OVG Sachsen-Anhalt

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Zitieren als:
OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 27.06.2005 - 2 O 90/05 - asyl.net: M6752
https://www.asyl.net/rsdb/M6752
Leitsatz:

Möglicherweise sachfremde Erwägungen bei der Einweisung in eine Ausreiseeinrichtung durch Wohnsitzauflage (hier: Abstellen auf beugende Funktion der Ausreiseeinrichtung) rechtfertigen die Gewährung von Prozesskostenhilfe.

 

Schlagwörter: Prozesskostenhilfe, Ausreiseeinrichtung, Duldung, Auflage, Ermessen, Wohnsitzauflage
Normen: AufenthG § 60a; AufenthG § 61 Abs. 2
Auszüge:

Möglicherweise sachfremde Erwägungen bei der Einweisung in eine Ausreiseeinrichtung durch Wohnsitzauflage (hier: Abstellen auf beugende Funktion der Ausreiseeinrichtung) rechtfertigen die Gewährung von Prozesskostenhilfe.

(Leitsatz der Redaktion)

 

Prozesskostenhilfe nach § 166. VwGO i. V. m. § 114 VwGO ist zu gewähren, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung "hinreichende Aussicht auf Erfolg" bietet. Davon ist nach der ständigen Rechtsprechung des Senats bereits auszugehen, wenn der Rechtsstandpunkt des Rechtsschutzsuchenden ohne Überspannung der Anforderungen zutreffend oder bei schwieriger Rechtslage zumindest vertretbar erscheint (OVG LSA, Beschl. v. 26.11.2004 - 2 O 601/04 -; vgl. OVG LSA, Beschl. v. 14.06.2005 - 4 O 133/05 ). Diese Voraussetzungen sind zum Zeitpunkt dieser Entscheidung erfüllt.

Zwar war das Verwaltungsgericht auf Grund der damaligen Aktenlage noch davon ausgegangen, dass die Klage keinen Erfolg haben werde, weil nicht ersichtlich sei, dass der auf §§ 60a; 61 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes - AufenthG - vom 30.07.2004 (BGBl I 1950) gestützten Verfügung des Beklagten sachfremde Erwägungen zu Grunde liegen könnten (vgl. zu solchen Auflagen nach früherem Recht bereits NdsOVG, Beschl. v. 18.01.1996 - 4 M 7322/95 - NVwZ-Beil 1996, 33); auf der Grundlage des Schriftsatzes des Beklagten vom 01.06.2005, auf den wegen der Einzelheiten verwiesen wird, lässt sich diese Prognose indessen nicht mehr aufrecht erhalten. Bereits der erste Absatz macht deutlich, dass es dem Beklagten darauf ankommt, zu verhindern, dass der Kläger "doch noch sein Asylbegehrensziel erreicht". In diesem Sinn fährt der Beklagte dann fort, die Maßnahme "dient auch dazu, die ... schleichende Asylerlangung zu verhindern" oder die Unterbringung in Halberstadt erspare Finanzmittel und "unterstreiche ... das öffentliche Interesse an der Unterbringung ausreisepflichtiger Personen. Eine andere Entscheidung würde für diesen Personenkreis ... ein falsches Signal setzen.", ferner: "Die Ausreiseeinrichtung macht ... dem Betreffenden überdeutlich, dass sich ein Bleiberecht für den hoffnungsvoll Eingereisten endgültig zerschlagen hat." schließlich: "Die beugende Funktion der Ausreiseeinrichtung ist dieser wesenseigen. Das beugende Empfinden ist bei jedem, der dort Wohnsitz zu nehmen hat, vorhanden. Diese beugende Funktion ist aber schon der Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung wesenseigen. Dem Betreffende(n) widerfahren somit keine Sondererfahrungen, die anderen Asylbewerbern, deren Asylbegehren abgelehnt wurde, nicht widerfahren würden. ... Eine erneute Wohnsitznahme an einem anderen Ort in Sachsen-Anhalt außerhalb der Ausreiseeinrichtung käme einer quasi Asylanerkennung gleich."

Diese Darlegung lässt den Verdacht aufkommen, dass die Verfügung aus sachwidrigen Gründen ergangen ist, um Druck auf den Kläger auszuüben, was die Rechtswidrigkeit der behördlichen Maßnahme zur Folge haben müsste.