OVG Thüringen

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Zitieren als:
OVG Thüringen, Beschluss vom 17.02.2005 - 3 EO 1424/04 - asyl.net: M6323
https://www.asyl.net/rsdb/M6323
Leitsatz:

Rechtsmittel gegen die Aufforderung der Ausländerbehörde zu Mitwirkungshandlungen bei der Passbeschaffung sind keine asylverfahrensrechtlichen Streitigkeiten i.S.d. § 75 AsylVfG.

 

Schlagwörter: Abgelehnte Asylbewerber, Passverfügung, Ermächtigungsgrundlage, Asylverfahrensgesetz, Passbeschaffung, Passersatzbeschaffung, Suspensiveffekt, Streitigkeit nach dem Asylverfahrensgesetz, Rechtsmittel, Vorläufiger Rechtsschutz (Eilverfahren)
Normen: AsylVfG § 75; AsylVfG § 15 Abs. 2; VwGO § 80 Abs. 1
Auszüge:

Rechtsmittel gegen die Aufforderung der Ausländerbehörde zu Mitwirkungshandlungen bei der Passbeschaffung sind keine asylverfahrensrechtlichen Streitigkeiten i.S.d. § 75 AsylVfG.

(Leitsatz der Redaktion)

 

Die Beschwerde der Antragsgegnerin hat keinen Erfolg.

Das Verwaltungsgericht ist zu Recht unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 25. September 1997 - 1 C 6/97 -, abgedruckt u. a, in NVwZ 1998, 299, DÖV 1998, 389 [zitiert nach Juris]) davon ausgegangen, dass die streitgegenständliche Verfügung ihre Grundlagen nicht in den Bestimmungen des Asylverfahrensgesetzes findet, sondern dass es bei der geforderten Passvorlage um eine vorbereitende Maßnahme der Ausländerbehörde zur Durchsetzung der nach erfolglosem Asylverfahren vollziehbaren Ausreisepflicht geht, die der Gesetzgeber bewusst der für die Abschiebung zuständigen Behörde auf der Grundlage der Regelungen des allgemeinen Ausländerrechts überlassen hat. Folgerichtig ist das Gericht daher zu dem Ergebnis gelangt, dass § 15 Abs. 2 AsylVfG keine tragfähige Grundlage für die verfügte Mitwirkung bildet und die Regelung des § 75 AsylVfG hier nicht zur Anwendung kommt, dass der statthafte Rechtsbehelf also nicht die Klage, sondern der Widerspruch ist, dem mangels anderweitiger Regelung und mangels Anordnung der sofortigen Vollziehung die aufschiebende Wirkung nach Maßgabe des § 80 Abs. 1 VwGO zukommt.

Zutreffend hat das Verwaltungsgericht in diesem Zusammenhang auch bereits auf den Senatsbeschluss vom 14. November 1997 - 3 ZEO 1229/97 - (ThürVGRspr. 1998, 141) hingewiesen, in dem sich der Senat - unter Aufgabe seiner früheren, gegenläufigen Ansicht - der vorerwähnten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 25. September 1997, a. a. O.) angeschlossen hat. Konkret ging es in jenen Entscheidungen zwar um auf Erteilung von Duldungen gerichtete Anträge, während hier eine Verfügung inmitten steht, mit der die Ausländerbehörde dem Antragsteller die Verpflichtung auferlegt hat, "einen gültigen Pass bzw. Passersatz vorzulegen" oder, falls er über ein solches Dokument nicht verfüge, bei der Botschaft seines Heimatlandes "persönlich vorzusprechen und einen zur Rückkehr in ihr Heimatland berechtigten Pass bzw. Passersatz zu beantragen". Hier wie dort handelt es sich jedoch um Maßnahmen, die nicht mehr zur asylverfahrensrechtlichen Entscheidungsphase gehören, sondern zur nachgelagerten, mithin nicht mehr unter das Regime des Asylverfahrensgesetzes fallenden Vollzugsphase (oder Vollstreckungsphase; vgl. den Senatsbeschluss vom 14. November 1997, a. a. O.).

Der Senat hält daher an seiner Auffassung fest, dass zwischen den Maßnahmen in der asylrechtlichen Entscheidungsphase einerseits und in der sich anschließenden Vollzugsphase andererseits zu unterscheiden ist. Rechtsgrundlage für die streitgegenständliche Verfügung kann im Hinblick darauf, dass sich die Durchsetzung der Ausreisepflicht nunmehr nach den allgemeinen ausländerrechtlichen Bestimmungen richtet (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. September 1997, a. a. O.), mithin nicht § 15 Abs. 2 AsylVfG sein. Solche Maßnahmen, die in der Vollstreckungsphase zur Durchsetzung der nach abgeschlossenem Asylverfahren bestehenden vollziehbaren Ausreisepflicht getroffen werden, sind nicht im Sinne des § 75 AsylVfG getroffene "Entscheidungen nach diesem Gesetz".

Soweit der Senat in seinem Beschluss vom 20. September 2002 - 3 EO 156/02 -, mit dem er die Beschwerde gegen den von der Antragsgegnerin angeführten Beschluss des Verwaltungsgerichts Meiningen vom 4. Februar 2002 - 1 E 20012/02.Me - verwarf, im Ergebnis den Eindruck erweckt haben könnte, er kehre zu seiner früheren Rechtsprechung zurück, nimmt er von dieser Entscheidung hiermit ausdrücklich Abstand. Die damals angeführte Begründung, wonach für den Rechtsschutz maßgeblich sei, auf welche Rechtsgrundlage die Behörde ihre Maßnahme gestützt habe, greift vor dem Hintergrund der obigen Erwägungen letztlich zu kurz; sie erweist sich jedenfalls dann als nicht tragfähig, wenn die Behörde eine Verfügung auf eine von vornherein nicht einschlägige Vorschrift stützt (wie dies hier bei der Berufung auf § 15 Abs. 2 AsylVfG in der Vollzugsphase der Fall gewesen ist; s. o.) und dieses fehlerhafte Vorgehen dann zugleich zu einer Verkürzung des Rechtsschutzes auf Seiten des Adressaten führen würde.