LG Berlin

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Zitieren als:
LG Berlin, Beschluss vom 16.06.2005 - 84 T 131/05 B - asyl.net: M6669
https://www.asyl.net/rsdb/M6669
Leitsatz:

Keine Sicherungshaft gegen pakistanische Staatsangehörige ohne Pass, da Passbeschaffung innerhalb der Sechs-Monats-Frist des § 62 ABs. 3 S. 2 AufenthG nicht absehbar ist.

 

Schlagwörter: D (A), Abschiebungshaft, Sicherungshaft, Haftgründe, Passbeschaffung, Passlosigkeit, Sechs-Monats-Frist, Mitwirkung, Pakistan, Pakistaner
Normen: AufenthG § 62 Abs. 2; AufenthG § 62 Abs. 3
Auszüge:

Keine Sicherungshaft gegen pakistanische Staatsangehörige ohne Pass, da Passbeschaffung innerhalb der Sechs-Monats-Frist des § 62 ABs. 3 S. 2 AufenthG nicht absehbar ist.

(Leitsatz der Redaktion)

 

Nach § 62 Abs. 2 Satz b AufenthG kann die Haft zur Sicherung der Abschiebung gegen einen Ausländer angeordnet werden, wenn einer der Haftgründe des § 62 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 - 5 AufenthG vorliegt und besondere Gründe der Anordnung der Haft nicht entgegenstehen.

Es liegt der Haftgrund des § 62 Abs. 2 Satz 5 AufenthG vor.

Der Haftanordnung steht jedoch entgegen, dass nicht erkennbar ist, dass die in § 62 Abs. 3 S. 1 AufenthG vorgesehene Haftfrist ausreichen würde, um für den Betroffenen ein Passersatzpapier zu erhalten und ihn abzuschieben.

Nach § 62 Abs. 3 Satz 2 AufenthG kann die Abschiebehaft nur dann über die Dauer von sechs Monaten hinaus verlängert werden, wenn der Betroffene seine Abschiebung verhindert. Passlosigkeit allein ist dabei nicht als Verhinderung anzusehen.

Die in § 62 Abs. 3 Satz 1 AufenthG geregelte 6-monatige Haftfrist wird am 30.06.2005 überschritten. Der Betroffene hatte zunächst ein falsches Geburtsdatum angegeben und bei der Passbeschaffung nicht ordnungsgemäß mitgewirkt.

Er hat sein Verhinderungsverhalten aufgegeben und am 31.01.2005 sein Geburtsdatum korrigiert und anlässlich einer Botschaftsvorführung am 07.03.2005 ordnungsgemäß bei der Passersatzbeschaffung mitgewirkt. Spätestens zu diesem Zeitpunkt endet sein aktives Verhindern der Abschiebung und die 6-monatige Frist des § 62 Abs. 3 Satz 2 AufenthG beginnt von diesem Tag an erneut zu laufen. Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass die Passersatzbeschaffung innerhalb dieser Frist erfolgreich verlaufen wird, weil es keinen Vergleichsfall pakistanischer Staatsangehöriger gibt, der dies belegen könnte.

Das bedeutet: Auch wenn ein pakistanischer Staatsangehöriger die Abschiebung nicht verhindert, steht von vornherein fest, dass die Haft zur Sicherung der Abschiebung ihren Zweck verfehlen muss, weil er spätestens nach 6 Monaten entlassen werden muss. Deshalb ist eine Haftanordnung in solchen Fällen verfehlt. Sie wird es nicht erst mit Ablauf von sechs Monaten.

Wenn ein Betroffener hingegen die Abschiebung verhindert, gilt im Ergebnis nichts anderes. Die Verlängerung der Haft setzt mehr voraus, als den Willen, sie zu verhindern, nämlich eine Kausalbeziehung zwischen dem Verhinderungsverhalten und dem Verhinderungserfolg, dem Scheitern der Abschiebung innerhalb der Sechsmonatsfrist. Daran fehlt es hier, weil dieser Erfolg schon ohne das Verhinderungsverhalten eintritt. Deshalb kommt es nicht darauf an, dass der Betroffene im vorliegenden Verfahren ein solches Verhinderungsverhalten an den Tag gelegt hat.