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Zitieren als:
BVerwG, Beschluss vom 14.06.2005 - 1 B 142.04 - asyl.net: M7279
https://www.asyl.net/rsdb/M7279
Leitsatz:
Schlagwörter: Präklusion, rechtliches Gehör, Verzögerung
Normen: AsylVfG § 79 Abs. 1; VwGO § 128a Abs. 1; VwGO § 138 Nr. 3
Auszüge:

Die allein auf einen Verfahrensmangel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) gestützte Beschwerde der Kläger hat keinen Erfolg.

Dabei kann im Ergebnis offen bleiben, ob das Berufungsgericht die Kläger mit ihrem Vortrag zum Besitz der türkischen Staatsangehörigkeit zu Recht nach § 79 Abs. 1 AsylVfG i.V.m. § 128 a Abs. 1 VwGO präkludiert hat. Denn die Beschwerde legt nicht dar, dass die Entscheidung auf diesem Verfahrensmangel - wenn er denn vorläge - beruhen kann. Allerdings ist durchaus zweifelhaft, ob das Berufungsgericht die Kläger mit ihrem Vortrag präkludieren durfte. Nach § 79 Abs. 1 AsylVfG gilt in dem Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht in Bezug auf Erklärungen und Beweismittel, die der Kläger nicht innerhalb der Frist des § 74 Abs. 2 Satz 1 AsylVfG (einen Monat nach Zustellung des ablehnenden Asylbescheides) vorgebracht hat, § 128 a VwGO entsprechend. Danach sind neue Erklärungen und Beweismittel, die im ersten Rechtszug nicht innerhalb der maßgeblichen Frist vorgebracht worden sind, nur zuzulassen, wenn nach der freien Überzeugung des Gerichts ihre Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder wenn der Beteiligte die Verspätung genügend entschuldigt. Dies gilt nicht, wenn der Beteiligte im ersten Rechtszug über die Folgen einer Fristversäumung nicht belehrt worden ist oder wenn es mit geringem Aufwand möglich ist, den Sachverhalt auch ohne Mitwirkung des Beteiligten zu ermitteln (§ 128 a Abs. 1 Satz 3 VwGO). Abgesehen von der nach den Besonderheiten des Einzelfalles zu beantwortenden Frage, ob es sich bei dem Vortrag der Kläger zu ihrer türkischen Staatsangehörigkeit im Schriftsatz vom 12. September 2000 überhaupt um neue Erklärungen im Sinne des § 128 a Abs. 1 VwGO gehandelt hat und ob die Verspätung möglicherweise genügend entschuldigt war, ist zweifelhaft, ob das Berufungsgericht annehmen durfte, dass die Zulassung dieses Vortrages zu einer Verzögerung des Rechtsstreits führen würde. Denn zu einer Verzögerung im Sinne des § 128 a Abs. 1 VwGO führt eine Zulassung verspäteten Vorbringens dann nicht, wenn hierfür eine unzulängliche Verfahrensleitung oder eine Verletzung der gerichtlichen Sachaufklärungspflicht mitursächlich wäre (vgl. BVerfGE 75, 183 190> m.w.N.). Angesichts der Tatsache, dass die Kläger nach den eigenen Ausführungen des Berufungsgerichts mit diesem Schriftsatz überhaupt erstmals detailliert zu ihrer türkischen Staatsangehörigkeit vorgetragen haben (UA S. 11), ist es zumindest fraglich, ob nicht die vom Gericht für erforderlich gehaltenen weiteren Aufklärungsmaßnahmen schon im Rahmen der Terminsvorbereitung bis zur mündlichen Verhandlung am 22. Juni 2004 hätten durchgeführt werden können, so dass eine Verzögerung hätte vermieden werden können. Dies alles bedarf

indes keiner abschließenden Entscheidung.

Die Beschwerde zeigt jedenfalls nicht - wie erforderlich - auf, dass die Berufungsentscheidung auf dem behaupteten, allein den Gesichtspunkt der türkischen Staatsangehörigkeit der Kläger betreffenden Verfahrensmangel beruht. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung nämlich unabhängig von der Präklusion darauf gestützt, dass die Kläger nach seiner Überzeugung syrische Staatsangehörige seien und sie Syrien weder vorverfolgt verlassen hätten noch ihnen bei einer Rückkehr nach Syrien dort mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit politische Verfolgung drohe (Tz. 1.2.4 bis 1.3.2.2 der Urteilsgründe).