigen Ausländer und möglichst für seine gesamte Familie (vgl. hierzu Diakonisches Werk in Kurhessen-Waldeck, Positionspapier zum Thema Trauma und Abschiebung, 12. Juli 2004, an VG Kassel m. w. N.) sieht das Ausländerrecht aber nicht vor. Überdies ist eine in Deutschland vermittels eines Dolmetschers durchgeführte Gesprächstherapie ohnehin kommunikativ und therapeutseits-reaktiv weniger zielführend als eine muttersprachlich im Kosovo durchgeführte Therapie. Konfrontationsangst kann der Ausländer selbst entgegenwirken, indem er den Ort des Geschehens meidet.

Soweit vom traumatisierten oder sonst psychisch kranken ausreisepflichtigen Ausländer vorgebracht wird, eine Rückkehr an den Ort seiner psychischen Erschütterung sei unzumutbar und führe zu einer Retraumatisierung - eine Traumatisierung des Klägers unterstellt - oder zum Wiederausbruch oder zur Verschlimmerung seiner psychischen Krankheit, führt das ebenfalls nicht zur Annahme überwiegend wahrscheinlicher Leibes- und Lebensgefahren von der beschriebenen Schwere. Auch insoweit ist es ihm zumutbar, seinen Lebensmittelpunkt an einem Ort zu begründen, wo diese Folgen nicht drohen, und den Heimatlandes sei insoweit ungeeignet und löse bei dem Rückkehrer die gleichen Folgen aus. Die Lebenserfahrung spricht eindeutig gegen die Richtigkeit einer solchen von der Klägerseite auch durch nichts substantiierten Behauptung. Sie hätte zur Konsequenz, dass jeder traumatisierte oder sonst psychisch kranke Mensch nur außerhalb seines Heimatlandes erfolgreich therapiert werden könnte. Dass solches unzutreffend ist, beweist die Tatsache, dass viele öffentliche Einrichtungen und NRO im Kosovo psychotherapeutisch tätig sind und ihnen keinesfalls von vornherein ein Misserfolg zugesprochen werden kann. Im Übrigen leuchtet nicht ein, weshalb einem psychisch schwer belasteten Ausländer nicht zugemutet werden darf, das Schicksal seiner in der Heimat verbliebenen ebenfalls psychisch schwer belasteten Landsleute zu teilen und Krankheitssymptome wie quälende Erinnerungen an und bedrückende Träume von Verwandte/n im Heimatland zu überwinden.

Soweit ein ausreisepflichtiger erfolgloser Asylbewerber suizidale Absichten äußert, oder ihm eine Suizidgefahr ärztlicherseits attestiert wird, führt das regelmäßig nicht zu einem vom Bundesamt anzuerkennenden Abschiebungshindernis nach § 53 Abs. 6 S. 1 AuslG. Sinngemäßen Äußerungen des Ausländers dahin, lieber den Tod als eine Rückkehr in das Land der Verfolger oder seiner erlittenen Pein hinzunehmen, ist ohnehin mit besonderer Erforschung ihrer Ernsthaftigkeit zu begegnen. Auch eine ärztliche Attestierung einer Suizidgefahr begründet für sich allein gesehen kein vom Bundesamt anzuerkennendes Abschiebungshindernis. Ist die Suizidgefahr zurückzuführen auf die psychsiche Belastung wegen anstehender Abschiebung oder deren Vollzug in Deutschland, handelt es sich bereits nicht um ein zielstaatsbezogenes, weil nicht an besondere Gegebenheiten im Abschiebungszielland anknüpfendes Hindernis (vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 1998 - 2 BvR 185/98-, InfAuslR 1998, 241 und Beschluss vom 16. April 2002 - 2 BvR 553/02 -, InfAuslR 2002, 4150), das allein dem Bundesamt gegenüber geltend gemacht werden kann. Bei der Durchführung der Abschiebung kann und ist gegebenfalls der Suizidgefahr, soweit sie ernsthaft zu befürchten ist, durch geeignete Vorkehrungen und Gestaltung der Abschiebung zu begegnen. Ist nach Rückkehr in das Heimatland die Gefahr eines Suizids wegen dortiger Umstände nicht ausgeschlossen, handelt es sich zum einen hinsichtlich des Eintritts der Tat regelmäßig um ein ungewisses und - im Rahmen des § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG - bezüglich der Eintrittswahrscheinlichkeit nicht annäherend greifbares und deshalb nicht konkretes Ereignis sowie zum anderen, wenn das Heimatland hinreichend Behandlungsmöglichkeiten für die als Abschiebungshindernis geltend gemachte Erkrankung bietet, eben nicht um ein an Gegebenheiten im Heimatland anknüpfendes, sondern um ein an Merkmale allein in der Person des Ausländers anknüpfendes und von seinem individuellen Entschluss abhängendes Ereignis.

Im vorliegenden Rechtsstreit des Klägers ist gegenüber den vorstehenden Ausführungen keine abweichende Würdigung geboten. Dem Kläger ist wie allen übrigen im Kosovo verbliebenen und zurückkehrenden Landsleuten der Zugang zu den dortigen Möglichkeiten der Behandlung einer psychischen Erkrankung wie Anpassungsstörung mit Depression und Alpträumen zugänglich.. Von seinem letzten Wohnsitz N. bei T. kann er das 20 km entfernte N2. erreichen, wo die medikamentöse Versorgung nicht oder jedenfalls nicht dauerhaft problematisch ist und auch Gesprächstherapie beispielsweise im CMHC angeboten wird. Soweit der Kläger Gesprächstherapie durch frei praktizierende Psychotherapeuten in Anspruch nehmen will, ist ihm das bei der schon wegen der Entfernung notwendigen Unterstützung aus dem im Kosovo üblichen Familienverband in Q. ebenfalls möglich. Zudem sind im Universitätsklinik-Zentrum Q5 Fachärzte für Psychiatrie und 8 in der Weiterbildung befindliche Ärzte gesprächstherapeutisch tätig. Dass für ihn eine Behandlung wegen der Kosten nicht erreichbar sei, überzeugt nicht. Die Behandlung im CMHC ist kostenfrei oder weitgehend kostenfrei und der Kläger hat alle Möglichkeiten der Einkommensverschaffung wahrzunehmen, wenn er nicht die Unterstützung des Familienverbandes bemüht und/oder die kosovarisch-administrative Sozialhilfe in Anspruch nimmt. Im Übrigen kann er auch in Deutschland eine kostenfreie Behandlung auf Dauer nicht erwarten.

Im Fall des ausreisepflichtigen Klägers geht der Senat auch nicht davon aus, dass ein Suizid entgegen den oben dargelegten Grundsätzen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist.