VG Aachen

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Zitieren als:
VG Aachen, Urteil vom 22.06.2005 - 9 K 1258/03.A - asyl.net: M7097
https://www.asyl.net/rsdb/M7097
Leitsatz:
Schlagwörter: Bosnien-Herzegowina, Krankheit, Abschiebungshindernis, Psychische Erkrankung, Posttraumatische Belastungsstörung, Suizidgefahr
Normen: AufenthG § 60 Abs. 7
Auszüge:

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung eines sonstigen Abschiebungsverbots im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG, und die Abschiebungsandrohung im streitgegenständlichen Bescheid des Bundesamts vom 16. August 1999 ist rechtmäßig (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 und Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Eine abweichende Beurteilung ist nicht mit Blick auf die vom Kläger geltend gemachten psychischen Erkrankungen - unter dem Gesichtspunkt eines krankheitsbedingten zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG - geboten. Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein- Westfalen hat in seinem Beschluss vom 17. März 2005 - 13 A 2909/04.A - (vgl. auch den Beschluss vom 30. Dezember 2004 - 13 A 1250/04.A -) in diesem Zusammenhang, bezogen auf den Kosovo, unter anderem Folgendes ausgeführt: ...

Mit Blick auf etwaige Äußerungen von Suizidabsichten durch ausreisepflichtige erfolglose Asylbewerber gilt nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (vgl. Beschluss vom 30. Dezember 2004 - 13 A 1250/04.A -) grundsätzlich Folgendes: Weder derartige Erklärungen noch dahin gehende (fach-)ärztliche Bescheinigungen führen - ungeachtet der Frage nach der Ernsthaftigkeit solchen Vorbringens - grundsätzlich zu einem Abschiebungsverbot i.S.v. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Im Übrigen sind Suizidgefahren kraft psychischer Belastung wegen anstehender Abschiebung oder deren Vollzug im Bundesgebiet bereits nicht zielstaatsbezogen. Bezüglich nicht auszuschließender Suizide nach Rückkehr in das Heimatland handelt es sich in der Regel um ein ungewisses und nicht konkretes Ereignis, das regelmäßig allein an die Person des Ausländers anknüpft.

Die Kammer schließt sich dieser Rechtsmeinung im Ausgangspunkt, im Argumentationsweg und im Ergebnis auch für das Herkunftsland Bosnien und Herzegowina vollumfänglich an. Ausgehend von diesen Grundsätzen führen weder die für den Kläger geltend gemachten psychischen Erkrankungen für sich genommen noch deren Behandlungsnotwendigkeit zu einem krankheitsbedingten zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbot. In diesem Zusammenhang geht das Gericht zu Gunsten des Klägers davon aus, dass er - entsprechend dem Attest des Herrn Dr. (YU) N. ´, H. , vom 9. Februar 2005 an einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) - ICD 10 F 43.0 - leidet. Derartiges führt für sich genommen indes nicht auf ein Abschiebungsverbot i.S.v. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG (gl. OVG NRW, Beschluss vom 6. September 2004 - 18 B 2661/03 -).

Auch im Übrigen ist kein greifbarer Anhaltspunkt dafür erkennbar, dass im Fall des Klägers eine von der vorstehend erwähnten Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen abweichende Beurteilung geboten sein könnte. Das gilt namentlich für den Gesichtspunkt der Suizidalität. Vor dem Hintergrund der vorgelegten Bescheinigungen geht das Gericht nicht davon aus, dass ein Suizid - soweit Derartiges in diesem Verfahren berücksichtigungsfähig ist (Zielstaatsbezug) - mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist.

Lediglich ergänzend ist anzumerken, dass mit Blick auf die aktuelle Erkenntnislage (vgl. AA, Lagebericht, a.a.O.; vgl. auch UNHCR, Update on Conditions for Return to Bosnia and Herzegovina, Januar 2005, sowie Gutachten vom 30. Juni 2004 (Asylis-Fakten Nr.: BOS00056846); Deutsche Botschaft, Sarajewo, Bericht vom 11. Juni 2004 an das Bundesamt (Asylis-Fakten Nr.: BOS26188001)) nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen ist, die psychischen Erkrankungen des Klägers könnten in seiner Heimat landesweit nicht zumindest in einem Umfang behandelt werden, der das Eintreten der eingangs beschriebenen wesentlichen Verschlimmerung der Erkrankung im Sinne existentieller Gesundheitsgefahren ausschließt.