VG Ansbach

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Zitieren als:
VG Ansbach, Urteil vom 25.04.2005 - AN 9 K 04.31110 - asyl.net: M6872
https://www.asyl.net/rsdb/M6872
Leitsatz:
Schlagwörter: Widerruf, Flüchtlingsanerkennung, Konventionsflüchtlinge, Ermessen
Normen: AsylVfG § 73 Abs. 1 S. 1; AsylVfG § 73 Abs. 2a; AsylVfG § 77 Abs. 1
Auszüge:

Der angefochtene Widerrufsbescheid des Bundesamtes ist rechtswidrig (geworden) und verletzt die Klägerinnen in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Nach § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG in der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung waren die Anerkennung als Asylberechtigter und die Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen, unverzüglich zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen für sie nicht mehr vorlagen. Auch nach § 73 Abs. 1 AsylVfG in der seit 1. Januar 2005 geltenden Fassung sind die Anerkennung als Asylberechtigter und die Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG (bis zum 31.12.2004 § 51 Abs. 1 AuslG) vorliegen, unverzüglich zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen für sie nicht mehr gegeben sind. Jedoch bestimmt der neu eingefügte § 73 Abs. 2 a AsylVfG, dass die Prüfung, ob die Voraussetzungen für einen Widerruf nach Absatz 1 vorliegen, spätestens nach Ablauf von drei Jahren nach Unanfechtbarkeit der Entscheidung zu erfolgen hat. Das Ergebnis ist der Ausländerbehörde mitzuteilen. Ist nach der Prüfung ein Widerruf nicht erfolgt, so steht eine spätere Entscheidung nach § 73 Absatz 1 oder Absatz 2 AsylVfG im Ermessen des Bundesamtes. Eine Übergangsregelung für diese Vorschrift wurde vom Gesetzgeber nicht getroffen.

Gemäß § 77 Abs. 1 AsylVfG ist in Streitigkeiten nach diesem Gesetz auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bzw. im Zeitpunkt der Entscheidung abzustellen. Bei dem vorliegenden Verfahren handelt es sich, da der Widerruf auf § 73 AsylVfG gestützt ist, um eine Streitigkeit nach diesem Gesetz. Dies bewirkt, dass die getroffene Widerrufsentscheidung rechtswidrig (geworden) ist.

Vorliegend handelt es sich nicht um die (erstmalige) Überprüfung, ob ein Widerruf zu erfolgen hat, sondern um die im Ermessen stehende "spätere" Entscheidung nach § 73 Abs. 2 a Satz 3 AsylVfG.

Denn die (erstmalige) Überprüfung ist bereits vor Ergehen der nun streitgegenständlichen Entscheidung erfolgt. Denn mit Schreiben vom 10. Dezember 2002 teilte das Bundesamt nach Beteiligung der zuständigen Ausländerbehörde dem Bundesministerium des Innern mit, dass nach Überprüfung der Sach- und Rechtslage ein Widerrufsverfahren nicht in Betracht kommt.

Damit stand die streitgegenständliche Widerrufsentscheidung gemäß § 73 Abs. 2 a Satz 3 AsylVfG im Ermessen. Ein Ermessen wurde vorliegend nicht ausgeübt und war auch nach der bei Erlass der Entscheidung bestehenden Rechtslage nicht gegeben.

Da gemäß § 114 Satz 2 VwGO lediglich die Ergänzung von Ermessenserwägungen möglich ist, nicht jedoch das Nachholen einer von vorneherein nicht getroffenen Ermessensentscheidung, konnte das Ermessen auch nicht mehr nachträglich ausgeübt werden. Damit ist der angefochtene Widerruf rechtswidrig (geworden) und war demgemäß aufzuheben.