BVerwG

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Zitieren als:
BVerwG, Urteil vom 08.02.2005 - 1 C 34.03 - asyl.net: M6526
https://www.asyl.net/rsdb/M6526
Leitsatz:
Schlagwörter: Syrien, Türkei, Kurden, Staatsangehörigkeit, Zuwanderungsgesetz, Jesiden, Religiös motivierte Verfolgung, Mittelbare Verfolgung, Gruppenverfolgung, Verfolgungssicherheit
Normen: AufenthG § 60 Abs. 1
Auszüge:

Die Revision der Beklagten ist begründet. Das Berufungsurteil beruht auf der Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 VwGO). Allerdings ist das Berufungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass die Klage des Klägers zulässig ist. Insbesondere fehlt ihm entgegen der Ansicht der Revision nicht das erforderliche Rechtsschutzinteresse für das Begehren auf Zuerkennung von Abschiebungsschutz wegen politischer Verfolgung in der Türkei. Dieses Begehren findet nach In-Kraft-Treten des Gesetzes zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der Integration von Unionsbürgern und Ausländern (Zuwanderungsgesetz) vom 30. Juli 2004 (BGBl I S. 1950) seine Rechtsgrundlage nicht mehr in § 51 Abs. 1 AuslG, sondern in § 60 Abs. 1 AufenthG (Gesetz über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet - Aufenthaltsgesetz = Art. 1 Zuwanderungsgesetz). Das Berufungsgericht ist ferner ohne Verstoß gegen Bundesrecht zu der Auffassung gelangt, dass der Kläger die türkische Staatsangehörigkeit besitzt und ihm bei einer Rückkehr in die Türkei als praktizierendem Jeziden dort wegen seiner Religion Verfolgung im Sinne des § 60 Abs. 1 AufenthG droht. Gleichwohl hätte das Berufungsgericht die Beklagte nicht zur Gewährung von Abschiebungsschutz nach dieser Bestimmung und damit zur Anerkennung des Klägers als politischer Flüchtling (§ 3 AsylVfG) verpflichten dürfen, ohne Feststellungen dazu zu treffen, ob der Kläger bereits in Syrien hinreichenden Schutz vor politischer Verfolgung durch die Türkei erlangt hat und ihm dieser Schutz auch weiterhin zur Verfügung steht; dann könnte er nämlich wegen der Subsidiarität des internationalen Flüchtlingsschutzes eine Flüchtlingsanerkennung in Deutschland nicht mehr beanspruchen. Deshalb kann auch die Aufhebung der Abschiebungsandrohung nach Syrien (Ziff. 4 des angefochtenen Bescheides) keinen Bestand haben. Da der Senat mangels ausreichender Feststellungen des Berufungsgerichts nicht abschließend in der Sache entscheiden kann, ist das Verfahren zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

Wegen der Begründung im Einzelnen wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen des Senats in dem Urteil vom heutigen Tage in der Parallelsache BVerwG 1 C 29.03 Bezug genommen, die entsprechend auch für den Fall des Klägers gelten.