OVG Nordrhein-Westfalen

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Zitieren als:
OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 24.03.2005 - 18 B 1660/04 - asyl.net: M6481
https://www.asyl.net/rsdb/M6481
Leitsatz:
Schlagwörter: Duldung, Abschiebungshindernis, Krankheit, Reisefähigkeit, Beschwerde, Beschwerdebegründung, Vorläufiger Rechtsschutz (Eilverfahren)
Normen: AufenthG § 60a Abs. 2; VwGO § 146 Abs. 4 S. 3
Auszüge:

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

Gemäß § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO muss die Beschwerdebegründung u. a. die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen. Dies erfordert, dass die Beschwerde mit schlüssigen Gegenargumenten auf die entscheidungstragenden Gründe des erstinstanzlichen Beschlusses eingeht. Es ist aufzeigen, was nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichts noch Gegenstand der Überprüfung durch das Beschwerdegericht sein soll und weshalb die diesbezüglichen Entscheidungsgründe nicht tragfähig sind. Dabei hat sich die Beschwerde an der Begründungsstruktur der angefochtenen Entscheidung zu orientieren (vgl. Senatsbeschluss vom 16. März 2005 - 18 B 1751/04 -.)

Den vorstehenden Anforderungen entspricht die Beschwerdebegründung nicht. Die Antragsteller berufen sich in ihrem Beschwerdevorbringen für das von ihnen beanspruchte Bleiberecht undifferenziert auf eine Erkrankung des Antragstellers zu 1., ohne zwischen den vom Verwaltungsgericht im angefochtenen Beschluss zutreffend vorgenommenen Differenzierungen zwischen einerseits den verschiedenen Antragstellern und andererseits zwischen dem Haupt- und Hilfsantrag zu unterscheiden. Eine derartige Differenzierung war schon deshalb notwendig, weil das Verwaltungsgericht - ebenfalls zutreffend - den Hauptantrag zum Teil als unzulässig und zum Teil als unbegründet und im übrigen die geltend gemachten Ansprüche mit Alternativbegründungen abgelehnt hat.

Lediglich ergänzend sei mit Blick auf die allein in den Zuständigkeitsbereich des Antragsgegners fallende Problematik der Reiseunfähigkeit des Antragstellers zu 1., die die mit der Beschwerde erneut geltend gemachte unzureichende medizinische Versorgung aus den Gründen des angefochtenen Beschlusses nicht einschließt, angemerkt, dass das Verwaltungsgericht eine solche zu Recht abgelehnt hat. Daran vermag auch die im Beschwerdeverfahren vorgelegte ärztliche Bescheinigung des Herrn Dr. I. vom 29. Juli 2004 nichts zu ändern, weil jene bereits nicht erkennen lässt, weshalb der Antragsteller zu 1. trotz der vom Antragsgegner für den Fall einer Abschiebung zugesagten Maßnahmen, die weder der Sache nach noch hinsichtlich ihrer Wirksamkeit in Frage gestellt worden sind, reiseunfähig sein soll. Das inlandsbezogene Vollstreckungshindernis einer Reiseunfähigkeit und damit ein Duldungsgrund nach § 60a Abs. 2 AufenthG kommt nämlich nur in Betracht, wenn sich der Gesundheitszustand des Ausländers unmittelbar durch die Abschiebung bzw. als unmittelbare Folge der Abschiebung voraussichtlich wesentlich verschlechtern wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. September 1999 - 9 C 8.99 -, NVwZ 2000, 206; Senatsbeschluss vom 28. März 2003 - 18 B 35/03 -).

Soweit sich unterhalb dieser Schwelle durch die Abschiebung eine Gesundheitsverschlechterung einstellen sollte, hat sie der Ausländer grundsätzlich hinzunehmen. Nach ständiger Senatsrechtsprechung (vgl. nur die Senatsbeschlüsse vom 1. Juli 2002 - 18 B 1516/01 -, 28. März 2003 - 18 B 35/03 - und vom 13. Dezember 2004 - 18 B 2506/04 -) führt nicht jede mit der Erkenntnis der Aussichtslosigkeit eines Bleiberechts für Deutschland und einer bevorstehenden Rückkehr ins Heimatland einhergehende, mithin also letztlich abschiebungsbedingte Gefährdung bzw. Verschlechterung des Gesundheitszustandes auf einen Duldungsgrund wegen Reiseunfähigkeit. Indem das Aufenthaltsgesetz ebenso wie zuvor das Ausländergesetz die Abschiebung vollziehbar ausreisepflichtiger Ausländer unter bestimmten Voraussetzungen vorsieht (vgl. § 58 AufenthG), nimmt es in diesem Zusammenhang vielfach zu erwartende Auswirkungen auf den gesundheitlichen, insbesondere psychischen Zustand der Betroffenen in Kauf und lässt diese nur unter besonderen Umständen als Duldungsgründe gelten. Davon kann bei einer - hier behaupteten - Suizidalität nur ausgegangen werden, wenn die ernsthafte Gefahr der Selbsttötung droht, und dieser Gefährdung nicht durch ärztliche Hilfen bis hin zu einer Flugbegleitung begegnet werden kann (vgl. Senatsbeschlüsse vom 12. August 2004 - 18 B 1174/04 - und vom 15. September 2004 - 18 B 2014/04 -).