VG München

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Zitieren als:
VG München, Beschluss vom 11.07.2005 - M 23 S 04.6445 - asyl.net: M7286
https://www.asyl.net/rsdb/M7286
Leitsatz:
Schlagwörter: Ausweisung, Afghanistan, Afghanen, Terrorismus, Unterstützung, Spendensammeln, Hezb-i-Islami, Sicherheitsbefragung
Normen: AuslG § 47 Abs. 2 Nr. 4; AuslG § 8 Abs. 1 Nr. 5; AuslG § 47 Abs. 2 Nr. 5
Auszüge:

Nach § 47 Abs. 2 Nr. 4 AuslG wird ein Ausländer in der Regel ausgewiesen, wenn die Voraussetzungen eines Versagungsgrunds nach § 8 Abs. 1 Nr. 5 AuslG vorliegen.

Nach § 8 Abs. 1 Nr. 5 AuslG ist dies der Fall, wenn Tatsachen belegen, dass der Betreffende einer Vereinigung angehört, die den internationalen Terrorismus unterstützt, oder er eine derartige Vereinigung unterstützt und somit eine in der Person des Ausländers konkrete Gefahr vorliegt. Der durch das Terrorismusbekämpfungsgesetz neu geschaffene Versagungsgrund des § 8 Abs. 1 Nr. 5 AuslG ist eine Reaktion auf die aktuelle Bedrohungssituation wegen des besonderen Gefährdungsgrades von Handlungen, die die freiheitlich demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährden oder gewaltbereiten Terrorismus fördern und unterstützen. Bei Extremismus in dieser Form kann deshalb nicht so lange gewartet werden, bis Ermittlungen im Einzelfall zweifelsfrei ein Fehlverhalten nachweisen können, da das mit einem solchen Zuwarten verbundene Risiko für die Gesellschaft nicht tragbar ist. Dabei muss die von einem Ausländer ausgehende Gefahr gegenwärtig bestehen oder für die Zukunft zu erwarten sein. Auch wenn die Anforderungen an den Nachweis einer in diesem Sinne gegebenen Gefahr auf ein Mindestmaß reduziert werden können, so bedarf es jedoch wenigstens ansatzweise konkreter Anhaltspunkte für eine Unterstützungs- oder Gefährdungshandlung (BayVGH vom 09.03.2005 - 24 CS 04.2677).

Vor dem Hintergrund der Gesamtumstände liegen hinreichend konkrete Erkenntnisse vor, dass der Antragsteller Spendengelder für die Hezb-i Islami gesammelt und nach Pakistan gebracht hat. Er hat damit eine Vereinigung unterstützt, die den internationalen Terrorismus fördert (§ 8 Abs. 1 Nr. 5 AuslG).

Die Hezb-i Islami ist eine aus Islamisten bestehende Gruppierung, die im Zusammenwirken mit verbliebenen Taliban- und al-Qaida-Kämpfern die von der westlichen Allianz gestützte Regierung in Kabul bekämpft (Verfassungsschutzbericht Bayern 2004, S.202). Ziel der HIA ist die Errichtung eines islamischen Staates unter Einführung der Scharia (Verfassungsschutzbericht Bayern, a.a.O.). Die HIA wurde 1973 von Gulbuddin Hekmatyar in Afghanistan gegründet. In einer Erklärung rief Hekmatyar am 23. Februar 2003 zu Selbstmordanschlägen gegen Amerikaner auf (Verfassungsschutzbericht Bayern 2004, a.a.O.). Er sagte, stolz darauf zu sein, von den USA als Terrorist bezeichnet zu werden und forderte alle Muslime auf, einen Guerillakrieg mit Selbstmordangriffen zu führen (Verfassungsschutzbericht Bayern 2004, a.a.O.). Die Hezb-i Islami ist deswegen als islamisch-fundamentalistische Gruppierung einzustufen, die dazu beiträgt, dass in weltweiter Vernetzung funktionsfähige Strukturen des islamistischen Terrorismus bestehen (vgl. Verfassungsschutzbericht Hamburg 2002, Seite 15 f.).

Der Antragsteller hat darüber hinaus den Regelausweisungstatbestand des § 47 Abs. 2 Nr. 5 AuslG erfüllt, da er bei der Sicherheitsbefragung am 9. März 2004 trotz ausdrücklicher Belehrung über den sicherheitsrechtlichen Zweck der Befragung offenkundig falsche Angaben gemacht hat. Er hat wahrheitswidrig die Frage nach einer früheren Führungsposition in der Hezb-i Islami verneint und seine nach wie vor ganz offenkundig gegebene Unterstützung für diese terroristische Vereinigung verschwiegen.