SG Düsseldorf

Merkliste
Zitieren als:
SG Düsseldorf, Beschluss vom 17.01.2005 - S 35 AY 1/05 ER - asyl.net: M6289
https://www.asyl.net/rsdb/M6289
Leitsatz:
Schlagwörter: D (A), Abgelehnte Asylbewerber, Asylbewerberleistungsgesetz, BSHG, Passlosigkeit, Abschiebungshindernis, Vertretenmüssen, Rechtsmissbrauch, Kinder, Krankheit, Vorläufiger Rechtsschutz (Eilverfahren), Einstweilige Anordnung
Normen: AsylbLG § 2; AsylbLG § 3
Auszüge:

Die Antragsgegnerin ist der Auffassung, dass nach der Neufassung des § 2 Asylbewerberleistungsgesetzes Leistungen nach dieser Vorschrift nicht mehr in Betracht kommen, wenn der Antragsteller die Dauer des Aufenthaltes rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst hat. Dies sei vorliegend der Fall, weil der Antragsteller seinen Reisepass und die Pässe seiner Angehörigen vernichtet habe. Die Vorschrift des § 2 Asylbewerberleistungsgesetzes n. F. sei auch auf Fälle anzuwenden, in denen die rechtsmissbräuchliche Beeinflussung der Aufenthaltsdauer vor dem 01.01.2005 gelegen habe.

Ob die Voraussetzungen für verminderte Leistungen nach §§ 3 ff Asylbewerberleistungsgesetz vorliegend gegeben sind, erscheint - bei der hier gebotenen summarischen Prüfung - eher zweifelhaft. Es spricht vielmehr Vieles dafür, dass der Antragsteller im Hauptsacheverfahren obsiegen wird.

Der Gesetzgeber hat in seinen Motiven zur Gesetzesänderung (Bundestagsdrucksache 15/420 Seite 121) zwar ausgeführt, dass Leistungen nach § 2 Asylbewerberleistungsgesetz nicht gewährt werden sollen, wenn der Asylbewerber rechtsmissbräuchlich die Dauer des Aufenthalts beeinflusst hat. Wie die Antragsgegnerin zutreffend ausführt, ist dabei schon fraglich, ob die neue Regelung auch auf Rechtsmissbräuche anzuwenden ist, die vor dem Inkrafttreten des Gesetzes liegen. Diese Frage dürfte allerdings hier nicht streitentscheidend sein, denn der Gesetzgeber hat im nächsten Absatz ausgeführt, es entspreche seiner Intention, zwischen denjenigen zu unterscheiden, die unverschuldet nicht ausreisen können und denen, die ihrer Ausreisepflicht rechtsmissbräuchlich nicht nachkommen.

Der Antragsteller fällt aber heute zweifellos unter den Personenkreis, der unverschuldet nicht ausreisen kann, denn sein Aufenthalt beruht seit 2001 auf der Tatsache, dass zwei seiner Kinder und seine Ehefrau erkrankt sind. Der Antragsteller kommt also nicht rechtsmissbräulich seiner Ausreisepflicht nicht nach, so dass für Sanktionen nach §§ 3 ff Asylbewerberleistungsgesetz kein Raum sein dürfte.

Unter diesen Umständen fällt die gebotene Interessenabwägung zu Gunsten des Antragstellers aus. Die Gewährung von verminderten Leistungen nach §§ 3 ff. Asylbewerberleistungsgesetz bedeutet für den Antragsteller eine erhebliche rechtliche Benachteiligung. Der Antragsteller müsste bis zur Beendigung des Widerspruchsverfahrens mit minimalen Leistungen auskommen. Dies erscheint vor dem Hintergrund der oben dargelegten Rechtslage nicht gerechtfertigt.