OVG Sachsen-Anhalt

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Zitieren als:
OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 10.02.2005 - 2 O 545/04 - asyl.net: M6243
https://www.asyl.net/rsdb/M6243
Leitsatz:

Das Rechtsschutzinteresse in aufenthaltsrechtlichen Eilrechtsschutzverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO endet nicht mit einer auf Druck der drohenden Abschiebung erfolgten Ausreise.

 

Schlagwörter: D (A), Familienzusammenführung, Adoption, Aufenthaltserlaubnis, Verlängerung, Fristversäumnis, Vorläufiger Rechtsschutz (Eilverfahren), Freiwillige Ausreise, Rechtsschutzinteresse, Prozesskostenhilfe, Adoptionsnachweise, Urkundenfälschung, Minderjährige, Volljährige
Normen: AuslG § 23 Abs. 1 Nr. 2; VwGO § 80 Abs. 5 S. 3; AuslG § 69 Abs. 3; AuslG § 21 Abs. 3
Auszüge:

Das Rechtsschutzinteresse in aufenthaltsrechtlichen Eilrechtsschutzverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO endet nicht mit einer auf Druck der drohenden Abschiebung erfolgten Ausreise.

(Leitsatz der Redaktion)

 

Das Verfahren hat sich durch die Ausreise des Antragstellers nicht erledigt; denn er will letztlich über § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO erreichen, dass die Folgen der Ablehnung seines Aufenthaltsantrags rückgängig gemacht werden.

Sein Rechtsschutzinteresse daran, vorläufigen Rechtsschutz nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO zu erlangen, hat der Antragsteller durch seine Ausreise nicht verloren, weil er zwar formal freiwillig, in der Sache aber unter dem Druck der drohenden Abschiebung ausgereist ist. § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO, auf den sich der Antragsteller nunmehr zusätzlich beruft, belegt, dass der Gesetzgeber den vorläufigen Rechtsschutz nicht mit der Erfüllung der Abschiebungsandrohung enden lassen will.

Die Beschwerde hat aber in der Sache keinen Erfolg, weil das Verwaltungsgericht zu Recht davon ausgegangen ist, dass dem Antragsteller kein Aufenthaltsrecht nach dem früheren Ausländerrecht zugestanden hat, das er heute noch nach dem geltenden Aufenthaltsgesetz durchsetzen könnte.

Für die Frage der hinreichenden Erfolgsaussicht im Rahmen des § 114 I ZPO (i. V. m. § 166 VwGO) ist unerheblich, ob - wie der Antragsteller meint - bei Anwendung des § 21 Abs. 3 AuslG darauf abzustellen ist, dass er zum Zeitpunkt der AntragsteIlung für die erste Aufenthaltserlaubnis (zum Zweck der Einreise) noch minderjährig gewesen war; denn das Verwaltungsgericht hat sich im Kern nicht ausschließlich auf die inzwischen eingetretene Volljährigkeit des Antragstellers berufen, sondern gleich tragend auch auf den Umstand, dass der Antragsteller nicht als "Kind eines Deutschen" i. S. des § 23 Abs. 1 Nr. 2 AuslG anzusehen ist. Ganz abgesehen davon war der Antragsteller bei Erteilung der Aufenthaltserlaubnis (30.11.2000), von welcher er über den Verlängerungsantrag Rechte herleitet, bereits volljährig (= 18 Jahre alt; vgl. § 2 BGB).

Die gegen die Würdigung des Verwaltungsgerichts insoweit erhobenen Angriffe gehen fehl.

Aus den Erkenntnissen des Auswärtigen Amts (vgl. Lagebericht Kasachstan vom 21.10.2002, Abschn. V, Nr. 2) und dem konkreten Gutachten des Landeskriminalamts ergibt sich mit der für die im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nur mögliche summarische Prüfung zur Überzeugung auch des Senats, dass die Adoptionsnachweise, die im ausländerrechtlichen Verfahren vorgelegt worden sind, falsch sind und dass es ohne großen Aufwand jederzeit möglich ist, solche Fälschungen und Falschbeurkundungen zu erlangen.

Der Antragsteller konnte sich nicht ausschließlich auf § 21 Abs. 3 AuslG stützen; denn das Ausländerrecht unterschied deutlich zwischen den allgemeinen Bestimmungen über ausländische Familienangehörige und den Privilegierungen für Kinder eines deutschen Elternteils, so dass die Frage der Adoption auch insoweit zu beachten ist. Auch hier würde im Übrigen zu berücksichtigen sein, dass der Antragsteller zum Zeitpunkt der Aufenthaltserlaubnis (erteilt am 30.11.2000), deren Verlängerung er begehrt, bereits volljährig war.