OVG Nordrhein-Westfalen

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Zitieren als:
OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 24.05.2005 - 14 A 1819/05.A - asyl.net: M6707
https://www.asyl.net/rsdb/M6707
Leitsatz:
Schlagwörter: D (A), Berufungszulassungsantrag, Divergenzrüge, Kosovo, Traumatisierte Flüchtlinge, Psychische Erkrankung, Suizidgefahr, Situation bei Rückkehr, Abschiebungshindernis, Medizinische Versorgung
Normen: AsylVfG § 78 Abs. 3 Nr. 2; AufenthG § 60 Abs. 7 S. 1
Auszüge:

Der von der Beklagten allein geltend gemachte Zulassungsgrund der Abweichung von den Beschlüssen des erkennenden Gerichts vom 15. Oktober 2004 - 18 B 2140/03.A - und 1.6. Dezember 2004 - 13 A 4512/03.A - gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylVfG liegt nicht vor.

Die Beklagte benennt keinen Grundsatz tatsächlicher oder rechtlicher Art, den das Verwaltungsgericht ausdrücklich oder konkludent aufgestellt hat und der im Widerspruch zu den den genannten Entscheidungen zugrunde gelegten Grundsätzen steht. Das ist auch nicht möglich. Denn das Verwaltungsgericht hat sich hinsichtlich der maßgeblichen Rechtsfragen auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und bei der Beurteilung der medizinischen und psychotherapeutischen Behandlungsmöglichkeiten im Kosovo auf einen Beschluss des 13. Senats vom 16. Dezember 2004 in einem dessen obengenannten Beschluss ähnlich liegenden Verfahren und auf den Beschluss des 18. Senats gestützt. Es ist dem entsprechend davon ausgegangen, dass die Gewährung von Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG wegen unzureichender Behandlungsmöglichkeiten eines Krankheitszustandes dann in Betracht kommt, wenn die konkrete Gefahr der alsbaldigen wesentlichen oder sogar lebensbedrohlichen Verschlechterung der Krankheit bei Rückkehr in den Heimatstaat infolge unzureichender Behandlungsmöglichkeiten besteht.

Der Senat geht nicht der Frage nach, ob oder inwieweit die Einschätzungen über Umfang und Inhalt von Behandlungsmöglichkeiten von schweren psychischen Erkrankungen, etwa der Behandlungskapazität des Kosovo Rehabilitation Centre for Torture Victims, die den vom Verwaltungsgericht genannten Beschlüssen zugrunde liegen, unter Berücksichtigung weiterer Erkenntnismöglichkeiten aufrecht erhalten werden können (vgl. etwa Auskunft des UNHCR an das VG Münster vom 8. Dezember 2004 und Gemeinsame Mitteilung von UNMIK und Gesundheitsministerium des Kosovo vom Januar 2005, Asylmagazin 2005 S. 29).

Denn darauf kommt es nicht an. Vielmehr ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass die Klägerin trotz vorhandener Behandlungsmöglichkeiten nach einer Rückführung in das Kosovo wegen der bei ihr bestehenden psychischen Krankheit erheblich suizidgefährdet ist und die konkrete Gefahr besteht, dass sie die notwendige medizinische, insbesondere psychiatrische oder psychotherapeutische Behandlung nicht rechtzeitig erreichen könnte. Die dem zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen hat die Beklagte nicht mit Berufungszulassungsgründen angegriffen. Einen dieser Annahme in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht widersprechenden Grundsatz, nämlich dass eine Person bei krankheitsbedingter erheblicher Suizidgefahr und bei konkreter Gefahr der Nichterreichbarkeit notwendiger medizinischer Hilfe in das Kosovo abgeschoben werden darf, enthalten die von der Beklagten zitierten Ausschnitte aus der Begründung der Entscheidung des 13. Senats nicht. Der Entscheidung des 13. Senats lag ein anderer Grad der Selbstmordgefahr ("nicht auszuschließen") zugrunde. Die sich daran anknüpfenden Überlegungen über die Erreichbarkeit ausreichender medizinischer Behandlung sind für den hier zu beurteilenden Einzelfall ohne Aussagekraft.