Eine Anhörung durch das Landgericht im Beschwerdeverfahren wegen Abschiebungshaft darf nur dann unterbleiben, wenn mit Sicherheit auszuschließen ist, dass neue relevante Erkenntnisse zu erwarten sind.
Eine Anhörung durch das Landgericht im Beschwerdeverfahren wegen Abschiebungshaft darf nur dann unterbleiben, wenn mit Sicherheit auszuschließen ist, dass neue relevante Erkenntnisse zu erwarten sind.
(Leitsatz der Redaktion)
Die gemäß der §§ 3 Satz 2, 7 Abs. 1 FEVG, 27, 29 FGG zulässige sofortige weitere Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg, da die Entscheidung des Landgerichts im Ergebnis nicht auf einer Verletzung des Gesetzes beruht (§§ 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO).
Es liegen nach den eigenen Angaben des Betroffenen die Voraussetzungen des Haftgrundes nach § 62 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG vor.
Liegt der Haftgrund nach § 62 Abs.2 S.1 Nr.1 AufenthG vor, ist allerdings die Vorschrift des § 62 Abs. 2 Satz 3 AufenthG zu beachten, wonach von der Sicherungshaft ausnahmsweise abgesehen werden kann, wenn der Ausländer glaubhaft macht, dass er sich der Haft nicht entziehen will.
Zwar hat das Landgericht zu dieser auch nach seinen Ausführungen entscheidungserheblichen Frage keine ausreichenden Feststellungen getroffen und es verfahrensfehlerhaft unterlassen, den Betroffenen hierzu in zweiter Instanz anzuhören. Eine Aufhebung der Beschwerdeentscheidung und Zurückverweisung der Sache an das Landgericht kommt dennoch nicht in Betracht, weil der Betroffene auch in der Rechtsbeschwerde keine konkreten Umstände darlegt, die gegen die Erforderlichkeit der Sicherungshaft sprechen könnten und deshalb nicht zu erkennen ist, dass sich durch eine erneute Anhörung die Möglichkeit einer anderen, für den Betroffenen positiven Entscheidung des Landgerichts ergeben könnte.
Auch wenn der Betroffene nach § 62 Abs. 2 Satz 3 AufenthG konkrete Umstände darzulegen hat, aus denen sich ergibt, dass er trotz unerlaubter Einreise seine Ausreisepflicht nachkommen will, entbindet dies die Tatsachengerichte nicht davon, ihre Aufklärungspflicht nach § 12 FGG nachzukommen. Dem Landgericht haben die Angaben des Betroffenen in zweiter Instanz zur Glaubhaftmachung nach § 62 Abs. 2 Satz 3 AufenthG nicht ausgereicht. Es hat zu Recht darauf hingewiesen, dass insbesondere die Angaben des Betroffenen zu seiner Ausreise im Jahre 2001 völlig substanzlos geblieben sind, insbesondere nicht ersichtlich ist, wann er Deutschland verlassen und ob er seinerzeit die ihm gesetzte Ausreisefrist eingehalten hat. Des weiteren hat es Angaben dazu vermisst, wo er im Falle seiner Freilassung im Bundesgebiet erreichbar sein würde und wovon er seinen Lebensunterhalt bestreiten könnte. Da die Angaben des Betroffenen dem Landgericht nicht reichten und nicht nachprüfbar waren, durfte es von einer Anhörung in zweiter Instanz nicht absehen. Im Rahmen ihrer Amtsermittlungspflicht haben die Tatsachengerichte aufzuklären, ob die Einlassung des Betroffenen substanzlos bleibt, oder dieser in der Lage ist, seine Angaben in dem erforderlichen Maße zu konkretisieren. Ist Letzteres der Fall, so ist der Sachverhalt aufzuklären, bis die Einlassung bestätigt oder wiederlegt ist. Die mündliche Anhörung ist grundsätzlich auch in der Beschwerdeinstanz geboten (§§ 106 Abs. 2 AufenthG, 5 Abs. 1 Satz 1 FEVG). Das gesetzliche Gebot der Anhörung erschöpft sich nicht in der bloßen Garantie rechtlichen Gehörs, sondern soll darüber hinaus im Sinne der Gewährleistung eines Mindeststandards der nach § 12 FGG gebotenen Sachaufklärung sicherstellen, dass über die Freiheitsentziehung nicht ohne einen persönlichen Eindruck von dem hierdurch unmittelbar Betroffenen entschieden wird.
Die Anhörung darf deshalb ausnahmsweise nur dann unterbleiben, wenn mit Sicherheit auszuschließen ist, dass von der erneuten Anhörung keine für die Entscheidung bedeutsamen Erkenntnisse zu erwarten sind. In keinem Fall darf es zur Regel werden, einen Ausländer, den bereits das Amtsgericht angehört hat, in dem Beschwerdeverfahren nicht noch einmal anzuhören. Dies wäre ein Verstoß gegen die vom Gesetzgeber aufgeführten Voraussetzungen einer Freiheitsentziehung, und damit auch eine Verletzung der vom Grundgesetz gewährleisteten Freiheit der Person (Art. 2 Abs. 2, 104 Abs. 1 GG).
Vorliegend durfte das Landgericht ohne weitere Anhörung des Betroffenen nicht davon ausgehen, dass dessen Angaben substanzlos bleiben würden. Das Anhörungsprotokoll des Amtsgerichts erschöpft sich in einem Satz und ist völlig unzureichend. Es ist nicht ersichtlich, ob der Betroffene von der Amtsrichterin zu dem entscheidungserheblichen Sachverhalt befragt worden ist, ob seine Angaben hinterfragt worden sind und ob er keine weiteren Ausführungen machen konnte oder wollte.
Auch wenn die unterlassene Anhörung in erster Instanz demnach in erheblichem Maße verfahrensfehlerhaft gewesen ist, ist dennoch ausnahmsweise aufgrund des Vorbringens des Betroffenen in der Rechtsbeschwerde von einer Aufhebung der Beschwerdeentscheidung und Zurückverweisung der Sache an das Landgericht abzusehen.