VG Sigmaringen

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Zitieren als:
VG Sigmaringen, Beschluss vom 24.06.2005 - A 2 K 10436/05 - asyl.net: M7289
https://www.asyl.net/rsdb/M7289
Leitsatz:

Wegen unklarer Lage in Togo keine Ablehnung als offensichtlich unbegründet.

 

Schlagwörter: Togo, Eyadéma, Folgeantrag, exilpolitische Betätigung, Antragstellung als Asylgrund, Passausstellung, Situation bei Rückkehr, offensichtlich unbegründet, Vorläufiger Rechtsschutz (Eilverfahren)
Normen: AsylVfG § 71; AufenthG § 60 Abs. 1
Auszüge:

Wegen unklarer Lage in Togo keine Ablehnung als offensichtlich unbegründet.

(Leitsatz der Redaktion)

 

Das Gericht hat auf Grund der Entwicklung der Lage in Togo seit dem Tod des Präsidenten Eyadéma derzeit solche ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge. Es spricht zumindest einiges dafür, dass sich die Sachlage zugunsten des Antragstellers geändert haben könnte, so dass eine ihm günstigere Entscheidung durchaus möglich erscheint (vgl. § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG

Angesichts dieser Lage in Togo bestehen zumindest ernstliche Zweifel an der Entscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, beim Antragsteller kein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 1 AufenthG anzunehmen. Es lässt sich nämlich derzeit nicht ausschließen, dass sich im Hauptsacheverfahren herausstellen wird, dass die exilpolitische Tätigkeit des Antragsteller und bzw. oder seine Asylantragstellung in Deutschland dazu führen werden, dass mit einer beachtlichen Wahrscheinlichkeit von einer Gefahr der politischen Verfolgung in Togo ausgegangen werden muss.

Die politische Lage in Togo zeichnet sich durch unkontrollierte Übergriffe von Anhängern der Regierungspartei auf Anhänger der Opposition aus. Dabei werden die Angreifer offenkundig von der Staatsmacht unterstützt und zu ihrem Vorgehen ermutigt. Weiter zeigt es sich, dass gerade der Bundesrepublik Deutschland vorgeworfen wird, die Opposition und ihre angeblichen kriminellen Machenschaften aktiv zu unterstützen. Der Angriff auf das Goethe-Institut ist ein Beleg dafür, dass diese Vorwürfe auch ernst gemeint sein dürften und Folgen haben können. Unter diesen Umständen ist die Frage, welche Folgen exilpolitische Aktivitäten und eine Asylantragstellung in Deutschland haben können, neu zu stellen. Der Umstand, dass bis zum Tod Eyadémas nach Auffassung der Rechtsprechung eine nicht exponierte exilpolitische Aktivität für einen togoischen Staatsangehörigen asylrechtlich nicht von Relevanz gewesen ist (vgl. nur VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 25.03.2003 - A 9 S 1089/01 -, VBlBW 2003, 362 f.). Das Gericht ist der Auffassung, dass augenblicklich zu wenige Erkenntnisse über die neue Regierung und ihre Einstellung zur Opposition vorliegen, als dass die Frage weiterhin im Sinne der bisherigen Rechtsprechung bereits im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu beantworten wäre.

Die Stellungnahme in den Sonderberichten des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, dass Rückkehrer weiterhin korrekt behandelt würden, vermag das Gericht auch nicht davon zu überzeugen, dass eine beachtliche Verfolgungswahrscheinlichkeit im vorliegenden Fall zu verneinen wäre. Einmal ist eine korrekte Behandlung bei der Einreise noch nicht einmal ein Indiz dafür, dass die korrekte Behandlung auch in der nahen Zukunft innerhalb Togos weiter anhalten kann, zumal die Behörden dort nicht unter der gleichen öffentlichen Beobachtung stehen wie am Flughafen von Lomé. Zum anderen ist die Stellungnahme zu vage, um sie in Relation zu den geschilderten, erheblichen Übergriffen gegen Oppositionelle in Togo setzen zu können.

Schließlich ist der Auffassung der Antragsgegnerin, dass die Ausstellung von Reisepapieren für den Antragsteller zeige, dass kein Interesse des Staates an ihm bestehe, nicht zu folgen. Es ist zwar möglich, dass dies zutrifft. Ebenso möglich erscheint es aber, dass der Staat den Antragsteller gerne wieder "verfügbar" haben möchte. Schließlich ist es auch denkbar, dass bei der Ausstellung von Reisepapieren aus anderen politischen Gründen ein "liberaler" Kurs gefahren wird, der sich nicht mit demjenigen des innerstaatlichen Umgangs mit togoischen Oppositionellen deckt.