OVG Hamburg

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Zitieren als:
OVG Hamburg, Beschluss vom 16.02.2005 - 4 Bs 488/04 - asyl.net: M6326
https://www.asyl.net/rsdb/M6326
Leitsatz:

Eine Rechtsstreitigkeit nach dem Asylverfahrensgesetz liegt jedenfalls dann nicht vor, wenn der auf asylverfahrensrechtlicher Grundlage angedrohten Abschiebung aus Gründen entgegengetreten wird, die nicht asylrechtlicher Natur sind (Änderung der Rechtsprechung des Senats).

(Amtlicher Leitsatz)

Schlagwörter: D (A), Streitigkeit nach dem Asylverfahrensgesetz, Beschwerdeausschluss, Duldung, Abschiebungsandrohung, Deutsche Kinder, Zumutbarkeit, Schutz von Ehe und Familie, Familiäre Lebensgemeinschaft, Eltern-Kind-Verhältnis, Familienangehörige
Normen: AsylVfG § 80; AsylVfG § 71 Abs. 4; AsylVfG § 34 Abs. 1; AuslG § 50
Auszüge:

Eine Rechtsstreitigkeit nach dem Asylverfahrensgesetz liegt jedenfalls dann nicht vor, wenn der auf asylverfahrensrechtlicher Grundlage angedrohten Abschiebung aus Gründen entgegengetreten wird, die nicht asylrechtlicher Natur sind (Änderung der Rechtsprechung des Senats).

(Amtlicher Leitsatz )

Die Beschwerde ist nicht nach § 80 AsylVfG ausgeschlossen. Es liegt keine asylverfahrensrechtliche Streitigkeit im Sinne dieser Regelung vor.

Die Frage, ob derartige Verfahren als asylverfahrensrechtliche Streitigkeiten im Sinne des § 80 AsylVfG anzusehen sind, wird in der Rechtsprechung nicht einheitlich beantwortet. Der beschließende Senat hat - wie andere Oberverwaltungsgerichte auch - in ständiger Rechtsprechung die Auffassung vertreten, bei einem derartigen Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, dessen Gegenstand es ist, die Vollziehung der Abschiebungsandrohung in einem Asylbescheid des Bundesamtes auszusetzen, handele es sich um eine asylverfahrensrechtliche Streitigkeit. Hieran hat der beschließende Senat auch unter Berücksichtigung des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. September 1997 (BVerwG 1 C 6.97, InfAuslR 1998, 15) festgehalten (zuletzt: Beschl. v. 4.2.2004, 4 Bs 29/04, m.w.N.). Demgegenüber wird die Auffassung vertreten, es handele sich in Fällen dieser Art nicht um asylverfahrensrechtliche Streitigkeiten, weil nicht auf die Rechtsgrundlage für den Erlass der Abschiebungsandrohung abzustellen sei, sondern auf die Rechtsgrundlage für ihre Aussetzung, die als Duldung aber ausländerrechtlicher Natur sei (vgl. u.a. VGH Mannheim, Beschl. v. 6.12.1999, NVwZ 2000, 589, m.w.N.). Schließlich wird noch vertreten, dass nach der Art des Vollstreckungshindernisses zu differenzieren sei und dass eine Streitigkeit nach dem Asylverfahrensgesetz nicht vorliege, wenn ein Ausländer nach erfolglosem Asylverfahren die Erteilung einer Duldung lediglich wegen eines inlandsbezogenen Vollstreckungshindernisses nach § 55 Abs. 2 oder 3 AuslG begehre (OVG Lüneburg, Beschl. v. 12.11.2003, AuAS 2004, 34).

Die anderen Senate des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vertreten in ständiger Rechtsprechung übereinstimmend die Auffassung, dass die auf Erteilung einer Duldung oder einer Aufenthaltsbefugnis gerichtete Klage eines Ausländers, dem nach erfolglosem Asylverfahren die Abschiebung angedroht worden ist, grundsätzlich keine Streitigkeit nach dem Asylverfahrensgesetz im Sinne von § 80 AsylVfG darstelle und dass Entsprechendes für ein diesbezügliches Verfahren der einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO (vgl. auch Beschluss v. 24.03.2003 - 1 Bs 137/02 - und v. 18.3.2002 - 2 Bs 33/02 - ). Hiernach liegt jedenfalls dann keine asylverfahrensrechtliche Streitigkeit vor, wenn der auf asylverfahrensrechtlicher Grundlage angedrohten Abschiebung aus Gründen entgegengetreten wird, die nicht asylrechtlicher Natur sind (vgl. Beschl. v. 26.5.2003 - 3 Bs 172/03 - ). Im Interesse einer einheitlichen Rechtsprechung am Hamburgischen Oberverwaltungsgericht und der dadurch gewährleisteten Rechtssicherheit für die an Verfahren dieser Art Beteiligten sowie die erste Instanz schließt sich der beschließende Senat dieser Auffassung an. Ob der in der Rechtsprechung des 3. Senats enthaltenen Einschränkung für Duldungsgründe, die asylverfahrensrechtlicher Art bzw. nicht inlandsbezogen sind, zu folgen sein wird, kann vorerst offen bleiben, da ein derartiger Fall nicht vorliegt. Der Antragsteller macht ausschließlich Duldungsgründe im Hinblick auf den Schutz seiner Beziehung zu seinem deutschen Kind geltend.