Der Absturz von zwei Passagierflugzeugen im August 2004, Bombenanschlag im Zentrum Moskaus sowie die Geiselnahme in Beslan begründen für sich noch keine Änderung der Rückkehrsituation für den Kläger. (Leitsatz der Redaktion)
Der Kläger stützt sich allein auf den Zulassungsgrund nach § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG, den er für gegeben ansieht, weil - nach Verkündung des erstinstanzlichen Urteils - drei Ereignisse geschehen seien (Absturz von zwei Passagierflugzeugen im August 2004, Bombenanschlag im Zentrum Moskaus, Geiselnahme in Beslan), deren Auswirkungen auf die Rückkehrsituation obergerichtlich zu klären und zu bewerten seien.
Mit diesen Darlegungen kann der Kläger die Berufungszulassung nicht erreichen.
Grundsätzlich kann ein Zulassungsantrag gem. § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG auch auf neue, nach Schluss der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung entstandene tatsächliche Verhältnisse gestützt werden, soweit diese in einem Berufungsverfahren der Klärung zugänglich und bedürftig sind (VGH Mannheim, Urt. v. 31.03.1993, A 13 S 3048/92, EZAR 633 Nr. 21; VGH Kassel, Beschl. v 21.11.2003, 10 ZU 984/03.A, juris).
Dem Zulassungsantrag ist nicht zu entnehmen, dass die darin genannten drei Terroranschläge zu "neuen" (geänderten) tatsächlichen Verhältnissen in der Russischen Föderation, die grundsätzlich bedeutsam und für die Entscheidung des den Kläger betreffenden Schutzbegehrens entscheidungsrelevant sein könnten, geführt haben.
Soweit vor dem Zeitpunkt des erstinstanzlichen Urteils (vgl. § 77 Abs. 1 AsylVfG) liegende Ereignisse betroffen sind, hat der Senat die Verfolgungsgefährdung tschetschenischer Volkszugehöriger in seinen Urteilen vom 24. April 2003 - 1 L 212/01 und 1 L 213/01 - ausführlich behandelt. Damit ist grundsätzlich geklärt, dass Personen tschetschenischer Volkszugehörigkeit "innerhalb des größten Landes der Welt", der Russischen Föderation, eine zumutbare, insbesondere verfolgungssichere inländische Fluchtalternative (außerhalb Tschetscheniens) zur Verfügung steht. Der Senat hat seine diesbezügliche Beurteilung unter Berücksichtigung der mehr oder weniger häufigen und massiven Anschläge von Terroristen tschetschenischer Herkunft auf russische Menschen und Einrichtungen vorgenommen.
Die im Zulassungsantrag genannten drei - weiteren - Terrorattacken im August 2004 vermitteln keinen Ansatzpunkt dafür, dass damit eine entscheidende Trendwende zu Lasten aller friedlichen tschetschenischen Volkszugehörigen in der Russischen Föderation verbunden ist. Diese Terroranschläge setzen die " Kette" vergleichbarer Verbrechen fort. Es mag sein, dass das skrupellose Vorgehen der tschetschenischen Terroristen in manchen Teilen der russischen Bevölkerung zu Hass und zu spontanen Übergriffen gegen Tschetschenen führt, daraus ist aber noch nicht abzuleiten, dass für tschetschenische Rückkehrer eine - landesweite - beachtlich wahrscheinliche und nicht durch russische Ordnungskräfte abgewehrte Gefährdung bestehen kann.
Für den - in der Tschetschenienfrage nicht engagierten - Kläger sind damit aus dem Zulassungsantrag keine Ansatzpunkte für eine beachtliche individuelle Rückkehrgefährdung zu gewinnen.