Der Kläger zu 1. kann die Verpflichtung der Beklagten beanspruchen, ein Abschiebungsverbot im Sinne von § 60 Abs. 1 AufenthG festzustellen.
Der Kläger hat im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung glaubhaft gemacht, Syrien auf der Flucht vor eingetretener politischer Verfolgung verlassen zu haben. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Gerichts aus seinen auf Nachfragen eingehenden, anschaulichen und in sich stimmigen Ausführungen. Hiernach hat er sich als Sympathisant für die Hizb ltihad Al Sha ab betätigt, ohne Parteimitglied zu sein. Im Anschluss an eine im April/Mai 1997 erfolgte Inhaftierung hat er auf Bitten von Parteifreunden seine Tätigkeit für die Partei im Jahre 2000 wieder aufgenommen. Er hat mit seinem Lastkraftwagen unter anderem Videos und Flugblätter transportiert. Im Juli 2000 hat man erneut Veröffentlichungen der Partei und Videomaterial in seinem Lkw gefunden. Man hat ihn vom 2. Juli bis zum 15. August 2000 inhaftiert. Er ist - erneut - durch Bestechung und unter Auflagen freigekommen.
Dieser Sachverhalt ist glaubhaft. Der Kläger zu 1. beantwortete sämtliche Nachfragen des Gerichts jeweils - sowohl bezüglich des Kern- als auch hinsichtlich des Randgeschehens - spontan und bereitwillig. Er kannte den (auch kurdischen) Namen der von ihm unterstützten Partei sowie deren wesentliche geschichtliche Entwicklung. Darüber hinaus war ihm die von der Partei in Syrien herausgegebene Zeitung geläufig. Zugleich zeigte er sich über die Hintergründe kurdischer Parteien in Syrien unterrichtet. Ausschlaggebendes Gewicht für die Bewertung seiner Angaben als glaubhaft misst das Gericht der Tatsache bei, dass der Kläger zu 1. auch nach längerer Befragung das Geschehen bezüglich seiner zweiten Inhaftierung anschaulich und detailliert sowie den Ablauf danach gleichbleibend geschildert hat. Insbesondere überzeugten die Angaben des Klägers zu 1. zu seinen diesbezüglichen Empfindungen bzw. Wahrnehmungen und zu den Tagesabläufen. Das gesamte Vorbringen ist weder durch Widersprüche noch durch Ungereimtheiten gekennzeichnet. Dies gilt namentlich für die Erklärung des Klägers zu 1., warum die Partei erneut auf ihn zurückgegriffen hat.
Vor diesem Hintergrund ist es glaubhaft, dass der Kläger zu 1. - zumal in einem Zeitpunkt, in dem die Übernahme des Amtes des syrischen Staatspräsidenten durch Bashar AI-Assad noch nicht allzu lange zurücklag und er seine eigene Herrschaft erst festigen musste, so dass auf (vermutetes) regimekritisches Verhalten von Seiten der Sicherheitsbehörden besonders sensibel reagiert wurde - in das Blickfeld der syrischen Sicherheitsbehörden geraten konnte (vgl. in diesem Zusammenhang AA, Auskunft vom 24. April 2003 an das VG Aachen; vgl. auch AA, Auskunft vom 24. Januar 2005 an das VG Schleswig; Deutsches Orient-Institut (DOI), Auskunft vom 31. Januar 2005 an das VG Schleswig).
Innerstaatliche Ausweichmöglichkeiten im Falle staatlicher Repressionen bestanden und bestehen in Syrien nicht (vgl. AA, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Syrien (Lagebericht) vom 13. Dezember 2004 (Stand: November 2004), S. 17).
Die mit Blick auf vorstehend beschriebene Vorverfolgung des Klägers zu 1. nach dem herabgestuften Wahrscheinlichkeitsmaßstab erforderliche Feststellung, dass er bei Rückkehr nach Syrien vor politischer Verfolgung hinreichend sicher ist, lässt sich nicht treffen. Insbesondere ist eine Verhaftung seiner Person bei Rückkehr nach Syrien mit der Gefahr von Folterungen im Zuge der dann durchgeführten Vernehmungen vor dem Hintergrund seines glaubhaft vorgetragenen Vorfluchtschicksals nicht mit hinreichender Sicherheit auszuschließen. Bei der Wiedereinreise würde der Kläger zu 1. vielmehr am Flughafen bzw. Grenzübergang eingehenden, gegebenenfalls mehrtägigen Verhören durch die syrischen Sicherheitskräfte unterzogen. Sollten bei diesem Einreiseverhör über den infolge der Asylantragstellung regelmäßig bestehenden "Anfangsverdacht" hinaus Verdachtsmomente für die Annahme bestehen, dass sich die Rückkehrer vor ihrer Ausreise aus Syrien politisch oppositionell gegen den syrischen Staat betätigt haben, ist die Verbringung in ein Haft- und Verhörzentrum wahrscheinlich, in dem grundsätzlich die Gefahr der Anwendung von Folter und sonstiger menschenrechtswidriger Behandlung droht (vgl. AA, Lagebericht, S. 21. f.; vgl. auch AA, Auskunft vom 4. August 2004 an das VG Stade).
Die Klage der Kläger zu 2. bis 6. ist unbegründet.
Allein der Aufenthalt im Ausland - meist im Rahmen eines Asylverfahrens - zieht für syrische Staatsangehörige nach den der Kammer vorliegenden Erkenntnissen in aller Regel nicht asylrechtlich erhebliche Maßnahmen nach sich.
Den Klägern zu 2. bis 6 droht im Falle ihrer Rückkehr nach Syrien auch nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Sippenhaft. Nach den vorliegenden Erkenntnissen wird in Syrien eine systematische Sippenhaft nicht praktiziert. Eine solche findet selbst gegenüber nahen Angehörigen eines als gefährlich eingestuften Regimegegners nur ausnahmsweise statt. Voraussetzung ist etwa, dass die Geheimdienste den Eindruck gewinnen, Informationen würden zurückgehalten. Sie droht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit nur Familienangehörigen solcher Personen, die öffentlichkeitswirksam oppositionspolitisch in Erscheinung getreten sind oder zum Beispiel als politische Aktivisten etwa in einer führenden Position tätig und dabei in ein Netzwerk oppositioneller Gruppierungen bzw. Betätigungen eingebunden und solchermaßen in das Visier der syrischen Behörden geraten sind (vgl. AA, Auskunft vom 24. November 2003 an das VG Wiesbaden; DOI, Auskunft vom 27. Mai 2003 an das VG Magdeburg; Urteile der Kammer vom 16. Februar 2004 - 9 K 2665/00.A - , S. 31 des Entscheidungsabdrucks, vom 9. Februar 2004 - 9 K 265/04.A -, S. 16 f. des Entscheidungsabdrucks).
Ausgehend hiervon sind die Kläger zu 2. bis 6. bei einer Rückkehr nach Syrien mangels entsprechender Tatsachengrundlage nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit von Sippenhaft bedroht. Insbesondere kann nicht angenommen werden, dass die Klägerin zu 2. dem syrischen Staat im Hinblick auf ihren Ehemann als so bedeutend oder gefährlich erscheinen könnte, dass dieser es mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit für angezeigt halten könnte, gerade sie zu inhaftieren, um von ihr zurückgehaltene Informationen - welcher Art auch immer - zu erlangen.
Ein Anspruch der Kläger zu 2. bis 6. auf Familienabschiebungsschutz scheidet aus. Es fehlt jedenfalls an der erforderlichen Unanfechtbarkeit der Feststellung eines Abschiebungsverbots für den Kläger zu 1. als Stammberechtigter (§ 26 Abs. 4 Satz 1 AsylVfG in der Fassung des Zuwanderungsgesetzes vom 5. August 2004, BGBI. I S. 1950; vgl. zum In-Kraft-Treten Art. 15 Abs. 3 des Zuwanderungsgesetzes, a.a.O.).