VG Magdeburg

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Zitieren als:
VG Magdeburg, Beschluss vom 11.07.2005 - 4 A 353/04 MD - asyl.net: M6819
https://www.asyl.net/rsdb/M6819
Leitsatz:

Kein Abschiebungsschutz hinsichtlich des Irak wegen allgemeinen Gefahren in verfassungskonformer Anwendung des § 60 Abs. 7 AufenthG, da gleichwertiger Schutz durch Erlasslage besteht.

 

Schlagwörter: Irak, Alleinstehende Frauen, Extreme Gefahrenlage, Allgemeine Gefahr, Abschiebungsstopp, Erlass, Prozesskostenhilfe
Normen: AufenthG § 60 Abs. 7
Auszüge:

Kein Abschiebungsschutz hinsichtlich des Irak wegen allgemeinen Gefahren in verfassungskonformer Anwendung des § 60 Abs. 7 AufenthG, da gleichwertiger Schutz durch Erlasslage besteht.

(Leitsatz der Redaktion)

 

Die Klage hat aber auch hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.

Nach § 60 Abs. 7 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für ihn eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Dabei greift jedoch die Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG für die Beklagte wie für das erkennende Gericht ein. Soweit im Hinblick auf die allgemeine Sicherheitslage sowie die medizinische Versorgung und die Versorgung mit Lebensmitteln und sonstigen unabdingbaren Gütern des täglichen Bedarfs davon auszugehen sein sollte, dass sich daraus eine unter den Schutzbereich des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG fallende erhebliche konkrete Gefahr für Leib oder Leben der Klägerin ergeben könnte, würde diese zugleich der ganzen Bevölkerung drohen. Die sich aus § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG ergebende Sperrwirkung ist nicht nur zu beachten, wenn ein Abschiebestopp-Erlass nach § 60 a Abs. 1 Satz 1 AufenthG besteht, sondern auch dann, wenn eine andere ausländerrechtliche Erlasslage oder eine aus individuellen Gründen erteilte Duldung dem betroffenen Ausländer einen vergleichbar wirksamen Schutz vor Abschiebung vermittelt (vgl. zur parallelen Altregelung des § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG: BVerwG, Urt. v. 12.07.2001; BVerwGE 114, 379; OVG Münster, Beschl. v. 28.12.2001 13 A 4338/94.A -).

Eine solche Lage ist für die Klägerin gegeben, da nach dem Erlass des Ministeriums des Innern des Landes Sachsen-Anhalt vom 31.03.2003 - Az.: 42.31-12231-66.1 - Abschiebungen in den Irak - auch über die Nachbarstaaten - weiterhin aus tatsächlichen Gründen nicht möglich sind und vollziehbar ausreisepflichtigen irakischen Staatsangehörigen daher Duldungen für sechs Monate zu erteilen und zu erneuern sind (so auch: OVG LSA, Urt. v. 4.12.2003 - 1 L 234/02 -). Gleiches gilt, wenn man zugunsten der Klägerin davon ausgeht, dass (alleinstehende) Frauen einer erheblichen konkreten Gefahr i.S.d. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG bei Rückkehr in den Irak ausgesetzt sind. Denn auch bei einer derartigen, aus der allgemeinen Situation der Frauen, insb. der alleinstehenden Frauen, hergeleiteten Gefährdungsbefürchtung handelt es sich um eine Gefahr, die einer Bevölkerungsgruppe allgemein, d.h. nicht nur einzelnen, sondern einer Vielzahl von Personen zugleich drohen würde.