VG Lüneburg

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Zitieren als:
VG Lüneburg, Beschluss vom 21.06.2005 - 2 B 24/05 - asyl.net: M7028
https://www.asyl.net/rsdb/M7028
Leitsatz:

§ 14 a Abs. 2 AsylVfG gilt auch für vor dem 1.1.2005 in Deutschland geborene Kinder.

 

Schlagwörter: Asylantrag, Kinder, in Deutschland geborene Kinder, Antragsfiktion, Anzeigepflicht, Verzicht, Rechtsschutzbedürfnis, Zuwanderungsgesetz, Entscheidungszeitpunkt, Übergangsregelung, Altfälle
Normen: AsylVfG § 14a
Auszüge:

§ 14 a Abs. 2 AsylVfG gilt auch für vor dem 1.1.2005 in Deutschland geborene Kinder.

(Leitsatz der Redaktion)

 

Der Antrag hat keinen Erfolg.

Hinsichtlich der Antragstellerin zu 2. ist der Antrag mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig, denn die Antragstellerin zu 2. kann ihr Rechtsschutzziel, die Beendigung des Asylverfahrens, durch einfachere und effektivere Weise als im gerichtlichen Verfahren erreichen, indem sie eine Verzichtserklärung gegenüber der Antragsgegnerin abgibt. Die Antragsgegnerin hat ihr dazu bereits vor dem gerichtlichen Verfahren mehr als ausreichend Gelegenheit gegeben, ohne dass es dazu der Anrufung des Gerichts bedürfte. Das Gericht geht davon aus, dass auch die nunmehr abgegebene Erklärung von der Antragsgegnerin in angemessener Frist berücksichtigt wird.

Auch für die Antragsstellerin zu 1. ist ein Rechtsschutzbedürfnis nicht erkennbar, denn sie hat - ebenso wie ihre Schwester - jederzeit die Möglichkeit, auf die Durchführung des Asylverfahrens durch entsprechende Erklärung zu verzichten, wenn sie sich durch den ergangenen Bescheid belastet fühlt. Die von ihr offenbar beabsichtigte Vorgehensweise, zunächst den ergangenen Bescheid anzugreifen, um dann zu einem späteren Zeitpunkt wieder einen Asylantrag stellen zu können, stellt sich als rechtsmissbräuchlich dar, zumal sie offensichtlich nicht von politischer Verfolgung bedroht ist.

Das Gericht teilt auch nicht die vom Verwaltungsgericht Göttingen (Beschl. v. 17.3.2005 - 3 B 272/05 - ) vorgenommene Auslegung des § 14 a Abs.2 AsylVfG, dass die Fiktion der Asylantragstellung nicht auf vor dem 1.1.2005 geborene Kinder anwendbar ist. Geht man davon aus, dass die Rechtsfolgen der Neuregelung erst mit Zugang der Anzeige beim Bundesamt entstehen, so handelte es sich keineswegs um eine ,,Rückbewirkung von belastenden Rechtsfolgen für Sachverhalte vor Inkrafttreten des Gesetzes" (so VG Göttingen, a.a.O.), sondern um eine Regelung, die Folgen nur für die Zukunft regelt. Im Hinblick auf die Zielsetzung des Gesetzgebers, die Vermeidung überlanger Aufenthaltszeiten ohne aufenthaltsrechtliche Perspektive durch sukzessive Asylantragstellung (vgl. BT-Drs. 15/420, S. 108) liegt vielmehr die von der Antragsgegnerin vorgenommene Anwendung der Regelung auch auf vor dem 1.1.2005 in Deutschland geborene Kinder nahe, zumal nur so der sukzessiven Asylantragstellung wirksam Einhalt geboten werden kann. Diese Auslegung kommt dem Willen des Gesetzgebers, derartigen Fehlgebrauch einzudämmen, wesentlich näher (vgl. auch Dr. Bell/Richert, Zur Anwendung der Asylantragsfiktion bei nachgeborenen und nachgereisten Kindern, Einzelentscheider-Brief 5/05).