VG Münster

Merkliste
Zitieren als:
VG Münster, Beschluss vom 30.03.2005 - 8 L 232/05 - asyl.net: M6479
https://www.asyl.net/rsdb/M6479
Leitsatz:

Die Erwerbstätigkeit bei Duldung ist gem. § 11 BeschVerfV ausgeschlossen, wenn der Bezug von Leistungen nach dem AsylbLG zwar nicht das einzige, aber prägende Einreisemotiv war.

 

Schlagwörter: D (A), Erwerbstätigkeit, Duldung, Einreisemotiv
Normen: BeschVerfV § 11
Auszüge:

Die Erwerbstätigkeit bei Duldung ist gem. § 11 BeschVerfV ausgeschlossen, wenn der Bezug von Leistungen nach dem AsylbLG zwar nicht das einzige, aber prägende Einreisemotiv war.

(Leitsatz der Redaktion)

 

Der Erteilung der begehrten Erlaubnis zur Ausübung der Beschäftigung auf der Grundlage von § 42 Abs. 2 Nr. 5 AufenthG, § 10 Satz 1 BeschVerfV steht der Versagungsgrund des § 11 Satz 1 Fall 1 BeschVerfV entgegen.

Nach der zuletzt genannten Vorschrift darf geduldeten Ausländern die Ausübung einer Beschäftigung dann nicht erlaubt werden, wenn sie sich in das Inland gegeben haben, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu der Vorschrift des § 120 Abs. 3 Satz 1 BSHG - nach dieser Vorschrift haben Ausländer, die sich in die Bundesrepublik Deutschland begeben haben, um Sozialhilfe zu erlangen, keinen Anspruch - setzt der darin geregelte Missbrauchstatbestand einen finalen Zusammenhang zwischen dem Einreiseentschluss und der Inanspruchnahme von Sozialhilfe voraus. Dieser erforderliche Zusammenhang besteht nicht nur, wenn der Wille, Sozialhilfe zu erlangen, der einzige Einreisegrund war. Beruht die Einreise des Ausländers auf verschiedenen Motiven, so ist das Erfordernis des finalen Zusammenhangs auch erfüllt, wenn der Zweck der Inanspruchnahme von Sozialhilfe für den Einreiseentschluss von prägender Bedeutung gewesen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 4. Juni 1992 - 5 C 22.87 -, BVerwGE 90, 212 = NVwZ 1993, 484).

Diese Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann zur Auslegung des in § 11 Satz 1 BeschVerfV normierten Missbrauchstatbestandes herangezogen werden, weil § 11 BeschVerfV der Regelung des § 5 Nr. 5 ArGV entspricht, § 5 Nr. 5 ArGV seinerseits ausdrücklich auf § 1 a AsylbLG und damit u. a. auch auf dessen Nr. 2 Bezug nimmt und die letztgenannte Regelung auf ihrer Tatbestandsseite der Vorschrift des § 120 Abs. 3 Satz 1 BSHG nahezu wortgleich nachgebildet worden ist (Zur Anknüpfung des § 1 a Nr. 2 AsylbLG an § 120 Abs. 3 Satz 1 BSHG vgl. Hohm, Gemeinschaftskommentar zum AsylbLG, Stand: Dezember 2004, § 1 a Rn 47 f., m.w.N.; vgl. ferner VG Münster, Urteile vom 15. Juli 2003 - 5 K 2349/99 -, vom 24. Juni 2004 - 6 K 214/00 - und vom 20. Juli 2004 - 5 K 1297/01 -).

Dass der zum 1. Januar 2005 in Kraft getretene § 11 Satz 1 BeschVerfV der Vorschrift des § 5 Nr. 5 ArGV entspricht, wird schon durch einen Vergleich des Wortlauts beider Normen belegt. Denn nach beiden Vorschriften darf die Arbeitsgenehmigung (§ 5 Nr. 5 ArGV) bzw. -erlaubnis (§ 11 BeschVerfV) geduldeten Ausländern nicht erteilt werden, wenn diese sich in das Inland begeben haben, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen, oder wenn bei diesen Ausländern aus von ihnen zu vertretenden Gründen aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden können. Bestätigt wird dieser Befund durch die Entstehungsgeschichte des § 11 Satz 1 BeschVerfV. In dem Begründungsteil des Entwurfs der Verordnung über das Verfahren und die Zulassung von im Inland lebenden Ausländern zur Ausübung einer Beschäftigung (Stand: Kabinett 03. November 2004) (dieser Entwurf kann im Internet aufgerufen werden unter www.dstgb.de/index_inhalt/homepage/artikel/inhalt/brennpunkte/zuwanderung/verordnung_ueber_das_verfahren; zum "halboffiziellen" Charakter des Begründungteils vgl. Marschner, Der Betrieb 2005, 499 mit Fn. 6) findet sich nämlich die ausdrückliche Erläuterung zu § 11 BeschVerfV, dass mit dieser Regelung § 5 Nr. 5 ArGV fortgeführt werde.