OVG Niedersachsen

Merkliste
Zitieren als:
OVG Niedersachsen, Beschluss vom 11.04.2005 - 8 LA 33/05 - asyl.net: M6786
https://www.asyl.net/rsdb/M6786
Leitsatz:

§ 73 Abs. 2 a AsylVfG ist nicht auf einen Widerruf anwendbar, der vor dem 1.1.2005 erfolgt ist.

 

Schlagwörter: D (A), Berufungszulassungsantrag, Grundsätzliche Bedeutung, Asylanerkennung, Widerruf, Unverzüglichkeit, Gesetzesänderung, Zuwanderungsgesetz, Überpüfungszeitpunkt, Drei-Jahres-Frist, Anwendungszeitpunkt, Rückwirkung, Altfälle
Normen: AsylVfG § 78 Abs. 3 Nr. 1; AsylVfG § 73 Abs. 1 S. 1; AsylVfG § 73 Abs. 2a
Auszüge:

§ 73 Abs. 2 a AsylVfG ist nicht auf einen Widerruf anwendbar, der vor dem 1.1.2005 erfolgt ist.

(Leitsatz der Redaktion)

 

Grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG kommt auch nicht der sinngemäß auf Seite 5 der Antragsschrift aufgeworfenen Frage zu, ob ein gemäß § 73 Abs. 1 AsylVfG erfolgter Widerruf, der - wie hier - zwar vor dem 1. Januar 2005 ausgesprochen, aber noch nicht bestandskräftig geworden sei, gemäß § 73 Abs. 2 a AsylVfG unzulässig sei, wenn er später als drei Jahre nach der Anerkennung als Asylberechtigter oder Flüchtling erfolgt sei. Dass diese Frage zu verneinen ist, ergibt sich unmittelbar aus § 73 AsylVfG und bedarf daher nicht der Klärung in einem Berufungsverfahren.

§ 73 Abs. 2 a Satz 1 AsylVfG verpflichtet das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, spätestens nach Ablauf von drei Jahren nach Unanfechtbarkeit der Entscheidung über die Anerkennung als Asylberechtigter oder als Flüchtling zu prüfen, ob nach § 73 Abs. 1 AsylVfG die Voraussetzungen für einen Widerruf dieser Anerkennung vorliegen. Diese Verpflichtung ist erst mit dem Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes zum 1. Januar 2005 wirksam geworden, Art. 15 Abs. 3 des Gesetzes vom 30. Juli 2004 (BGBI. I. S. 1950). Dadurch sollen die Asylverfahren beschleunigt werden. Der Gesetzgeber ging davon aus, dass die nach § 73 Abs. 1 AsylVfG a. F. bereits bestehende Verpflichtung, nach dem Wegfall der Anerkennungsvoraussetzungen die Anerkennung unverzüglich zu widerrufen, weitgehend leer liefe (vgl. BT -Drs. 15/420, S.107). Ein Asylverfahren, in dem durch das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vor dem 1. Januar 2005 bereits ein Widerruf nach § 73 Abs. 1 AsylVfG erfolgt ist, würde durch eine erneute Überprüfung nach dem Stichtag jedoch nur verzögert. Eine solche Prüfung wäre zudem sinnlos. § 73 Abs. 2 a Satz 1 AsylVfG ist daher auf Übergangsfälle, in denen bereits vor dem 1. Januar 2005 ein Widerruf erfolgt ist, unanwendbar (vgl. Senatsbeschl. v. 8.3.2005).

Auch bei Anwendbarkeit des § 73 Abs. 2 a Satz 1 AsylVfG ließe sich im Übrigen der von dem Kläger daraus gezogene Schluss nicht ableiten. Der Kläger nimmt sinngemäß an, dass die Anerkennung nicht mehr aufgehoben werden darf, wenn nicht binnen drei Jahren nach der Anerkennung ihre Aufhebung geprüft worden ist. Das besagt § 73 Abs. 2 a AsylVfG jedoch nicht.

§ 73 Abs. 2 a Satz 3 AsylVfG regelt lediglich den Fall, dass fristgerecht binnen drei Jahren eine Prüfung stattgefunden hat, ohne dass ein Widerruf oder eine Rücknahme erfolgt ist; in diesem Fall steht eine spätere Entscheidung über die Rücknahme oder den Widerruf im Ermessen. Dass eine unterbliebene fristgerechte Prüfung zum Ausschluss eines späteren Widerrufs oder einer Rücknahme führen soll, lässt sich § 73 Abs. 2 a AsylVfG jedoch nicht entnehmen. Allenfalls käme in entsprechender Anwendung des § 73 Abs. 2 a Satz 3 AsylVfG in Betracht, dass eine spätere Widerrufsentscheidung im Ermessen des Bundesamtes steht.