VG Saarland

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Zitieren als:
VG Saarland, Urteil vom 02.03.2005 - 10 K 173/04 - asyl.net: M6717
https://www.asyl.net/rsdb/M6717
Leitsatz:

Die Unmöglichkeit der Ausreise nach § 25 Abs. 5 AufenthG kann auch durch ihre Unzumutbarkeit begründet sein, nicht jedoch allein durch langjährigen geduldeten Aufenthalt; Die Ausreise von Ashkali aus dem Kosovo ist nicht unmöglich i.S.d. § 25 Abs. 5 AufenthG.

 

Schlagwörter: Serbien und Montenegro, Ashkali, Kosovo, Gesetzesänderung, Entscheidungszeitpunkt, Zuwanderungsgesetz, Erlass, Altfallregelung, Willkür, Erwerbstätigkeit, UNMIK, Ausreisehindernis, Zumutbarkeit, Extreme Gefahrenlage, Vertrauensschutz
Normen: AufenthG § 23 Abs. 1; AufenthG § 25 Abs. 5; AufenthG § 60 Abs. 7
Auszüge:

Die Unmöglichkeit der Ausreise nach § 25 Abs. 5 AufenthG kann auch durch ihre Unzumutbarkeit begründet sein, nicht jedoch allein durch langjährigen geduldeten Aufenthalt; Die Ausreise von Ashkali aus dem Kosovo ist nicht unmöglich i.S.d. § 25 Abs. 5 AufenthG.

(Leitsatz der Redaktion)

 

Nach der seit dem 1.1.2005 geltenden Rechtslage ist die zentrale Vorschrift für einen aus humanitären Gründen zu gewährenden Aufenthalt § 25 AufenthG.

Hiervon ausgehend ist für die Kläger - mit Ausnahme des Klägers zu 6. - wegen der bisherigen Dauer ihres geduldeten Aufenthalts Satz 2 dieser Vorschrift einschlägig, wonach die Aufenthaltserlaubnis erteilt werden soll, sofern der Tatbestand des Satzes 1 erfüllt ist. Der Begriff der Ausreise umfasst sowohl die zwangsweise Rückführung als auch die freiwillige Ausreise. Mit der Formulierung des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG wird somit klargestellt, dass die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ausscheidet, wenn zwar keine Abschiebung, wohl aber eine freiwillige Ausreise möglich ist (vgl. dazu die Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum Zuwanderungsgesetz, BT-Drucks. 15/420, Seite 80 zu Abs. 6 (= Abs. 5 der endgültigen Gesetzesfassung), abgedruckt in GK-AuslG, Stand des Gesamtwerkes: Januar 2005, § 25).

So liegt der Fall hier. Der Umstand, dass von Deutschland aus zurzeit keine zwangsweisen Rückführungen von ethnischen Minderheiten in den Kosovo erfolgen, ist allein darin begründet, dass sich nach Ansicht der UNMIK die Sicherheitslage im Kosovo seit den Ereignissen im März 2004 zwar zu einem gewissen Maße stabilisiert hat, das jetzige Umfeld jedoch einer zwangsweisen Rückführung von Ashkali und Ägypter nicht förderlich ist (vgl. dazu die Abgestimmte Niederschrift über die Gespräche zwischen Vertretern von UNMIK und einer deutschen Delegation betreffend die Rückführung von Minderheiten in das Kosovo vom 31. August und 1. September 2004 in Berlin, dort Ziffer 3).

Angesichts dessen ist davon auszugehen, dass auch aus Sicht der UNMIK der freiwilligen Rückkehr von Minderheitenangehörigen in den Kosovo keine Hindernisse entgegenstehen.

Bei der Frage, ob eine Ausreisemöglichkeit besteht, ist auch die subjektive Möglichkeit - und damit implizit auch die Zumutbarkeit - der Ausreise zu prüfen (vgl. dazu die Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum Zuwanderungsgesetz, BT-Drucks. 15/420, Seite 80 zu Abs. 6 (= Abs. 5 der endgültigen Gesetzesfassung), abgedruckt in GK-AuslG, a.a.O.).

Dafür, dass im Falle der Kläger eine Rückkehr in den Kosovo aus individuellen Gründen unzumutbar sein könnte, bestehen keine Anhaltspunkte. Des Weiteren ist darauf zu verweisen, dass es im Saarland bei der Regelung des Erlasses vom 23.5.2003 über die Rückführung von Minderheiten aus dem Kosovo (Az.: B 55518/1-04-11 Kosovo) geblieben ist, wonach Minderheitenangehörige u. a. der Ashkali und Ägypter, sofern sie nicht dem Appell zur freiwilligen Rückkehr folgen, abgeschoben werden können (vgl. Ziffer 2 des Erlasses). Die Kammer hat angesichts dessen in ihrer ständigen Asyl-Rechtsprechung bis in die jüngste Zeit eine extreme Gefahrenlage für diese Bevölkerungsgruppen, die in analoger Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG dennoch die Zuerkennung eines Abschiebungsschutzes rechtfertigen könnte, verneint.

Eine Berücksichtigung der bisherigen Integration der Kläger in die hiesigen Lebensverhältnisse sowie des Umstandes, dass der Kläger zu 1. mit seinem Arbeitsverdienst zumindest überwiegend den Lebensunterhalt seiner Familie bestreiten kann, ist in diesem Zusammenhang nicht möglich. Insoweit ist durch die bisherige Duldung der Kläger kein schutzwürdiges Vertrauen dahingehend geschaffen worden, dass durch den Zeitablauf und eine faktische gesellschaftliche Integration die Voraussetzungen für ein dauerhaftes Bleiberecht geschaffen werden sollten.