Zum gegenwärtigen Zeitpunkt droht Christen aus dem Irak nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Gruppenverfolgung aus religiösen Gründen; bei einer Rückkehr in den Irak ist im Allgemeinen auch eine beachtliche konkrete Gefahr für Leib oder Leben nicht zu befürchten.
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt droht Christen aus dem Irak nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Gruppenverfolgung aus religiösen Gründen; bei einer Rückkehr in den Irak ist im Allgemeinen auch eine beachtliche konkrete Gefahr für Leib oder Leben nicht zu befürchten.
(Amtlicher Leitsatz)
Nach dem Vorbringen der Kläger kommt hier - da eine unmittelbare staatliche Verfolgung offenkundig ausscheidet - nur eine mittelbare staatliche Verfolgung durch private Dritte wegen der Zugehörigkeit der Kläger zur christlichen Religionsgemeinschaft in Betracht. Zudem ist bei der Zukunftsprognose vom normalen Wahrscheinlichkeitsmaßstab auszugehen und zu fragen, ob den Klägern bei Rückkehr in den Irak die Gefahr politischer Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht. Der herabgeminderte Maßstab, d.h. die Zukunftsprognose dahin, dass eine solche Verfolgung mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden kann, kommt den Klägern nicht zugute, da sie nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts nicht als politisch Vorverfolgte aus dem Irak ausgereist sind.
Unter Beachtung dieser Grundsätze hat der Senat bereits erhebliche Bedenken, ob die von den Klägern vorgetragenen und im Übrigen von der Vorinstanz gewürdigten, nach deren Ausreise aus dem Irak festzustellenden Übergriffe auf Christen schon vom Ansatz her im Wesentlichen aus religiösen Gründen heraus erfolgt ("wegen") und deshalb überhaupt asylrelevant sind. Dabei verkennt der Senat nicht, dass es nicht nur am 1. August 2004 zu einer koordinierten Terroraktion gegen die christliche Minderheit im Irak kam, bei der fünf christliche Kirchen in Bagdad und Mossul Ziel von Autobomben wurden und die elf Todesopfer und weitere 50 Verletzte forderte, sondern dass sich Übergriffe gegen Christen und gegen ihre Gotteshäuser fortsetzten. So explodierten immer wieder vor christlichen Geschäften, die Alkohol verkauften, und vor Friseurläden Bomben und am 16. Oktober 2004 folgte eine zweite Anschlagserie auf sechs Kirchen in Bagdad, bei der eine Person getötet und neun Personen verletzt wurden. Außerdem kommt es immer wieder zu einzelnen Entführungen von Christen.
Gleichwohl hat der Senat Bedenken, aus diesen Repressalien gegenüber Christen auf eine im Wesentlichen religiös motivierte Verfolgung zu schließen. Da es sich bei der religiösen Motivation für derartige Übergriffe um eine innere Tatsache handelt, kann auf die Beweggründe gleichsam nur durch Hilfstatsachen geschlossen werden. Ein sehr wichtiger Anhaltspunkt ist dafür die Analyse des religiös bedingten und historisch gewachsenen Verhältnisses der jeweiligen Religionsgemeinschaften zueinander. Diese gibt indessen nach keiner dem Senat bekannten Erkenntnisquelle greifbaren Anhaltspunkte für einen "Christenhass" und für sich in Gewaltkriminalität gerade gegenüber den Christen entladenden Feindseligkeiten.
Soweit der Zulassungsantrag auf die in der letzten Zeit vermehrten Übergriffe auf Christen verweist, ergibt sich keine den Klägern günstigere Betrachtungsweise. Denn aus der Tatsache von Übergriffen von Mitgliedern einer bestimmten Glaubensgemeinschaft gegenüber denen einer anderen als solche kann nicht auf deren religiös begründeten Charakter geschlossen werden. Der Umstand ist allenfalls dann für die hier in Rede stehende Frage aussagekräftig, wenn die Übergriffe der Mitglieder einer bestimmten Glaubensgemeinschaft gegenüber denen einer anderen gänzlich außer Verhältnis zur Zahl der Repressalien stehen, die gegenüber den Mitgliedern der eigenen oder einer anderen Glaubensgemeinschaft begangen werden; zudem kann sich der religiöse Charakter auch gerade aus der Art der Übergriffe ergeben, dann nämlich, wenn sie eine religiösen Einschlag erkennen lasen (vgl. zu diesen Erwägungen bereits das zuvor zitierten Urteils des Senats vom 5. April 1989 - 13 A 147/87, UA S. 31 ff.).
Für eine derartige Annahme ist der Zulassungsantrag unergiebig. Gegen eine solche Wertung spricht im Übrigen, dass nach manchen Erkenntnisquellen die Christen nicht als solche, sondern vielmehr deshalb Opfer von Anschlägen werden, weil sie mit dem exponierten Verkauf von Alkohol gegen islamische Bräuche verstoßen (vgl. Die Zeit vom 21. Oktober 2004) oder weil sie in besonderem Maße als Übersetzer u.ä. - mit den amerikanischen Truppen - zusammen arbeiten (vgl. Die Welt vom 3. August 2004 und Süddeutsche Zeitung vom 10. Oktober 2004). Soweit sie Opfer von Entführungen waren, war jedenfalls in den "rein kriminellen" Fällen ausschlaggebend, dass die Christen vielfach den wohlhabenderen Schichten der irakischen Bevölkerung angehörten und deshalb die Aussicht auf eine (hohe) Lösegeldzahlung vielversprechend war (vgl. Die Zeit vom 21. Oktober 2004). Zudem muss man das Umfeld berücksichtigen, in dem sich diese Übergriffe gegenüber den Christen ereignen. Denn im Irak generell kommt es immer wieder zu Terroranschlägen auch gegenüber Muslimen, seien es Sunniten oder Schiiten, oder anderen Bevölkerungsgruppen.
Jedenfalls aber sind die Übergriffe nicht derartig häufig, dass sie mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit gegenwärtig und in näherer Zukunft eine Gruppenverfolgung der Christen begründen könnten. Das ergibt sich vornehmlich aus der Relation der bei diesen Übergriffen zu Tode gekommenen Christen und der Gesamtzahl der Christen im Irak. Denn die Zahl der in den vergangenen Monaten getöteten Christen, die das Verwaltungsgericht mit 80 angenommen hat und die nach anderen Quellen 110 betragen soll (vgl. Die Zeit vom 21. Oktober 2004), ist im Verhältnis der im Irak lebenden Christen, die mit 800.000 Personen (so das Verwaltungsgericht) bzw. 700.000 Personen (so FAZ vom 18. Oktober 2004) angegeben werden, vergleichsweise gering.
Schließlich ist auch die Frage nach einem Abschiebungshindernis i.S.d. § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG 1990 bzw. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht grundsätzlich klärungsbedürftig. Fehlt es schon an einer Guruppenverfolgung der Christen aus den dargestellten Gründen, so droht den Klägern auch nicht als bloßen Gruppenangehörigen die konkrete Gefahr für Leib oder Leben i.S. der genannte Vorschriften.