VG Gera

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Zitieren als:
VG Gera, Beschluss vom 14.01.2005 - 4 E 37/05 GE - asyl.net: M6666
https://www.asyl.net/rsdb/M6666
Leitsatz:
Schlagwörter: Aufenthaltserlaubnis, Gesetzesänderung, Zuwanderungsgesetz, Entscheidungszeitpunkt, Übergangsregelung, Schutz von Ehe und Familie, Deutschverheiratung, Ausreisehindernis, Deutsche Kinder, Ausweisung, Vorläufiger Rechtsschutz (Eilverfahren)
Normen: AufenthG § 25 Abs. 5; AufenthG § 104 Abs. 1; GG Art. 6; EMRK Art. 8
Auszüge:

Ein sicherungsfähiges Recht in Gestalt eines Anspruches auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 5 Satz 1 Aufenthaltsgesetz besteht nicht. Hierbei ist zu beachten, dass dem Antragsteller aufgrund des In-Kraft-Tretens des Aufenthaltsgesetzes zum 1. Januar 2005 nicht mehr die ursprünglich beantragte Aufenthaltsbefugnis gemäß § 30 Abs. 3 AuslG erteilt werden kann. Vielmehr ist das entsprechende Verfahren weiterzuführen als Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 5 Aufenthaltsgesetz. Insoweit ist auf den allgemeinen Grundsatz zurückzugreifen, dass in einer Verpflichtungssituation maßgebender Zeitpunkt derjenige der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz ist, sofern sich nicht aus dem Gesetz etwas anderes ergibt. Daher ist hier auf die Sach- und Rechtslage zum jetzigen Zeitpunkt abzustellen. Dafür spricht umso mehr, als noch die Widerspruchsentscheidung als letzte behördliche Entscheidung aussteht. Den Übergangsvorschriften im neuen Aufenthaltsgesetz lässt sich nichts Gegenteiliges entnehmen. Gemäß § 104 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz ist über vor dem 1. Januar 2005 gestellte Anträge auf Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis oder einer Aufenthaltsberechtigung nach dem bis zu diesem Zeitpunkt geltenden Recht zu entscheiden. Darunter fällt die beantragte Aufenthaltsbefugnis gerade nicht, da das alte Ausländergesetz in § 5 zwischen Aufenthaltserlaubnis, Aufenthaltsberechtigung und Aufenthaltsbefugnis deutlich unterschieden hat. Hierfür spricht auch der mit der Übergangsvorschrift des § 104 Aufenthaltsgesetz verfolgte Gesetzeszweck. Dieser besteht darin, dass für Ausländer, die vor In-Kraft-Treten des Gesetzes einen Antrag auf Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis oder einer Aufenthaltsberechtigung gestellt haben, Rechtsnachteile, die dadurch entstehen können, dass das neue Aufenthaltsgesetz an die Verfestigung des Aufenthaltes strengere Integrationsanforderungen z. B. im Hinblick auf Kenntnisse der deutschen Sprache stellt, vermeiden will, weil es diesem Personenkreis nicht möglich war, an dem neu geschaffenen staatlichen Grundangebot zur Integration zu partizipieren (vgl. hierzu Bundestagsdrucksache 15/420 Seite 100). Derartige Gesichtspunkte sind bei einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 5 Aufenthaltsgesetz nicht einschlägig, da es hierbei um eine Aufenthaltserlaubnis aus rein humanitären Gründen geht.

Der Antragsteller hat jedoch keinen Anspruch auf Erteilung einer derartigen Aufenthaltserlaubnis. Zwar kann eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 5 Satz 1 Aufenthaltsgesetz abweichend von § 11 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz erteilt werden, so dass grundsätzlich ein Absehen von der rechtskräftigen Ausweisung des Antragstellers möglich wäre. Es fehlt jedoch an der weiteren Voraussetzung, dass die Ausreise des Antragstellers aus rechtlichen Gründen unmöglich ist. Ein rechtliches Abschiebungshindernis kann hier in Anlehnung an die alte Rechtsprechung zum Vorliegen eines Anspruches auf Erteilung einer Duldung nach § 55 Abs. 2 AuslG wegen Art. 6 GG, 8 EMRK nur dann in Betracht kommen, wenn der Ehe- und Familienschutz im Einzelfall derart gewichtig ist, dass auch jede zeitlich begrenzte Trennung unzumutbar erscheint. Gründe für eine rechtliche Unmöglichkeit der Abschiebung sind jedoch nicht dargelegt. Insoweit ist zu beachten, dass die familiäre Situation des Antragstellers bereits im Ausweisungsverfahren und im anschließenden gerichtlichen Verfahren (Az.: 4 K 1636/01) geprüft worden ist. Bereits zum Zeitpunkt des Erlasses der Ausweisungsverfügung war der Antragsteller mit seiner deutschen Ehefrau verheiratet und Vater eines gemeinsamen Kindes. Insoweit ist in dem damaligen Verfahren rechtskräftig festgestellt worden, dass die Ausweisung des Antragstellers wegen der Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren wegen eines Betäubungsmitteldeliktes auch unter Berücksichtigung der besonderen familiären Situation geboten ist (vgl. VG Gera, Urt. v. 28. November 2002, 4 K 1636/01). Diesbezüglich ist zu berücksichtigen, dass für den Fall, dass ein Ausländer bestands- bzw. rechtskräftig ausgewiesen ist, ein aus Art. 6 GG abgeleitetes Abschiebungshindernis für den Fall, dass nach Bestands- oder Rechtskraft der Ausweisung sich eine Änderung bezüglich der familiären Situation z. B. im Sinne der erstmaligen Herstellung einer familiären Lebensgemeinschaft ergibt, ein aus Art. 6 GG abgeleitetes Abschiebungshindernis zwecks Vermeidung eines Wertungswiderspruches nur dann zugesprochen werden kann, wenn eine auf die derzeitige Sach- und Rechtslage bezogene Prüfung ergibt, dass eine nunmehr verfügte Ausweisung unter Berücksichtigung des Familienschutzes keinen Bestand haben könnte (vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 2. Mai 2000, 13 S 2456/99, zitiert nach Juris). Dies bedeutet auf den vorliegenden Fall übertragen, dass ein Abschiebungsschutz hergeleitet aus Art. 6 GG nur dann zugesprochen werden kann, wenn sich nach Rechtskraft der Ausweisungsverfügung die familiären Verhältnisse derart nachhaltig geändert haben, so dass nunmehr zum jetzigen Zeitpunkt eine Ausweisung unter Berücksichtigung des Familienschutzes nicht mehr in Betracht käme.